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Offener Knatsch zwischen deutschen Top-Banken und EZB

Es gibt nun ziemlich offenen Knatsch zwischen der EZB und den beiden größten deutschen Banken. Zu viel Einmischung durch die Aufsicht?

Hochhäuser von Banken in Frankfurt

Eigentlich müssten die Banken doch recht zufrieden sein? Es gibt wieder Zinsen, die Margen könnten steigen? Und offenbar setzt man sich beim Thema Basel III mit seinen Lobbyisten durch und erreicht Erleichterungen bei den Kapitalanforderungen? Und eine Zeit lang hat die EZB den Banken quasi Geld geschenkt über TLTRO-Kredite, welche die Banken gleich wieder mit Gewinn bei der Bank hinterlegen konnten.

Aber gut, diese TLTRO-Sause soll ein Ende haben. Derzeit schlägt offenbar der Commerzbank und der Deutschen Bank so einiges aufs Gemüt. Man empfindet die verstärkten Eingriffe der EZB auf ihr Geschäft wohl als Überregulierung, oder gar den Eingriff in die Geschäftsfreiheit? Nun muss man aber sehen, dass Banken – und erst recht die großen systemrelevanten Institute – keine normalen Industriebetriebe sind, bei denen eine Pleite keine Folgen für den Rest der Wirtschaft hätte. Die Aufsicht (bei den großen Banken ist das die EZB) muss sicherstellen, dass die Banken gut geführt sind, und dass Risiken minimiert werden. Eine Schieflage oder sonstige ernsthafte Probleme bei den ganz großen Banken kann sich die deutsche Volkswirtschaft nicht leisten, so ist es nun mal. Und da ist Vorsicht besser als Nachsicht.

Offener Knatsch zwischen Banken und EZB

Diese beiden größten börsennotierten deutschen Banken wettern öffentlich gegen die von ihnen als Einmischung in ihr Geschäft empfundene Aufsichtstätigkeit der EZB, so titelt es aktuell Bloomberg. Damit würden die Spannungen zwischen den europäischen Banken und ihrer wichtigsten Aufsichtsbehörde offen ausbrechen. Auf die Frage, ob er die in einem Brief von Top-Bankern an der EZB geäußerte Kritik teile, nannte der Finanzvorstand der Deutschen Bank AG, James von Moltke, am Mittwoch mehrere Bereiche, in denen er nicht mit der EZB übereinstimmt, darunter das Leveraged Finance-Geschäft. Bloomberg hatte zuerst über das Schreiben berichtet. Die EZB hatte der größten deutschen Bank eine zusätzliche Kapitalanforderung für dieses Geschäft auferlegt.

Unabhängig davon signalisierte der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank AG, Manfred Knof, seine Ansicht, dass der derzeitige Zustand der Regulierung unhaltbar sei. Die europäischen Regulierungs- und Aufsichtsbehörden müssten das schwierige Umfeld berücksichtigen, in dem sich die Kunden der Banken angesichts der Pandemie und der Rekordinflation befinden, sagte er.

“Auch jetzt in der Krise fährt der Regulierungszug ungebremst weiter”, sagte Knof auf einer Konferenz zur Bankenaufsicht, die von der Deutschen Bundesbank am Dienstag in Frankfurt veranstaltet wurde. “Neue Anforderungen und neue bürokratische Hemmnisse werden geschaffen – gerade so, als wäre nichts passiert. Das kann so nicht weitergehen.” Dennoch seien die Beziehungen zur EZB sowie zur deutschen Aufsichtsbehörde BaFin und zur Bundesbank “konstruktiv” und basierten auf Vertrauen. Wie Bloomberg bereits am Freitag berichtet hatte, sind die Chefetagen der europäischen Banken zunehmend genervt von der ihrer Meinung nach übermäßigen Einmischung und unangemessenen Forderungen der europäischen Bankenaufsicht.

Europas Top-Banker verlangen von ihrer Aufsicht mehr Abstand

Die einheitliche europäische Aufsicht unter EZB-Hoheit sei geschaffen worden, “um die Sicherheit und Solidität des Bankensektors zu fördern”, hatte ein EZB-Sprecher zu dem Schreiben gesagt. “Wir sind entschlossen, dieses Mandat zu erfüllen und die Banken anhand sehr hoher Standards zu bewerten.” Man bleibe aber offen für einen Dialog über Effizienz und Effektivität der Aufsichtsprozesse.

Leveraged Loans sind ein immer wiederkehrender Streitpunkt. Die Banken argumentieren, die EZB verfolge einen zu rigiden Ansatz, während die Aufsichtsbehörde behauptet, die Banken würden die Risiken, die sie eingehen, nicht erfassen. Die EZB hat letzten Monat angedeutet, dass sie neben der Deutschen Bank auch anderen Kreditinstituten, die ihre Warnungen vor Leveraged Finance nicht beachtet haben, höhere Eigenkapitalanforderungen auferlegen wird. Bloomberg berichtete im Mai, dass auch die französische BNP Paribas SA betroffen sei.

Die Warnungen der EZB-Vertreter vor den zunehmenden Risiken im Geschäft mit gehebelten Krediten haben sich in den letzten Jahren als zutreffend erwiesen, da die Banken weltweit in den letzten sechs Monaten Milliarden Dollar an Marktwertverlusten in diesem Bereich erlitten haben. Die Leveraged-Finance-Engagements der Banken im Euroraum machen mehr als 60% ihres Kernkapitals aus, erklärte Andrea Enria, der oberste Aufsichtsbeamte der EZB, diese Woche vor den Finanzministern der Region.

“Ein großer Teil davon sind Engagements gegenüber stark fremdfinanzierten Unternehmen, die das risikoreichste Segment einer ohnehin schon risikoreichen Anlageklasse darstellen”, sagte er. Die Banken hätten in diesem Jahr weiterhin Geschäfte abgeschlossen, “auch wenn die Möglichkeiten, sie zu syndizieren, immer unsicherer geworden sind”, erklärte er. “Das Risiko im Zusammenhang mit den in den Bilanzen gehaltenen Beständen hat zugenommen.”

FMW: Hier der Blick auf die prozentuale Entwicklung der Aktien von Deutsche Bank (-12 %) und Commerzbank (+15 %) in den letzten zwölf Monaten, dazu im Vergleich der EZB-Leitzins in türkis.

Deutsche Bank und Commerzbank im Vergleich zum EZB-Leitzins

FMW/Bloomberg/Chart TradingView



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