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Offiziell: Karstadt und Kaufhof verschmelzen – Zäsur für Einzelhandel und Innenstädte

Karstadt und Kaufhof waren die beiden großen noch übrig gebliebenen Kaufhaus-Ketten in Deutschland. Oft sind die Standorte in den Innenstädten ganz nah beieinander gelegen in Fußgängerzonen. Das wird jetzt zum Problem, weil die Fusion von Karstadt und Kaufhof nun offiziell verkündet wurde. Vorangetrieben hat diese Fusion der umtriebige österreichische Eigentümer von Karstadt Rene Benko mit seiner Signa Holding.

Er hat schon lange versucht Kaufhof vom kanadischen Mutterunternehmen Hudson Bay loszueisen. Die Kanadier sind derart in einer eigenen Schieflage, dass sie dem Deal nun zugestimmt haben. Benko kann damit in Zeiten von Amazon, Zalando und Co Einzelhandels-Überkapazitäten in deutschen Innenstädten abbauen, Kosten sparen, und sich in der jeweiligen Stadt den jeweils besseren Gebäude-Standort aussuchen, der dann langfristig erhalten bleiben soll. Wenn in einzelnen Städten eines der beiden Kaufhäuser dicht gemacht wird, kann das auch eine Chance sein, dass sich Umsätze auf Konkurrenten verlagern, die dann unverhofft Mehreinnahmen erzielen.

Soll in einer bestimmten Stadt das Karstadt-Haus bestehen bleiben oder der Standort von Kaufhof? Oder beide? Welche Immobilie hat weniger Sanierungsbedarf, welche kommt bei den Kunden in Sachen Einkaufserlebnis besser an? Und nicht zuletzt sind da die Mitarbeiter. Laut „SZ“ könten bei Kaufhof gut 5000 Mitarbeiter ihren Job verlieren. Das setzt natürlich alle verbleibenden Mitarbeiter in beiden Häusern unter Druck, ja keine Gehaltsforderungen zu stellen. So kann man wunderbar die Gehälter auf tiefem Niveau belassen.

Insgesamt haben beide Unternehmen zusammen (jetzt noch) 243 Standorte und 32.000 Mitarbeiter. Beide Zahlen dürften spürbar schrumpfen. Benko als Mann im Hintergrund genießt den Ruf, umtriebig und aktiv alles rauszuholen, was drin ist. Also: Immobilien versilbern, Gehälter unten lassen, Mitarbeiter kündigen, Kosten senken, Doppelfunktionen streichen uvm? Auf jeden Fall dürften in „unrentablen“ Innenstädten Doppelstandorte wegfallen, und somit große Ladenflächen zu Brachflächen werden. Die genauen Details des Deals sind finanztechnisch etwas komplizierter. Aber die offizielle Mitteilung von Benko´s Signa Holding ist doch noch recht verständlich. Hier im Wortlaut:

Die Galeria Kaufhof GmbH und die Karstadt Warenhaus GmbH, zwei traditionsreiche Namen des deutschen Einzelhandels, schließen sich zu einem starken Unternehmen zusammen. Strategisches Ziel ist es, das Einzelhandelsgeschäft zukunftsfähig zu machen und im digitalen Zeitalter einen der führenden Omnichannel-Anbieter entstehen zu lassen. Von effizienteren Prozessen, einem noch breiteren Warenangebot und neuen Formaten im stationären Einzelhandel bis hin zu leistungsfähigen Online-Plattformen bietet der Zusammenschluss zahlreiche Chancen.

„FUSION UNTER GLEICHEN“

Zum neuen gemeinsamen Unternehmen von SIGNA und HBC gehören die Galeria Kaufhof GmbH, die Karstadt Warenhaus GmbH, das gesamte Einzelhandelsgeschäft von HBC Europe (Saks OFF 5TH, Galeria Inno in Belgien, Hudson‘s Bay in den Niederlanden) sowie auch Karstadt Sports und der gesamte Lebensmittel- und Gastronomiebereich beider Unternehmen (Dinea, Galeria Gourmet, Karstadt Feinkost, Le Buffet). Es verfügt über 243 etablierte Standorte in Innenstadtlagen Europas und beschäftigt insgesamt 32.000 Mitarbeiter. SIGNA Retail wird 50,01 Prozent der Anteile an der Holdinggesellschaft halten und HBC 49,99 Prozent. Das neu entstehende Handelsunternehmen wird von Karstadt-CEO und SIGNA Retail Geschäftsführer Dr. Stephan Fanderl geleitet. Zu seinem Team gehören Führungskräfte von Galeria Kaufhof und Karstadt.

Zudem werden die E-Commerce-Plattformen galeria-kaufhof.de, saks-off-5th.de, inno.be, hudsonsbay.nl, dinea.de, karstadt.de, karstadt-restaurant.de, karstadt-reisen.de, hood.de, kisura.de und karstadtsports.de zusammengeführt. Diese kombinierte Online-Präsenz bietet eine starke Plattform für zukünftiges Wachstum im E-Commerce-Segment.

Im Rahmen der Partnerschaft erwirbt die SIGNA Prime Selection AG 50 Prozent am europäischen Immobilienbestand von HBC. Zu diesem Immobilienportfolio gehören zukünftig 39 Immobilien aus einem bestehenden Joint Venture von HBC in Europa sowie 18 weitere Immobilien, die sich bislang im Eigentum von Galeria Kaufhof befinden. HBC wird weiterhin 50 Prozent der Immobilien halten. Der Kaufhof-Standort in Köln und das Carsch-Haus in Düsseldorf werden zu 100 Prozent von der SIGNA Prime Selection AG übernommen. Die daraus erzielten Erlöse werden in das operative Geschäft investiert und zur Rückführung der Verbindlichkeiten verwendet.

Die entsprechenden Verträge zwischen HBC und SIGNA wurden bereits unterschrieben (Signing). Der Vollzug der Transaktion (Closing) steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung der zuständigen Wettbewerbsbehörden.

Helena Foulkes, CEO von HBC: „Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit SIGNA und sind zuversichtlich für die Zukunft. Diese Partnerschaft ist eine kluge und strategisch sinnvolle Entscheidung. Sie schafft für beide Unternehmen die Voraussetzungen, das Geschäft zu stärken und die Herausforderungen im deutschen Einzelhandel zu meistern. Wir glauben, dass es die beste Lösung für Kunden, HBC, unsere Mitarbeiter und die Stadtzentren ist, in denen wir tätig sind. Gemeinsam werden wir uns darauf konzentrieren, die Möglichkeiten im Markt zu nutzen sowie unsere Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln und sie an die sich ändernden Bedürfnisse der Kunden anzupassen.“

Dr. Stephan Fanderl, CEO von Karstadt Warenhaus und Geschäftsführer von SIGNA Retail: „Wir freuen uns auf die Partnerschaft mit HBC. Durch dieses Gemeinschaftsunternehmen haben zwei Traditionsunternehmen eine ideale Lösung gefunden, um sich im stark umkämpften deutschen und europäischen Einzelhandelsmarkt erfolgreich zu positionieren. Jetzt beginnt eine Phase, die von harter Arbeit, großen betrieblichen Herausforderungen und fordernden Marktveränderungen geprägt ist. Gemeinsam können wir nun die Möglichkeiten der Digitalisierung und die Stärken des Einzelhandels in Innenstadtlagen besser nutzen als jemals zuvor. In Zukunft werden unsere gemeinsamen Warenhäuser für 80 Prozent der städtischen Kunden in unmittelbarer Umgebung erreichbar sein und mehr als 20 Millionen Kunden über unsere Loyalitätsprogramme ansprechen.“


Der Gewinner im Hintergrund: Rene Benko. Foto: Atrm (CC BY-SA 3.0)



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