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Offiziell: Österreich entwertet HETA-Anleihen, der Klagesturm auf Kärnten kann beginnen

FMW-Redaktion

Seit gestern Abend ist es offiziell: Österreich entwertet über seine Finanzmarktaufsicht die Anleihen der HETA, der Nachfolgeeinrichtung der Hypo Alpe Adria. Damit erfolgt quasi ein staatlich erzwungener Schuldenschnitt für privatwirtschaftlich begebene Anleihen, mitten in Europa. Das Bundesland Kärnten hatte für diese Anleihen eine Garantie übernommen, und jetzt dürfte endgültig der Klagesturm auf das kleine Bundesland beginnen.

Hans-Jörg Schelling HETA
Österreichs Finanzminister Hans-Jörg Schelling. Foto: Franz Johann Morgenbesser / Wikipedia (CC BY-SA 2.0)

Bereits am 14. März berichteten wir über die ersten Klagen von Anleiheinhabern der ehemaligen Hypo Alpe Adria. Das Bundesland Kärnten soll jetzt doch bitte seine Funktion als Garantiegeber wahrnehmen, da der Anleiheschuldner (Hypo Alpe Adria / HETA) nicht zahlt. Ab heute dürfte der Klagesturm erst so richtig losgehen, denn gestern Abend verkündete die Finanzmarktaufischt FMA (wie bei uns die BaFin), dass man gemäß des österreichischen „Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken“ die Anleihen der HETA entwertet. Offiziell heißt das: Schuldenschnitt von 100% auf die nachrangigen Anleihen der HETA, und von 53,98% auf die vorrangigen Anleihen der HETA.

Damit schafft Österreich mitten in der EU einen Präzedenzfall. Anleiheinvestoren können nicht mehr blind Bankenanleihen in „sicheren Ländern“ wie Österreich kaufen und immer darauf hoffen, dass der Staat alles rettet. Dieser Fall wäre damit jetzt schon abgeschlossen, wenn damals nicht das Bundesland Kärnten für die Anleihen gehaftet hätte. Dort bewaffnet man sich bereits mit juristischen Argumenten, warum man diese Haftung nicht zahlen müsse. Die FMA erwähnt, dass man gegen diesen Beschluss Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einreichen könne – das wird aber wohl kaum jemand machen. Alles dreht sich jetzt nur noch um Kärnten. Ein jahrelanger Prozess droht, und für das Bundesland jahrzehntelange Verarmung und Verwertung von allem, was dort im Staatsbesitz verwertbar ist.

Hier die offizielle Erklärung der österreichischen Finanzmarktaufsicht:


FMA erlässt den Rahmen für die Abwicklung der HETA ASSET RESOLUTION AG:
Gläubigerbeteiligung, Streichung der Zinsen, Vereinheitlichung der Fälligkeiten.
Österreichs Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA hat heute in ihrer Funktion als nationale Abwicklungsbehörde gemäß Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken (BaSAG) per Mandatsbescheid die Eckdaten der weiteren Abwicklung der HETA ASSET RESOLUTION AG erlassen. Die wesentlichsten Maßnahmen sind
• ein Schuldenschnitt von 100% für alle nachrangigen Verbindlichkeiten,
• ein Schuldenschnitt um 53,98% auf 46,02% für alle berücksichtigungsfähigen vorrangigen Verbindlichkeiten,
• die Streichung aller Zinszahlungen ab 1.3.2015, als die HETA unter Abwicklung gemäß BaSAG gestellt worden ist,
• sowie eine Vereinheitlichung der Fälligkeiten aller berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten auf 31.12.2023.

Laut aktuellem Abwicklungsplan der HETA soll der Abbau bis 2020 abgeschlossen sein, die Rückführung all ihrer Forderungen sowie der rechtskräftige Abschluss aller offenen Rechtsstreitigkeiten sind aber realistischer Weise erst bis Ende 2023 zu erwarten. Erst dann kann das Vermögen letztgültig aufgeteilt und die Gesellschaft liquidiert werden.

„Obwohl die Anwendung des neuen europäischen Sanierungs- und Abwicklungsregimes für Banken juristisch und praktisch völliges Neuland ist, sind wir mit der Abwicklung der HETA im Plan und auch die Realisierung der Vermögenswerte macht zufriedenstellende Fortschritte“, so der Vorstand der FMA, Mag. Helmut Ettl und Mag. Klaus Kumpfmüller: „Mit den nun verordneten Maßnahmen gemäß BaSAG steht das Grundgerüst für die geordnete Abwicklung, die den Zielen des neuen europäischen Abwicklungsregimes – Sicherung der Stabilität des Finanzmarktes, Schonung des Steuerzahlers und Beteiligung der Gläubiger – voll gerecht wird. Dieses Maßnahmenpaket stellt überdies die Gläubigergleichbehandlung sicher. Die geordnete Abwicklung ist vorteilhafter als ein Insolvenzverfahren.“

Dieser Abwicklungsplan baut auf einem Gutachten einer von der FMA beauftragten Wirtschaftsprüfungskanzlei auf, die auf Basis der Abwicklungsplanung der HETA – unter sehr konservativen Annahmen – bewertet und geschätzt hat, um wieviel am Ende der Abwicklung die Forderungen der Gläubiger das bare Vermögen der HETA übersteigen werden. Nach Abzug des Abwicklungsaufwands beträgt diese Erfüllungsquote 46,02%. Zusätzlich wurde in einem Gutachten errechnet, dass die Konkursquote im Falle eines Insolvenzverfahrens bestenfalls 34,8% betragen würde. Die Abwicklung gemäß BaSAG ist daher für alle eindeutig vorteilhafter.

Obwohl die Fälligkeit aller berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten mit spätestens 31.12.2023 festgesetzt wurde, behält sich die FMA die Möglichkeit vor, frühere freiwillige Teilauszahlungen zu gestatten.

Knapp vor dem Mandatsbescheid vom 10.4.2016, mit dem die Abwicklungsmaßnahmen gemäß BaSAG erlassen wurden, hat die FMA den Vorstellungsbescheid zum Maßnahmenbescheid vom 1.3.2015, mit dem die HETA unter Abwicklung gemäß BaSAG gestellt und ein Schuldenmoratorium bis 31.5.2016 erlassen wurde, veröffentlicht. In diesem Vorstellungsbescheid würdigt und prüft die FMA alle im ordentlichen Verwaltungsverfahren vorgebrachten Vorstellungen juristisch und wirtschaftlich, mit dem Ergebnis, dass der Mandatsbescheid inhaltlich voll bestehen bleibt. Gegen diesen Vorstellungsbescheid können die Gläubiger nun Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht einbringen.

Gegen den Mandatsbescheid vom 10.4.2016, der die wesentlichen Abwicklungsmaßnahmen gemäß BaSAG festlegt, kann nun innerhalb von drei Monaten bei der FMA Vorstellung erhoben werden. Gegebenenfalls leitet die FMA ein ordentliches Verwaltungsverfahren ein, würdigt und prüft die vorgebrachten Vorstellungen und erlässt dann einen Vorstellungsbescheid.



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2 Kommentare

  1. Versteh ich das richtig?
    Kärnten hat gebürgt, will diese Bürgschaft jetzt aber nicht mehr aufrecht erhalten.
    Wenn das so durchgeht, wäre das ein fatales Signal. Es würde ja bedeuten, wenn künftig ein Staat bürgt, ist die Bürgschaft nichts wert, da der Staat ja jederzeit, wenn es ihm passt, einfach sagen kann, ich will jetzt nicht mehr bürgen.

    1. Die Bürgschaft ist real betrachtet auch „nichts“ wert, ganz richtig. Letztendlich ist die Hinterlegung die Wirtschaftlichkeit der in diesem ökonomischen Rahmen Arbeitenden. Da Ökonomie auch Schwankungen und generellen Existenzrisiken unterliegt, können derartige Anleihen auch ausfallen – dann kommt es auf die Vertragsinhalte an (Physik hinterlegt? Zinsknechtschaft mit verschärftem Sklavenhandel > höhere Abgaben an die Herrscher?).

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