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Palladium steht in den Startlöchern

Frau vor Auto

Noch im Mai dieses Jahres erreichte der Preis für Palladium ein neues Allzeithoch. Seitdem hat sich das Industriemetall um über ein Drittel verbilligt. Aktuell ist der Markt stark überverkauft. Hoffnungen auf eine Abschwächung der Pandemie und eine sich erholende Automobilproduktion könnten den Preis wieder hochschnellen lassen. Die Terminmarktdaten sehen bereits extrem bullish aus.

Fängt sich Palladium auf dem jetzigen Preisniveau?

Der Preis des Industriemetalls Palladium regiert besonders sensibel auf die Verwerfungen durch die Corona-Pandemie. Im März 2020 kam es zum ersten Crash. Danach erholten sich die Notierungen und erreichten auf Dollarbasis Anfang Mai dieses Jahres bei knapp über 3.000 US-Dollar pro Unze sogar ein neues Allzeithoch. Seitdem geht es erneut steil bergab. Im Zuge der vierten Corona-Welle fiel der Preis unter den gleitenden 50-Tage-Durchschnitt zurück und notiert aktuell sogar wieder südlich der 1.900 US$-Marke. Damit hat sich der Kurs weit von der 200-Tage-Linie nach unten entfernt.

Chart zeigt Preisverlauf von Palladium in US-Dollar

Die Oszillatoren zeigen kurzfristig eine starke „Überverkauftheit“ an. Positiv zu werten ist, dass die horizontale Unterstützung, resultierend aus den Tiefs vom Mai 2020, gehalten hat. Die darüber liegende horizontale Linie bei 1.830 US$/Unze konnte durch die jüngste Erholungsbewegung zurückerobert werden. Aber ist das bereits mehr als nur ein „Dead-Cat-Bounce“?

Automobilproduktion im Fokus

Palladium wird aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften hauptsächlich von der Fahrzeugindustrie als Bestandteil abgasreinigender Katalysatoren für Otto-Motoren benötigt (Benziner). Fast 80 Prozent der globalen Gesamtnachfrage kommt aus diesem Bereich. Für die weitere Entwicklung des Palladiumpreises ist die Produktion und der Absatz von PKWs entscheidend.

Grafik zeigt aufgeschlüsselte Nachfrage nach Palladium

Kaum eine andere Branche wurde von den Restriktionen im Zuge der Pandemie so hart getroffen, wie die Automobilproduzenten und deren Zulieferer. Noch heute leiden die Hersteller unter gestörten Lieferketten, Material- und Halbleiter-Knappheit. Immerhin zeigte sich zuletzt eine leichte Entspannung: In der September-Umfrage des Münchner ifo-Instituts im Verarbeitenden Gewerbe Deutschlands war die Automobilindustrie mit 96,6 Prozent noch der Spitzenreiter in Sachen Knappheit. Im November gaben „nur“ noch 88,3 Prozent der Fahrzeughersteller an, vom Mangel an Vorprodukten betroffen zu sein.

Grafik zeigt Knappheit bei Vorprodukten

Wie stark sich die Beschaffungsprobleme auch auf den Automobilabsatz auswirken, geht aus den Statistiken des europäischen Herstellerverbands ACEA hervor. Die letzten Daten zeigen für den Oktober 2021 ein nach wie vor verheerendes Bild: die PKW-Neuzulassungen in der Europäischen Union gingen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 30,3 Prozent zurück und markierten damit den vierten Monat in Folge einen Rückgang in diesem Jahr. Mit 665.000 verkauften Einheiten in der gesamten Region war dies das mengenmäßig schwächste Ergebnis für einen Oktober seit Beginn der Datenerhebung. Doch es gibt neben den leicht nachlassenden Beschaffungsproblemen auch hier einen Lichtblick: In den ersten 10 Monaten des Jahres 2021 stiegen die PKW-Neuzulassungen in der EU im Vergleich zum Vorjahr um 2,2 Prozent an.

Grafik zeigt PkW Neuwagenverkäufe in der EU

Es sieht so aus, als sei der Tiefpunkt beim PKW-Absatz bereits im April 2020 mit 280.000 Einheiten erreicht worden. Die nochmalige Schwäche der Absatzzahlen in diesem Jahr gegenüber dem Vorjahr scheint im August 2021 mit 610.000 PKW ihren Höhepunkt hinter sich gelassen zu haben. Im kommenden Jahr dürfte sich die Produktion und damit auch der Absatz von Fahrzeugen mit Otto-Motor-Katalysatoren laut Branchenverband ACEA weiter erholen. Ein großer Unsicherheitsfaktor bleibt natürlich die Dynamik der Corona-Pandemie. Vor allem die neue Omikron-Variante stellt China, den Hauptlieferanten für Vorprodukte der Automobilindustrie, vor große Herausforderungen.

Das Land fährt eine Null-Toleranz-Politik, sodass es erneut zu Produktions- und Lieferkettenunterbrechungen ausgehend vom Reich der Mitte kommen könnte. Das würde auch den Palladiumpreis weiter unter Druck setzen. Sobald es in Sachen Pandemie zu einer Entspannung kommt, die sich auch positiv auf die Lieferketten und die Produktionskapazitäten bei den Automobilzulieferern auswirkt, würde die Nachfrage nach Palladium deutlich anziehen. Mit knapp 40 Prozent stellten mit Benzin angetriebene PKW auch im dritten Quartal 2021 die größte Gruppe neu zugelassener Fahrzeuge. Das ist nur geringfügig weniger als im vierten Quartal 2020. Erholungspotenzial auf der Mengenseite wäre also gegeben, trotz des Bedeutungsgewinns von Hybrid- und Elektrofahrzeugen.

Extrem bullishe Terminmarktdaten

Für eine kurzfristige Erholung der Palladiumkurse spricht die Lage am Terminmarkt: Im Zuge der Abverkäufe der letzten Monate hat sich die Struktur der COT-Daten, ermittelt durch die US-Aufsichtsbehörde CFTC, deutlich verbessert. Das erste Mal seit März 2003 sind die „Commercials“ netto long mit 3.277 Kontrakten (rote Linie). Eine Premiere gab es bei der Aufschlüsselung der COT-Daten nach „Produzenten“, „Swap Dealer“, „Managed Money“ und „Other Reportables“: Zum ersten Mal überhaupt seit Datenerhebung sind die Produzenten „long“ im Palladium-Markt mit immerhin 96 Kontrakten. Das der Terminmarkt für Palladium, in diesem Fall die Comex in New York, bereits stark bereinigt ist, sieht man auch an der geringen Anzahl offener Gesamtkontrakte („OI“, schwarze Linie). Der im unteren Bereich der Grafik ebenfalls rot dargestellte COT-Index befindet sich mit einem Wert von 91 Punkten bereits klar im Kaufen-Bereich.

Grafik zeigt COT-Daten zu Palladium

Grünes Licht auch von der Saisonalität

Wie die Pandemie den Preis des teuersten Metalls aus der Platingruppe beeinflusst, sieht man an den starken Abweichungen der Preisverläufe seit Jahresbeginn im Vergleich zu den durchschnittlichen Entwicklungen der letzten 5, 10 und 15 Jahre.

Saisonalität im Preis für Palladium grafisch dargestellt

Normalerweise ist die zweite Jahreshälfte eine Phase steigender Preise. Der Schub hält sogar bis Ende Februar des jeweiligen Folgejahres an. Also auch von dieser Seite sieht das Bild für zumindest eine Erholung der Kurse konstruktiv aus.

Fazit und Ausblick

Die relativ günstigen Preise für Palladium spiegeln primär die wegbrechende Nachfrage aus der Automobil- und Elektronikindustrie wider. Auf der Angebotsseite ist der Markt relativ unflexibel, da es nur wenige Minen gibt und knapp 90 Prozent der Produktion in nur drei Ländern stattfindet (Südafrika, Russland und Simbabwe).Die Voraussetzung für wieder steigende Palladiumpreise ist eine Erholung der Nachfrage durch die Automobilindustrie und hier speziell durch die Hersteller von Abgasreinigungssystemen mittels Katalysatoren für Benzinmotoren. Da der Markt dazu neigt, Entwicklungen zu antizipieren, würden schon leichte Zeichen der Entspannung bei der Materialbeschaffung im Automobilsektor und leichte Absatzsteigerungen bei PKWs ausreichen, um einen spürbaren Preisschub auszulösen.



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