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Platinpreis steigt auf Sechsjahreshoch – die Gründe

Platin Brocken

Allein in den letzten fünf Handelstagen ist der Platinpreis um knapp 15 Prozent angestiegen. Seit den Tiefstständen vom März 2020 hat sich der Preis mehr als verdoppelt. Was sind die Gründe für den jüngsten Kursschub?

Die große Aufholjagd

In den letzten fünf Jahren entwickelte sich der Platinpreis deutlich schlechter als die Preise der anderen Edelmetalle. Dafür war Platin bei dem starken Einbruch der Metallpreise im März letzten Jahres mit minus 45 Prozent am Tiefpunkt ganz vorn mit dabei.
Auch die anschließende Erholung lief bis Anfang November 2020 bei dem weißgrauen Edelmetall mit der geringsten Dynamik im Vergleich zu Gold, Silber und Palladium. Doch seitdem setzt der Platinpreis zur Aufholjagd an.

Im Dreijahresvergleich konnte der Rohstoff seinen Rückstand zügig aufholen und schnitt mit +56 Prozent sogar besser ab als der Goldpreis mit +40 Prozent. Das Schwestermetall Palladium verteuerte sich in diesem Zeitraum sogar um 65 Prozent und der Silberpreis um 72 Prozent.

Zunächst tat sich der Platinpreis schwer, die bereits Mitte Januar 2020 erreichte Marke von 1.000 US-Dollar pro Unze nachhaltig zu überwinden. Dies gelang erst nach einem erneuten Rücksetzer im Januar dieses Jahres. Seitdem stürmen die Notierungen nach oben und hievten den Kurs von Platin zuletzt auf über 1.260 US-Dollar pro Unze (31,1g).

Chart zeigt Kursverlauf im Platinpreis

Von den Höchstständen im Jahr 2008 bei 2.180 US$/Unze ist der Platinpreis aktuell noch ein gutes Stück entfernt (siehe Platin-Chart seit 1969), wohingegen der Palladiumpreis zu Beginn des letzten Jahres und der Goldpreis Anfang August 2020 neue Allzeithöchststände markieren konnten.

Erst sorgte die weltweite Finanzkrise ab 2008 für einen signifikanten Einbruch bei der Nachfrage nach dem Industriemetall Platin und anschließend der Dieselskandal. Das weltweite Platinangebot wurde im Durchschnitt der letzten fünf Jahre zu 40 Prozent von der Automobilindustrie hauptsächlich für den Einsatz in Dieselkatalysatoren absorbiert. Im letzten Jahr sank dieser Anteil auf nur noch 36 Prozent.

Die aktuelle Wirtschaftskrise verringerte jedoch auch die Nachfrage aus dem Schmucksektor negativ, ebenso wie aus der chemischen Industrie. Beide Sektoren gehören nach der Automobilindustrie zu den wichtigsten Platinverarbeitern.

Die Motive der Platinkäufer

Der jüngste Kursschub bei Platin ist speziell auf die Nachfrage von Investoren zurückzuführen. Diese Entwicklung zeigt sich sowohl bei den Zuflüssen in Platin-ETFs als auch an den Terminmärkten, wo die Anzahl der von Großspekulanten gehaltenen Kontrakte auf weiter steigende Preise (Long-Kontrakte) deutlich zulegte. Im längerfristigen Vergleich gibt es gleichwohl an der größten Terminbörse für Platin, der COMEX (CME Group), anhand der aktuellen COT-Daten noch keine Anzeichen für eine Übertreibung. Dies gilt sowohl für die Anzahl der spekulativen Long-Kontrakte als auch für das gesamte Volumen ausstehender Terminkontrakte (Open Interest). Dieses liegt bei 64.700 Kontrakten, wobei ein Kontrakt jeweils 50 Unzen Platin umfasst (Kontraktspezifikationen bei Platin an der CME/COMEX und der Globex).

Derzeit gibt es zwei Hauptmotive für die Investorennachfrage: zum einen die Wette auf eine konjunkturbedingt wieder steigende Industrienachfrage und zum anderen eine weiter rückläufige Produktion. Im kommenden Jahr soll die Nachfrage um 17 Prozent ansteigen.

Zudem deuten die nach wie vor stark voneinander abweichenden Preise zwischen Palladium und Platin auf eine Neuausrichtung der Materialnachfrage aus der Automobilindustrie hin. Die Substitution der beiden hochreagiblen Katalysatormetalle ist hier bereits im Gange. Der Autokatalysatorhersteller Johnson Matthey gab erst am Mittwoch dieser Woche seine Erwartung bekannt, dass der Platinanteil in Fahrzeugen nach einem 15-jährigen Rückgang nun wieder ansteigt. Der Zuwachs wird hauptsächlich von der höheren Nachfrage nach chinesischen Schwerlastfahrzeugen getragen. Zusätzlich soll die Erholung der Automobilproduktion im Allgemeinen die Nachfrage nach allen Metallen der Platingruppe ankurbeln, so der britische Automobilzulieferer.

Die globale Platinproduktion ist mit über 70 Prozent ungewöhnlich hoch auf Minen aus einer relativ kleinen geografischen Region in Südafrika konzentriert. Hier ist das Minenangebot von einem Höchststand von 5,3 Millionen Unzen im Jahr 2006 auf voraussichtlich 3,1 Millionen Unzen im Jahr 2020 vor allem aufgrund sinkender Margen und begrenzter Investition in den Vorjahren zurückgegangen.

Weltweit betrug das Gesamtangebot inkl. Recycling im vergangenen Jahr gemäß den Schätzungen des World Platinum Investment Council 6,7 Millionen Unzen. Noch 2019 waren es 8,3 Millionen Unzen, die in Südafrika, Zimbabwe, Nordamerika und Russland produziert bzw. weltweit recycelt wurden.

Platinpreis mit hohem Potenzial

Wenn man bedenkt, dass Platin dreißigmal seltener in der Natur vorkommt als Gold, ist der aktuelle Platinpreis im Vergleich zu dem des gelben Edelmetalls relativ günstig. Zumal sich beide Metalle als Schutz vor Inflation auch in einem diversifizierten Portfolio eignen.

Im Zuge der Novelle von Basel III hat die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ: Einblicke in die geheimnisvollste Bank der Welt) entschieden, ab 1. Januar 2022 erstmals die Aufnahme von Platin in die Eigenkapitalausstattung von Zentralbanken zur Abdeckung von Bilanzrisiken zu gestatten.

Damit könnte Platin neben Gold im Rahmen des Aufbaus von Risikovorsorgepaketen, sogenannten Buckets, in den Genuss nicht zu unterschätzender Zusatznachfrage als Reservewährung gelangen. Eine Entwicklung, die auch das Interesse der privaten Investoren mittelfristig wieder stärker auf das Edelmetall lenken könnte.

Wie ich bereits in meinem letzten Artikel zur Entwicklung beim Platinpreis im Januar 2020 vermutete, stellt bei dem weißgrauen Edelmetall die Investment- bzw. Notenbanknachfrage das größte Potenzial für zukünftig weiter steigende Notierungen dar.



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