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Marktreaktion auf Fed-Zinsentscheidung Powell: Der Markt stellt sich gegen die Prognosen des Fed-Chefs

Powell: Der Markt stellt sich gegen die Prognosen des Fed-Chefs

Der Fed-Chef Jerome Powell hat sich auf der gestrigen Pressekonferenz im Anschluss an die Zinsentscheidung hawkisher präsentiert, als es der Markt erhofft hat. Anstatt mögliche Zinssenkungen in diesem Jahr anzukündigen, hat er sogar weitere Zinserhöhungen in Aussicht gestellt, sollte die Inflation klebrig bleiben. Doch der Markt scheint mit den Aussagen von Powell nicht konform zu gehen. Im Gegenteil. Bereits wenige Stunden nach der Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed begannen Händler an den Märkten, die Einschätzung der Wirtschaft durch den Vorsitzenden Jerome Powell in Frage zu stellen. Im Gegensatz zum Fed-Chef gehen Experten nämlich von einer Rezession aus, die die Fed dazu bewegen wird, die Zinsen zu senken.

Wie Bloomberg berichtet, winkte der Anleihemarkt die Aussicht ab, dass Powell noch eine weitere Zinserhöhung in petto haben könnte. Stattdessen wettete man darauf, dass die US-Notenbank im nächsten Schritt den Leitzins senken wird. Ein Rückgang der Rohölpreise deutete auf die wachsende Besorgnis über eine Rezession hin, die nach Ansicht des Fed-Vorsitzenden vermieden werden könnte. Zudem stürzten die Aktien von Regionalbanken erneut ab, obwohl Powell einen Schlussstrich unter die Turbulenzen bei den US-Banken gezogen hatte.

Wahrscheinlichkeit einer Rezession nimmt zu

Jeffrey Gundlach von DoubleLine Capital erklärte gegenüber CNBC, dass die Wahrscheinlichkeit einer Rezession zunehme und die Fed die Zinssätze nach ihrer jüngsten Erhöhung wahrscheinlich nicht mehr anheben werde. Auf der Milken Institute Global Konferenz sprachen die Diskussionsteilnehmer sogar davon, dass eine Kontraktion unvermeidlich ist. An der exklusiven Milken-Konferenz nehmen jedes Jahr die hellsten Köpfe teil und diskutieren über Inflation, Zinsen und wohin sich die Wirtschaft bewegt.

Der WTI-Rohölpreis, der am Mittwoch um 4,3 % abstürzte, sendet ebenfalls ein Rezessions-Signal. Er spiegelt die Besorgnis über die Abschwächung des Wirtschaftswachstums in den wichtigsten Volkswirtschaften wider. Bei einer chaotischen Markteröffnung am Donnerstag sank der Ölpreis um bis zu 7,2 % auf 64 USD, bevor er sich wieder erholte.

„Wir gehen von einer technischen Rezession aus, wobei der Zeitpunkt fraglich ist“, sagte Lindsay Rosner, Multisektor-Portfoliomanager bei PGIM Fixed Income. „Wenn Powell soeben dargelegt hat, dass der Rahmen, in dem sie operieren, ein bescheidenes Wachstum und keine Rezession ist, würde das bedeuten, dass sie ihren Kurs ändern müssen, wenn sie eine Rezession sehen. Deshalb glauben wir, dass die Fed die Zinsen bald senken muss.“

Der Markt handelt entgegen den Prognosen von Fed-Chef Powell - Rezession?
Treasury Yeild Curve erreicht die Level von 2022

Fed: Ende des Zinszyklus?

Um Powell gegenüber fair zu sein, deutete er an, dass die Zinserhöhung vom Mittwoch, die den Leitzins auf eine Spanne von 5,0 bis 5,25 % brachte, die letzte in einem Zyklus sein könnte, der die Kreditkosten von einem Niveau nahe null im letzten Jahr in die Höhe getrieben hat. Der Fed-Chef sagte zwar, dass die Unterstützung für eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte in dieser Woche stark war, deutete aber an, dass die Beamten ihre Straffungskampagne im Juni pausieren könnten.

Powell räumte ebenso ein, dass sich das Tempo der Kreditvergabe der Banken verlangsamt hat. Zudem zeigen die jüngsten Arbeitsmarktdaten, dass es eine Verlangsamung am Arbeitsmarkt gäbe. Allerdings sind die Daten noch weit davon entfernt, auf eine Rezession hinzudeuten.

Powell-Aussagen: Schnelle Marktreaktion

Doch Nachrichten verbreiten sich schnell, und die Händler sind gewohnt, eher vorzugreifen, als abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln.

Staatsanleihen legten am Mittwoch zu, da die Anleger verstärkt darauf setzten, dass die Fed die Zinssätze bis zum Ende des Jahres senken wird. Ungeachtet der Aussagen von Powell, dass die Inflationsaussichten der Zentralbank eine lockere Geldpolitik nicht unterstützen. Am Ende des Tages deuteten sogar Swap-Kontrakte für Juni auf einen niedrigeren effektiven Fed-Funds-Satz hin.

Bankenkrise könnte weitere Opfer fordern

In der Zwischenzeit verstärkte ein Bericht von Bloomberg News, wonach PacWest Bancorp seine strategischen Optionen überdenkt, die Sorge, dass die Turbulenzen bei kleineren US-Banken weitere Opfer fordern und die Kreditbedingungen verschärfen könnten.

Seit Anfang März sind bereits vier Regionalbanken zusammengebrochen, darunter die First Republic Bank, die diese Woche von den Bundesaufsichtsbehörden beschlagnahmt wurde und per Notverkauf an JPMorgan ging. Powell bezeichnete die Abwicklung der First Republic als „wichtigen Schritt, um einen Schlussstrich“ unter die Bankenturbulenzen zu ziehen.

Dennoch löste der PacWest-Bericht im nachbörslichen Handel einen erneuten Ausverkauf bei Finanztiteln aus.

„Der Markt wird nach Anzeichen dafür Ausschau halten, dass sich die Kreditklemme auf die Wirtschaftstätigkeit und die Arbeitsmarktdaten auszuwirken beginnt“, sagte Vassili Serebriakov, Devisen- und Makrostratege bei UBS Securities in New York. „Da die Fed heute eine Pause angedeutet hat, würde jede Schwäche in den Daten die Ansicht bestärken, dass der Straffungszyklus zu Ende ist.“

Rezession: Powell vs. Experten

Powell sagte am Mittwoch, es sei möglich, dass die USA eine, wie er hofft, milde Rezession erleben könnten. Er ist sogar der Ansicht, dass es wahrscheinlicher ist, dass eine Rezession komplett vermieden wird, als dass es zu einer Rezession kommt“. Die Lohnerhöhungen seien rückläufig, und die Zahl der offenen Stellen sei zurückgegangen, aber nicht mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit einhergegangen, sagte er.

Auf der Milken-Konferenz äußerten sich die Teilnehmer jedoch besorgt. Alan Schwartz, Vorsitzender von Guggenheim Capital, sagte gegenüber Bloomberg Television, er sei besorgt über die Auswirkungen der Kreditverknappung und darüber, wie weit die Banken sich zurückziehen müssten. Jenny Johnson, Chief Executive Officer bei Franklin Templeton, wies ebenfalls auf den Stress im Bankensystem hin, der durch das Tempo der Zinserhöhungen der US-Notenbank verursacht wird, und auf die Möglichkeit, dass die Banken infolgedessen weiter unter Druck geraten könnten.

Gundlach, Mitbegründer von DoubleLine Capital, nannte die kumulativen Zinserhöhungen der Fed seit März 2022 und die Kreditverknappung als Gründe dafür, dass er „zum jetzigen Zeitpunkt eher pessimistisch ist.“ Die Fed wird die Zinsen nach ihrer letzten Erhöhung wahrscheinlich nicht mehr anheben, sagte er. „Die Rezessionswahrscheinlichkeit ist im Moment verdammt hoch.

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. Der Markt denkt anders wie die FED ? Wie weit denkt der Markt ? das ist ein Durchschnitt aller Marktteilnehmer, heißt aller Konzerne und Unternehmen die an der Börse vertreten sind. Sind der Markt auich die vielen Einzelhändler, bzw. kleineren Unternehmen, die jetzt hopps gehen ? So wie ich das interpretiere wie der Markt denkt, müsste die Wirtschaftsleistung steigen, und es kömmt keine Rezession. Die Indizes steigen weil- so die Begründung – die Rezession schon eingepreist ist, finde ich weit hergeholt, als Noterklärung weil mans nicht besser weiß. Der Laie glaub´t´s – klingt ja auch gut. (wie preist man eine Rezession ein ??)

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