Während US-Präsident Donald Trump auf rasche Zinssenkungen drängt, bleibt Fed-Chef Jerome Powell unbeeindruckt. Inmitten wachsender Spannungen um Zölle, Inflation und wirtschaftliche Unsicherheit sendet Powell ein deutliches Signal: Die Federal Reserve lässt sich nicht treiben – weder von der Politik noch von den Märkten. In einer mit Spannung erwarteten Anhörung vor dem US-Kongress weicht er klar von Trumps Linie ab und bekräftigt, dass die Fed keine Eile hat die Zinsen zu senken. Die Notenbanker werden ihren Kurs erst ändern, wenn die Daten es wirklich verlangen und mehr über die Höhe der Zölle bekannt ist.
Zinsen: Powell widerspricht Trump
Einem Bericht von Bloomberg zufolge hatte Fed-Chef Jerome Powell am Dienstag zahlreiche Gelegenheiten, den US-Abgeordneten klar zu sagen, dass die Zentralbank bald die Zinsen senken wird. Genutzt hat er keine davon.
Stattdessen bekräftigte Powell seine Ansicht, dass die Federal Reserve mit einer Anpassung der Geldpolitik keine Eile habe. Damit widersprach er Forderungen von US-Präsident Donald Trump und jüngsten Äußerungen der Fed-Gouverneure Christopher Waller und Michelle Bowman, die signalisiert hatten, dass sie einer Zinssenkung bereits im Juli offen gegenüberstünden.
„Wenn sich herausstellt, dass der Inflationsdruck tatsächlich begrenzt bleibt, werden wir eher früher als später zu einer Zinssenkung kommen“, antwortete Powell auf eine Frage zur Möglichkeit einer Zinssenkung im nächsten Monat während einer Anhörung des Finanzausschusses des Repräsentantenhauses. Dieser Satz war es jedoch, der die Aktienmärkte antrieb, da die Hoffnung auf eine frühere Zinssenkung zunahm. „Ich möchte jedoch nicht auf eine bestimmte Sitzung verweisen. Ich glaube nicht, dass wir uns beeilen müssen, da die Wirtschaft nach wie vor stark ist“, fügte Powell hinzu.
Trumps Zölle sorgen für Unsicherheit
Vergangene Woche hat die Fed die Zinsen in der Spanne von 4,25% bis 4,5% belassen. Powell hält daran fest, dass die Notenbank mit Blick auf eine Lockerung der Geldpolitik vorsichtig vorgehen sollte, bis mehr Klarheit über die Auswirkungen von Trumps Wirtschaftspolitik herrscht, insbesondere in Bezug auf die Zölle.
„Die Auswirkungen der Zölle werden unter anderem von ihrer endgültigen Höhe abhängen“, sagte Powell. „Derzeit sind wir gut aufgestellt, um abzuwarten und mehr über die voraussichtliche Entwicklung der Konjunktur zu erfahren, bevor wir eine Anpassung unserer geldpolitischen Haltung in Betracht ziehen.“ Neue Hinweise zur Zollpolitik wird es wahrscheinlich erst im nächsten Monat geben, wenn am 9. Juli die Frist für die Verschiebung der reziproken Zölle abläuft. Bis dahin dürfte die Fed im Blindflug bleiben.
Powell und mehrere andere Notenbanker haben auf die zunehmende wirtschaftliche Unsicherheit hingewiesen, die sich aus den verschärften Zöllen der Trump-Regierung ergibt, um die Beibehaltung der Zinsen zum jetzigen Zeitpunkt zu rechtfertigen. Viele Prognostiker gehen davon aus, dass die Zölle einen Aufwärtsdruck auf die Inflation ausüben und das Wirtschaftswachstum dämpfen werden. Diese Vorhersagen sind freilich mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.

Weitere Einflussfaktoren
Powell betonte, dass weiterhin eine Vielzahl von Ergebnissen möglich sei. Sollte die Inflation niedriger als erwartet ausfallen oder sich der Arbeitsmarkt eintrüben, könnte die Fed die Zinsen früher senken. Ebenso könne eine höher als erwartete Inflation die Fed dazu veranlassen, die Zinsen unverändert zu lassen.
“Hier sind viele Wege möglich”, sagte Powell.
Er räumte ein, dass die jüngsten Wirtschaftsdaten für eine Zinssenkung sprechen. Diese Zahlen seien jedoch rückblickend und viele Ökonomen erwarteten aufgrund der Zölle im Laufe dieses Jahres einen “signifikanten Anstieg” der Inflation. “Das können wir nicht einfach ignorieren”, so der US-Notenbankchef.
Die Renditen amerikanischer Staatsanleihen und der Dollar gaben angesichts der Kommentare Powells nach, da Händler die Wahrscheinlichkeit von mindestens zwei Zinssenkungen durch die Fed bis zum Jahresende nun etwas höher einschätzen. Sie verwiesen auf seine Äußerungen, dass die Zölle möglicherweise weniger zur Inflation beitragen werden als derzeit von den Prognostikern erwartet.
Der US-Verbrauchervertrauensindex für Juni war am Dienstag schwächer ausgefallen als erwartet, was die Einschätzung des Zinsausblicks ebenfalls stützte.
FMW/Bloomberg
Kommentare lesen und schreiben, hier klicken