Anleihen

EU vermutet Preisabsprachen im Anleihehandel bei Deutsche Bank

Deutsche Bank und Rabobank werden von der EU-Kommission verdächtigt sich im Anleihehandel abgesprochen zu haben. Hier die Details.

Die Deutsche Bank und die niederländische Rabobank werden von der Europäischen Union verdächtigt sich beim Handel mit Staatsanleihen abgesprochen und damit gegen Kartellvorschriften verstoßen zu haben, so Bloomberg aktuell. Das geht aus der Mitteilung der EU-Kommission hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

Der “vorläufigen Auffassung” der EU-Kommission zufolge haben “die beiden Banken zwischen 2005 und 2016 über einige ihrer Händler sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht und ihre Preisbildungs- und Handelsstrategien für den Handel mit diesen Anleihen auf dem Sekundärmarkt” koordiniert. Die Koordination habe “mutmaßlich hauptsächlich per E-Mail und über Online-Chatrooms stattgefunden”. Betroffen sind auf Euro lautende Staatsanleihen sowie sogenannte SSA-Anleihen supranationaler, ausländischer oder halbstaatlicher Emittenten, sowie gedeckte und staatlich garantierte Schuldverschreibungen.

Der EU-Kommission zufolge hätten Gespräche über einen möglichen Vergleich nur “mangelnde Fortschritte” gemacht, weswegen nun das Kartellverfahren fortgesetzt werde.

Die Deutsche Bank erklärte, sie rechne nicht mit einer Geldstrafe, da sie “proaktiv mit der EU-Kommission zusammengearbeitet” habe und ihr “infolgedessen eine bedingte Immunität gewährt wurde”. Die Rabobank sagte, sie werde “mit der Untersuchung der Europäischen Kommission in dieser Angelegenheit kooperieren”.

Dies ist die dritte EU-Untersuchung im Zusammenhang mit Kartellen auf dem Anleihemarkt. Im April 2021 verhängte die EU-Kommission gegen drei Investmentbanken Geldbußen in Höhe von insgesamt 28 Millionen Euro wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell für den Handel mit auf US-Dollar lautenden SSA-Anleihen. Im Mai 2021 stellte sie fest, dass sieben Investmentbanken an einem Kartell für den Handel mit europäischen Staatsanleihen beteiligt waren, und verhängte Geldbußen in Höhe von insgesamt 371 Millionen Euro.

Hier weitere Aussagen aus der Mitteilung der EU-Kommission, im Wortlaut:

Sollte sich der Verdacht bestätigen, läge ein Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht vor, wonach wettbewerbsschädigende Geschäftspraktiken wie Absprachen über Preise und andere Handelsbedingungen verboten sind (Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 53 des EWR-Abkommens).

Die Kommission erklärte sich zunächst bereit, die Möglichkeit eines Vergleichs mit den beteiligten Unternehmen zu prüfen, brach die Vergleichsverhandlungen jedoch später wegen mangelnder Fortschritte ab und beschloss, rasch im normalen Kartellverfahren fortzufahren. Daher wird der Fall nunmehr im normalen Kartellverfahren weiterverfolgt.

Die Mitteilung der Beschwerdepunkte greift dem Ergebnis der Untersuchung nicht vor.

Hintergrund zu den Anleihemärkten

Anleihen sind Schuldverschreibungen, über die sich Unternehmen gegen Zahlung eines bestimmten Zinssatzes Finanzmittel auf den internationalen Finanzmärkten beschaffen können. Anleihen können als Anlagen gehalten oder wie jedes andere Finanzinstrument gehandelt werden.

Anleihen werden zunächst am sogenannten „Primärmarkt“ begeben und über Auktionen oder durch Konsortien an Anleger verkauft. Am sogenannten „Sekundärmarkt“ werden sie anschließend zwischen Banken, Maklern und Anlegern gehandelt. Anleihen unterscheiden sich etwa durch die Identität des Emittenten, die Nominalwährung oder die Art des Garantiegebers (staatliche Einrichtung, Finanzinstitut oder ein anderes Unternehmen).

Der vorliegende Fall betrifft auf Euro lautenden Anleihen folgender Kategorien:

Staatsanleihen bzw. genauer gesagt europäische Staatsanleihen, die von Zentralregierungen der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets begeben werden;

SSA-Anleihen: Unter diesen Oberbegriff fallen drei Arten von Anleihen: i) supranationale Anleihen, die von auf supranationaler Ebene zuständigen Institutionen oder Einrichtungen wie etwa der Europäischen Investitionsbank begeben werden, ii) ausländische staatliche Anleihen, die von Regierungen nach einem anderen als dem innerstaatlichen Recht und/oder in einer Fremdwährung begeben werden, iii) halbstaatliche Anleihen /Agency-Anleihen, die von staatlichen oder staatsnahen Einrichtungen, die unterhalb der zentralstaatlichen Ebene angesiedelt sind, wie Regionen oder Gemeinden oder aber von staatseigenen Banken oder Einrichtungen der sozialen Sicherungssysteme begeben werden;

gedeckte Schuldverschreibungen: von Kreditinstituten begebene Anleihen, die durch einen geschützten Pool hochwertiger Vermögenswerte wie Hypothekarkredite oder öffentliche Schuldverschreibungen besichert sind;

staatlich garantierte Anleihen: Anleihen mit sekundärem garantiertem Zinssatz, bei denen der Nennbetrag bei Ausfall des Emittenten durch eine staatliche Behörde erstattet wird. Diese Anleihen wurden als Reaktion auf die Finanzkrise von 2008 für einen begrenzten Zeitraum begeben.

Hintergrundinformationen zum Verfahren

Die Mitteilung der Beschwerdepunkte ist ein förmlicher Schritt bei Untersuchungen der Kommission im Falle mutmaßlicher Verstöße gegen die EU-Kartellvorschriften, mit dem sie die Parteien schriftlich über die gegen sie vorliegenden Beschwerdepunkte in Kenntnis setzt. Die Beteiligten können daraufhin die Untersuchungsakte der Kommission einsehen, schriftlich Stellung nehmen und eine mündliche Anhörung beantragen, um Vertretern der Kommission und der nationalen Wettbewerbsbehörden ihren Standpunkt darzulegen.

Wenn die Kommission, nachdem die Beteiligten ihre Verteidigungsrechte ausgeübt haben, zu dem Schluss kommt, dass hinreichende Beweise für eine Zuwiderhandlung vorliegen, kann sie per Beschluss die Verhaltensweise untersagen und gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen von bis zu 10 % ihres weltweiten Jahresumsatzes verhängen.

Für den Abschluss kartellrechtlicher Untersuchungen zu wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen gilt für die Kommission keine zwingende Frist. Die Dauer einer kartellrechtlichen Untersuchung hängt von mehreren Faktoren ab, so etwa von der Komplexität des jeweiligen Falles, dem Umfang der Zusammenarbeit der betreffenden Unternehmen mit der Kommission sowie der Ausübung der Verteidigungsrechte.

Dies ist die dritte Untersuchung der Kommission zu Kartellen, die den Handel mit Anleihen betreffen. Im April 2021 verhängte die Kommission Geldbußen von insgesamt 28 Mio. EUR gegen drei Investmentbanken wegen Beteiligung an einem Kartell, das sich auf den Handel mit auf US-Dollar lautenden SSA-Anleihen bezog. Im Mai 2021 stellte die Kommission fest, dass sieben Investmentbanken an einem Kartell für den Handel mit europäischen Staatsanleihen beteiligt waren, und verhängte Geldbußen von insgesamt 371 Mio. EUR.

FMW/Bloomberg/EU-Kommission

Deutsche Bank Schriftzug in London
The Deutsche Bank AG logo sits outside of their offices in London, U.K., on Monday, July 8, 2019. Deutsche Bank announced a sweeping turnaround plan that will transform Germany’s biggest bank, with Chief Executive Officer Christian Sewing radically shrinking and reshaping its global operations.


Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

1 Kommentar

  1. Es gelten 2 Fundamentalsätze: Wie mache ich ein kleines Vermögen? Indem ich mit einem grossen zur Deutschen Bank gehe,sowie :Bei jeder Sauerei ist die Deutsche Bank dabei!
    Mir,als ehemals mittelvermögender Kunde des zwielichtigen Instituts ist es auf jeden Fall lieber, wenn die DB weiter oben ihre „Peanuts“ einsammelt.Vieleicht (glaube ich jedoch eher nicht) müsste sie dann nicht Privatkunden mit Stop-Loss-Fishing und dem Andrehen übelster Zertifikate ausrauben.

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage

Exit mobile version
Capital.com CFD Handels App
Kostenfrei
Jetzt handeln Jetzt handeln

78,1% der Kleinanlegerkonten verlieren Geld.