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Problem für EZB? Löhne in der Eurozone steigen sprunghaft an

Die durchschnittlichen Löhne in der Eurozone steigen derzeit um 5,4 %, ein massiver Schub. Dies kann ein Problem für die EZB werden.

Paris
Paris. Foto: Zula Rabikowska/Bloomberg

Bei hoher Inflation erkämpfen sich die Arbeitnehmer deutlich höhere Löhne als Ausgleich. Das ist absolut berechtigt! Aber die Kehrseite der Medaille dürfte gerade für die EZB lauten: Die Arbeitgeber, die nun deutlich höhere Lohnkosten haben, müssen dies refinanzieren. Und dies geht eben nur, in dem der Arbeitgeber als Unternehmer von seinen Kunden höhere Preise für seine Waren und Dienstleistungen verlangt. Dieser Effekt (Lohn-Preis-Spirale) kann die Inflation antreiben, und dafür sorgen, dass die EZB daran gehindert wird, die Zinsen weiter zu senken.

Löhne können Aufwärtsdruck für die Inflation bedeuten

Daten aus Deutschland und auch für die Eurozone insgesamt zeigen seit Monaten: Die Dienstleistungspreise treiben die Inflation an, dahinter stehen auch die höheren Lohnkosten. Nun steht die EZB vor einem Dilemma. Soll man auf die höheren Löhne Rücksicht nehmen und die Zinsen nicht weiter senken? Dem gegenüber steht aber eine deutlich geschwächte Konjunktur in der Eurozone, und eine bei 2 % liegende Headline-Inflationsrate.

Lohnwachstum in der Eurozone steigt sprunghaft an

Ein wichtiger Indikator für die Löhne in der Eurozone ist aktuell so stark gestiegen wie seit der Einführung der gemeinsamen Währung nicht mehr, was die Pläne der EZB für Zinssenkungen bei nachlassender Inflation erschwert. Bloomberg berichtet: Die ausgehandelten Löhne stiegen im dritten Quartal um 5,4 % gegenüber dem Vorjahr, wie die EZB am Mittwoch mitteilte. Das ist ein Anstieg von 3,5 % in den vorangegangenen drei Monaten und wurde größtenteils von Deutschland angetrieben.

Grafik zeigt zuletzt kräftig steigende Löhne in der Eurozone

Die Daten werden weniger als vier Wochen vor der letzten geldpolitischen Sitzung der EZB in diesem Jahr veröffentlicht, bei der die Notenbanker voraussichtlich zum vierten Mal den Einlagensatz senken werden. Der Anstieg der Löhne könnte jedoch die Erwartungen von Investoren und Analysten hinsichtlich einer Reihe von Zinssenkungen im Jahr 2025 dämpfen. Während die meisten Entscheider signalisiert haben, dass weitere Senkungen wahrscheinlich sind, insbesondere da die Wirtschaft Schwierigkeiten hat, an Fahrt zu gewinnen, werden Tempo und Ausmaß zunehmend kontrovers diskutiert.

Einige Entscheidungsträger wünschen sich rasche Maßnahmen, um die Wirtschaft anzukurbeln und ein Unterschießen der Inflation zu vermeiden. Andere mahnen zur Vorsicht, vor allem wegen des anhaltenden Preisdrucks im Dienstleistungssektor, wo das Wachstum der Löhne nach wie vor stark ist. Die EZB prognostiziert für 2025 und 2026 eine deutliche Verlangsamung der Lohnsteigerungen, was dazu beitragen wird, die Inflation nachhaltig auf das 2%-Ziel zurückzuführen.

In Deutschland stiegen die Tariflöhne, einschließlich Nebenabreden, im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 8,8 % – die schnellste Rate seit 1993, wie die Bundesbank am Dienstag berichtete. Sie sagte aber auch, dass dieser Zeitraum möglicherweise den Höhepunkt der Lohnerhöhungen markiert hat, sodass dieses Tempo wahrscheinlich nicht anhalten wird. Der wichtige Tarifabschluss der IG Metall für das Verarbeitende Gewerbe in der vergangenen Woche hat bereits ein relativ moderates Lohnwachstum für die nächsten zwei Jahre festgeschrieben.

Die Inflationsannahme der EZB basiert zwar auf einer Verlangsamung der Lohnsteigerungen, aber sie möchte auch nicht, dass sich der Arbeitsmarkt und die Steigerungen der Löhne zu sehr abschwächen. Chefökonom Philip Lane sagte im Oktober, dass ein robusterer Arbeitsmarkt „die Wahrscheinlichkeit erhöht, das Inflationsziel zu erreichen, anstatt chronisch darunter zu liegen“, und dass „Lohnerhöhungen in den kommenden Jahren zielkonformer wären“ als vor der Pandemie.

FMW/Bloomberg



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3 Kommentare

  1. Ich erinnere mich daran, dass Fahrer für Busse, Züge und Lastwagen gesucht werden. Die Lohnerhöhungen für Piloten ist extrem. Eigentlich eine gute Vorraussetzung für selbstfahrende Autos. Elon, wann bist Du soweit?

    1. Schon richtig – aber was machen dann die Fahrer der Busse,Bahnen und Lkw`s ?
      Mittlereweile gibt es ja meist nur Fahrer aus dem Osten (Moldau) etc.bei den Lkw`s.
      Die freuen sich noch über die Löhne,schlafen im Lkw und schicken ihren Lohn nach Hause.
      Für den öffentlichen Nahverkehr und die DB können wir ja gern unsere neuen Steuern
      „zusammenlegen“.Zum einen für die Investitionen für selbstfahrende……. und natürlich
      für das Arbeitslosengeld+die Krankenkasse für die dann „frei gewordenen Arbeitskräfte“

  2. Ähm, es ist ein Muss, dass die Löhne steigen, denn die Preise sinken ja auch nicht wieder zurück. Wie sollte das sonst funktionieren? Wenn das Geld wertloser wird, muss natürlich ein Ausgleich folgen!
    Aber ich höre schonwieder die Banken jammern und nach Steuergeldern schreien, nachdem sie nun kräftig zugelangt hatten … bä …
    Die EZB ist leider der Hemmschuh Europas und sorry, aber wenn man die Zinsen derart schnell hochtreibt, treibt nan natürlich auch Preise und Löhne zusätzlich noch hoch. Gießkannenprinzip ist mittelalterlich nus so wie sich die Inflation aus vielen Faktoren zusammensetzt (unsinniger Wert), hätte man auch Zinssätze unterscheiden und unterschiedlich behandeln müssen.
    Das ganze System ist veraltet, unflexibel und krank!

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