Anleihen

Puerto Rico: US-Gesetz zur Aufsicht des Landes verabschiedet – jetzt heißt es „ab in den Schuldturm“

Der US-Senat hat gestern mit 68 zu 30 Stimmen nach dem Repräsentantenhaus das sogenannte PROMESA-Gesetz für das US-Territorium Puerto Rico verabschiedet. Wohl noch heute wird Präsident Obama es unterschreiben. Damit führen die USA für Puerto Rico einen Status ein...

FMW-Redaktion

Der US-Senat hat gestern mit 68 zu 30 Stimmen nach dem Repräsentantenhaus das sogenannte PROMESA-Gesetz für das US-Territorium Puerto Rico verabschiedet. Wohl noch heute wird Präsident Obama es unterschreiben. Damit führen die USA für Puerto Rico einen Status ein, der der Griechenland-Situation ähnelt. Gut, es ist nicht 1:1 vergleichbar, aber es geht schon in die Richtung.

Morgen müsste Puerto Rico eigentlich satte 2 Milliarden Dollar an fälligen Schulden zurückzahlen. Anders als die EU bei Griechenland pumpen die USA kein frisches Bargeld nach Puerto Rico. Aber PROMESA verhindert, dass die jetzt leer ausgehenden Gläubiger gegen Puerto Rico klagen können. Das verschafft der Insel Luft, aber nur vordergründig. Die große Parallele zur EU und Griechenland ist das Aufsichtsgremium, dass durch die USA auf Puerto Rico installiert wird – es stellt die ganze Insel quasi unter Vormundschaft.

Dieses aus Washington DC jetzt zu besetzende Aufsichtsgremium wird die volle Budgetkontrolle für die Insel ausüben und alles, aber wohl wirklich alles rausquetschen, was zur Bedienung von Schulden noch möglich ist. PROMESA sieht zwar auch vor, dass eine Schulden-Restrukturierung möglich ist, die vom Gremium beschlossen werden kann. Beobachter sind sich aber großteils einig, dass die Anleihegläubiger der Insel mit dieser Lösung gewonnen haben. Durch das Verhindern von Klagen gewinnt das Gremium lediglich Zeit um z.B. die Kosten in der öffentlichen Verwaltung noch weiter zu senken.

Die Krise auf Puerto Rico kam nicht über Nacht. Die Wirtschaft geht schon seit Jahren bergab. Das zeigt auch die Bevölkerungsstatistik. Von 2005-2015 schrumpfte die Bevölkerung um 9,1%. Die Inselbewohner sind zolltechnisch US-Bürger und können einfach per Inlandsflug auf das US-Festland übersiedeln. Sie stimmen mit den Füßen ab! US-Finanzminister Lew sagte gestern zu dem neuen Gesetz es sei noch viel Arbeit zu erledigen. Mit dem neuen Gesetz habe Puerto Rico jetzt Zeit nach dem 1. Juli einen Finanzplan zu erarbeiten. Dass die gewählte Inselregierung jetzt de facto keine Entscheidungsgewalt mehr über ihre eigenen Finanzen hat, erwähnte er nicht.

Vergleichbar wäre das ungefähr so, als hätte das EU-Parlament beschlossen Griechenland die Entscheidungsgewalt über seinen eigenen Haushalt abzunehmen. In der EU natürlich nicht möglich, aber in den USA offenbar schon. Eigentlich ginge das gar nicht, denn Puerto Rico ist zwar US-Außengebiet, aber kein US-Bundesstaat. Für alle Beteiligten ist das ständig eine extrem schwierige Rechtslage. Genau wie bei Griechenland weiß eigentlich jeder Beobachter: Von seinen 70 Milliarden Dollar Schulden, die 100% des BIP der Insel ausmachen, wird man mit kräftigem Sparen niemals auch nur ansatzweise runterkommen (Parallele zu Griechenland). Und dann noch bei stark schrumpfender Bevölkerung, wo vermeintlich die gut Ausgebildeten die Insel verlassen?

Seit Juni 2015 hat Puerto Rico fünf Mal fällige Schulden nicht bezahlt. Morgen mit 2 Milliarden Dollar kommt ein dicker Brocken hinzu. Neu ist, dass mit dem jetzigen Gesetz die Gläubiger nicht dagegen klagen können. Jetzt geht es los: Die Insel ist per US-Gesetz im Schuldturm, das neue „Aufsichtsgremium“ wird jetzt wohl kürzen, streichen und entlassen, wo es nur geht, damit der Schuldendienst demnächst wieder aufgenommen werden kann. Bis in alle Ewigkeit?



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