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Energiekrise Putin verteufelt Europa und setzt auf Energiepakt mit China

Wladimir Putin verteufelt Europa und setzt auf einen Energiepakt mit China. Hier eine Analyse mit jüngsten Aussagen aus Russland.

Wladimir Putin ist Präsident von Russland

In großer Show präsentierte sich Präsident Wladimir Putin in Wladiwostok als Herrscher des Ostens. Alles auf dem Ostwirtschaftsforum in der gleichnamigen Stadt an der russischen Ostgrenze steht unter dem Motto – „auf dem Weg in eine multipolare Welt.“ Ganz vorne sieht sich der russische Präsident, der dem Erzfeind USA und Europa die Stirn bietet. Lieferungen von Öl und Gas sollen schnellstmöglich von West nach Ost umgeleitet werden. China ist das Ziel, auf das der Kreml in diesem Manöver setzt.

Putin rechnet mit dem Westen ab

Habe das Ostwirtschaftsforum im letzten Jahr wegen Corona pausiert und erwarteten Experten, dass sich das Geschäftsleben in der Welt wieder erholen und normalisieren werde, hätten andere Herausforderungen die Pandemie abgelöst. „Ich meine das Sanktionsfieber des Westens, seine unverhohlenen aggressiven Versuche, anderen Ländern Verhaltensmuster aufzuzwingen, sie ihrer Souveränität zu berauben und sie ihrem Willen zu unterwerfen. Genau genommen ist das nichts Ungewöhnliches, das ist eine Politik, die der kollektive Westen seit Jahrzehnten betreibt“, machte Putin in der Plenarsitzung des Ostwirtschaftsforums am 7. September gleich am Beginn in kalter Kriegsmanier seines Auftritts klar.

Nun sinke die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen, weil ihnen die EU-Behörden bezahlbare Rohstoffe, Energieressourcen und Absatzmärkte vorenthielten. Es sei nicht „verwunderlich, wenn infolgedessen die Nische des europäischen Geschäfts sowohl auf dem Kontinent als auch auf dem globalen Markt insgesamt von deren amerikanischen Gönnern besetzt wird, die nicht zögern ihre Interessen zu verfolgen und ihre Ziele zu erreichen“, erklärte Putin, um damit die Hegemonie der USA und Zwietracht zu untermauern. An der Inflation machte er fest, wie die Länder des Westens die Grundpfeiler des über Jahrhunderte aufgebauten Weltwirtschaftssystems untergraben hätten.

So habe die Inflation in den Vereinigten Staaten 8,5 Prozent betragen. In Russland seien es aktuell zwar 14 Prozent, aber der Trend sei im Gegensatz zu den westlichen Volkswirtschaften rückläufig. 12 Prozent könnten es auf das gesamte Jahr 2022 werden. In Deutschland seien heute 7,9, in Belgien 9,9, in Holland 12, in Lettland 20,8 Prozent Inflation. In Litauen liege die Inflation bei 21,1 und in Estland bei 25,2. Und die Tendenz sei steigend.

Das Vertrauen in den Dollar, den Euro und das Pfund Sterling als zuverlässige Währungen sei laut Putin verloren. Der russische Gaskonzern Gazprom und der chinesische Partner CNPC hätten daher am 6. September beschlossen, bei der Bezahlung von Gaslieferungen im Verhältnis 50:50 auf Rubel und Yuan umzusteigen. Beide Unternehmen besprachen dazu, wie es mit dem Bau von der Gasleitung Kraft Sibiriens 2 über die Mongolei und der Belieferung Chinas mit Gas von der russischen Ostgrenze und Kraft Sibiriens 1 weitergehen soll.

Gewinne durch Nordostpassage

Die Ereignisse des laufenden Jahres hätten gezeigt, dass die Verfügbarkeit von Rohstoffen entscheidend ist, um die Produktion zu organisieren und Kooperationsketten aufzubauen. Der Transportkorridor Richtung Osten nimmt für Putin neben dem Warentransport von Norden nach Süden eine zentrale Stellung ein. Als gewinnbringend sieht er dabei die Entwicklung der Nordostpassage im russischen Nordpolarmeer mit modern Eisbrechern, um sie ganzjährig beschiffbar zu machen. Die Regierung habe bereits einen Plan für die Entwicklung der Nordroute bis 2035 genehmigt. 1,8 Billionen Rubel (umgerechnet 29 Mrd. Euro) seien aus verschiedenen Quellen für die Umsetzung eingeplant. Nach Prognosen könne der Frachtumschlug über diesen Korridor von derzeit 35 Millionen Tonnen auf 220 Millionen Tonnen jährlich wachsen. Entscheidend sei Frachtverkehr, der sowohl für den Transport aus Fernost als auch in die Gegenrichtung erfolgen soll. „In diesem Jahr fand die erste Containerreise zwischen Murmansk und Kamtschatka auf der Nordmeerroute statt. Dies bestätigte erneut die Zuverlässigkeit und Sicherheit der Eskorte von Schiffen in der Arktiszone“, so Wladimir Putin.

Für Novatek soll sich die Nordostpassage ebenfalls auszahlen. Immerhin befindet sich das größte Werk zur Gasverflüssigung Yamal LNG in Russland vom zweitgrößten russischen Gasförderunternehmen auf der nordsibirischen Halbinsel Jamal. Ganz im Sinn des Kremls will Novatek sein Engagement im Osten kräftig verstärken. Das sicherte Unternehmenschef Leonid Michelson laut russischen Medien in Wladiwostok zu. So rechne Novatek damit, im Jahr 2023 LNG-Hubs für den Umschlag in Murmansk und Kamtschatka zu eröffnen, sagte Michelsen. Hier machte er auch klar, dass das französische Energieunternehmen TotalEnergies dem Werk Yamal LNG und dem Projekt Arctic LNG 2 als Teilhaber erhalten bleibt.

LNG-Produktion an der Ostsee

Ist das vermeintlich letzte Aggregat in der Verdichterstation Portowaja defekt, um Gas über die Gasleitung Nord Stream 1 zu pumpen, hat Gazprom dort die Produktion von verflüssigtem Erdgas LNG aufgenommen. Darüber informierten russische Medien zufolge Witali Markelow, stellvertretender Vorsitzende von Gazprom auf dem Ostwirtschaftsforum am 6. September. Ihm zufolge sind zwei Verflüssigungslinien in Betrieb, die bereits die ersten 30.000 Tonnen LNG produziert hätten. 72 Stunden lang seien komplexe Tests gelaufen. „Jetzt wird ein Schiff ankommen, das LNG an die Verbraucher liefern wird. Angesichts der Situation auf den Weltmärkten wird unser LNG gefragt sein“, sagte Markelow laut Interfax und ergänzte: „Der erste Tanker wird beladen.“

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Die Baupläne zur LNG-Produktion in Portowaja sind in einer Übersicht von Statista zum Stand vom September 2021 zu LNG-Projekten in Russland mit aufgelistet. Demnach verfügt Yamal LNG über eine Verflüssigungskapazität von 17,4 Millionen Tonnen LNG im Jahr. Die zweitgrößte Verflüssigungsanlage befindet sich auf der Pazifikinsel Sakhalin. Die zwei Produktionslinien können 9,6 Millionen Tonnen LNG im Jahr herstellen. Die geplante dritte Linie des Projekts mit einer Jahreskapazität von 5,4 Millionen steht auf Halt. Mit Portowaja kommen 1,5 Millionen Tonnen hinzu. Dadurch muss weniger Gas von der Halbinsel Jamal abgefackelt werde, das zum Abtransport über die Ostsee vorgesehen ist. Russland will beim LNG mit den weltweiten Marktführern Katar und Australien auf Augenhöhe sein, und plant bis 2030 die Produktionskapazität von aktuell 30 auf maximal 100 Millionen Tonnen LNG auszubauen.

Putin sieht neue Runde von Preissteigerungen in Europa

Zum eingestellten Lieferbetrieb von Nord Stream 1 erklärte Markelow, dass Gazprom die Gaslieferungen wieder aufnehmen werde, wenn die deutsche Seite die fehlerhaften Geräte repariert habe. Dafür bot Putin erneut die Gasleitung Nord Stream 2 an, um wieder Gas an die deutsche Ostseeküste zu liefern. Die Pläne der Europäischen Union, eine Preisobergrenze für russisches Gas einzuführen, nennt er russischen Medien zufolge eine „nichtmarktliche Dummheit“, die zu einer neuen Runde steigender Energiepreise führen werde. Auch Vorwürfe, Nord Stream 1 als Energiewaffe einzusetzen, hält der Präsident für „Unsinn“. Gas, das Europa nicht benötige, werde in andere Länder geleitet. Auf dieser Liste steht China als Großkunde ganz oben. Welche Preise sich da realisieren lassen, ist da noch ein anderes Kapitel.

Die Frage bei den anspruchsvollen Vorhaben lautet: Ist Russland wirklich in der Lage Mammutprojekte wie die Nordostpassage zu stemmen, oder den Pipelineanschluss Chinas an das Förderzentrum auf Jamal auf absehbare Zeit anzuschließen? Was passiert, wenn die Einnahmen durch die Europäer immer mehr wegbrechen? Das Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) teilte jüngst im September mit, dass Russlands Einnahmen seit Kriegsbeginn in der Ukraine am 24. Februar umgerechnet 158 Milliarden Euro betrugen, wovon Europa über die Hälfte beisteuerte. Ist Wladiwostok gute Show oder Realität?



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24 Kommentare

  1. Jeder kann denken was er möchte. Für mich sind die Aussagen Putins plausibel. Ganz im Gegensatz zu unseren, naja wie soll ich sie nennen?

    1. richtig
      für mich gesehen hat er Recht sich nicht bevormunden zu lassen, ebensowenig wie es die Lateinamerikaner und Afrikaner tun wollen. Und bevormunden, sich in die Politik des jeweiligen Landes mit einmischen und von ober herab behandeln sind die Minuspunkte der Demokratie- und Freiheitsverbreiter. Andere Länder wollen sich nicht weiter ausbeuten lassen.

  2. So haben doch alle was.
    Der CO2 Ausstoß in Deutschland schrumpft nennenswert.
    Die radikaleren Grünen müssen die Industrie nicht zerstören und sich nicht mehr ankleben.
    Die Energie -Importe aus Russland gehen gegen Null. Das Flüssiggas, was die Asiaten und der Rest der Welt von Russland beziehen, entlastet die anderen Lieferanten und es kann nach Europa geleitet werden, oder aus Asien zurückgekauft werden.
    Und die deutschen Verbraucher gewöhnen sich mal an Energiepreise, die von den Grünen schon vor 25 Jahren gefordert wurden.
    Ich persönlich habe nichts dagegen.
    Nur jetzt nicht jammern.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  3. Ich finde Putins Ausführungen immer noch in Teilen sehr diplomatisch, wenn ich lese, was der Leutnant von unserem Davos-Klaus so in Interviews sagt. Danach sind wir ja alle nur entbehrliches Fleisch. Überflüssige Fresser, die das Klima versauen. Lest endlich mal breit und ausgewogen und nicht nur Spiegel & Co..

    1. Meinen Sie Harari ? der sagt doch selbr ganz offen was er will und er sich Gedanken macht was er mit den 1,5 Mrd. Menschen macht die unnütze Esser sind o.so ähnlich (so drückte sich Kissinger 1974 in seinem Memorandum 200 aus)
      Der Transhumanismus von Harari, wird auf AUF 1 in 37 min recht ausführlich behandelt. Man sollte erschrocken sein was das WEF verbreitet.
      https://auf1.tv/stefan-magnet-auf1/transhumanismus-das-ende-der-menschheit

  4. Plausibel erscheint vorallem der Versuch Russlands LNG-Kapazitäten für die in Westsibirien gelegenen Gasfelder aufzubauen. Fraglich ist, ob dies in einem ausreichend schnellen Tempo geschehen kann ohne, dass weiterhin große Mengen abgefackelt werden müssen.

    Eine weitere gerne übersehene Alternative ist es die Kapazitäten zur Herstellung Stickstoffdüngers zu vergrößern. Günstiges Gas wäre ausreichend vorhanden. Soweit ich weiss sind die Preise für Stickstoffdünger in LATAM bereits deutlich gesunken, da man Zugriff auf russischen Dünger haben soll. Davon können europäische Landwirte nur träumen, in Brasilien scheint kein Mangel mehr zu herrschen.

    Langfristig wird Russland versuchen auch in der Basischemie zu expandieren, man folgt damit der Strategie Saudi-Arabiens, die hierzu einst SABIC gründeten.

    Aber all die von mir aufgeführten Investitionen werden Kapital kosten, das know how sollte nicht so problematisch sein. Als Kapitalgeber werden vermutlich chinesische und indische Firmen für Joint Ventures bereit sein.

    Es wird als große strategische Niederlage der europäischen Abnehmerländer in die Analen eingehen den jahrzehntelang zu günstigen Preisen zuverlässig liefernden Rohstofflieferanten Russland mittels Sanktionen vollends in die Arme Indiens und Chinas getrieben zu haben ohne sich vorher Lieferalternativen aufgebaut zu haben. So setzte man sich selbst Schachmatt!

    1. Europa, Deutschland voran, schaft sich jetzt auf Wunsch der USA behende selbst ab. Es ignoriert sein Hinterland : Eurasien. Wird zwar noch ein wenig dauern aber die Weichen sind gestellt. Noch leben wir von einem Polster, das zwar schon in den letzten Jahren gelitten hat.

      1. Hätte Deutschland auf die USA gehört (auch auf Trump!), wäre es jetzt nicht so abhängig von russischem Gas und könnte sich vielleicht auch selber militärisch verteidigen. Selber schuld!

        1. selber militärisch verteidigen ??? geht´s noch ? hier bei uns, alles kaputt machen ? und wieso verteidigen ? wer will uns angreifen ? Jetzt sagen Sie bloß Russland, dann ist das der große Propagandaerfolg.

    2. Was schlagen Sie vor? Sanktionen gegen Russland wegen dem verbrecherischen Angriffskrieg auf die Ukraine aufheben einem Kriegsverbrecher wie Putin in den Allerwertesten kriechen, um an günstige Rohstoffe zu kommen?

      1. Warum sind die Russen einmarschiert ? weil dort seit 8 Jahren Krieg herrscht. Nix kapiert ??? Und wer will Krieg ? die USA seit Ende des 2.WK gegen Russland. Und das wird nicht mal groß geheim gehalten.

        1. Die Sowjetunion war jahrzehntelang eine kommunistische Diktatur und ist unter Putin jetzt eine faschistische geworden (welch eine Ironie der Geschichte!). Man muss kein USA-Fan sein um zu kapieren, durch wen unsere Freiheit und unsere demokratischen Rechtsstaaten hier in Europa bedroht werden. In der Ukraine herrscht ein seit acht Jahren von Putin angestachelter und militärisch unterstützter Krieg pro-russischer Separatisten. Die Ukraine hat das Völkerrecht voll auf ihrer Seite, wenn sie sich militärisch gegen so einen gewaltsamen Abspaltversuch wehrt, während Russland völkerrechtswidrig gehandelt hat. Die grosse Mehrheit der UNO-Mitgliedstaaten hat den russischen Angriff denn auch verurteilt.

          1. Ja das nennt sich US-Imperialismus meine Lieben!
            Der ist jetzt am zerfallen, ähnlich wie damals der des römischen Reiches.
            Nieder mit dem US_Imperialismus und zu mehr Frieden auf dieser Welt !

          2. Mensch Bernie, Tagesschau können wir selbst sehen. Du musst das hier nicht wiederholen.

  5. „auf dem Weg in eine multipolare Welt.“ Ist der wichtigste Satz von allen.
    Putin hat sich so ähnlich schon auf dem Anti-Schwab-Davos , der International Economic-Forum in St. Petersburg, im Juni geäußert.
    Das der Dollar als Waffe gegen die ganze Welt eingesetzt wird sollte auch dem Letzten so langsam klar geworden sein. Die Europäer „kleben“ doch nur am Euro weil sich dort so herrlich die Unfähigkeiten der Regierungen, Politiker und deren Institutionen verschleiern lassen. Und das jetzt schon seit 2000.

  6. Putolf und seine Mafia-Clique müssen in die Knie gezwungen werden – ansonsten ist die Welt verloren…

  7. Sehr schade, dass die Kommentarfunktion hier hauptsächlich von Verschwörungstheoretikern und deren Schwachsinn missbraucht wird. :(

    1. @Ma
      Richtig, ein guter Junk-Filter wäre hier sehr hilfreich!

  8. Können Sie auch sachlich berichten?!?
    „in kalter Kriegsmanier“ solch einen Stuss muss man sich hier zum Glück selten zu Gemüte führen

    1. @Shong09

      Klingt irgendwie, als wäre alles unsachlich, was Ihnen und Freund Putin nicht gefällt.

  9. In Russland ist ein Sack Reis umgefallen. Gähn! Nichts Neues im Osten.

    Winterspiele in Sotschi, tolle Leistung! Danke!

    Putin hat durch sein Treiben dafür gesorgt das Russland wirtschaftlich 20 Jahre zurückgeworfenen wird. Man biedert sich China an, die Chinesen mögen aber die Russen nicht und werden sie über den Tisch ziehen als billige Materiallieferanten und Abnehmer chinesischer Produkte.

    1. Seh‘ ich auch so, der einzig nachvollziehbare Kommentar! Der hat sich
      verzockt auf dem Weg zu einem der ‚Multipole‘. Der zahlt mit seinem
      Leben, bestenfalls. Der Rest ist gefundenes Fressen für Peking, auch
      nach einer nuklearen Option.

    2. ??? Wo war denn Russland vor 20 Jahren, nach den Jelzin Jahren, als Putin 2000 die Macht übernahm ? Sind Sie da noch Dreirad gefahren. daß Sie das nicht mitbekommen haben ?

  10. Pingback: Meldungen vom 9. September 2022 – Teil 1 | das-bewegt-die-welt.de

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