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Rede von Mario Draghi: Warum alles super läuft, aber die Zinswende nicht kommen kann

Heute gab es mal wieder eine Rede von EZB-Chef Mario Draghi in den Niederlanden. Ausführlich ging er darauf ein, wie gut die Konjunktur in der Eurozone laufe, und wie erfolgreich die EZB-Geldpolitik doch...

FMW-Redaktion

Heute gab es mal wieder eine Rede von EZB-Chef Mario Draghi in den Niederlanden. Ausführlich ging er darauf ein, wie gut die Konjunktur in der Eurozone laufe, und wie erfolgreich die EZB-Geldpolitik doch bereits sei. Seit 15 aufeinander folgenden Quartalen liege die quartalsweise Steigerungsrate beim BIP in der Eurozone zwischen 0,3% und 0,8%. Im Jahr 2016 sei das BIP pro Einwohner in der Eurozone schneller gewachsen als in jeder anderen entwickelten Volkswirtschaft.


EZB-Chef Mario Draghi. Foto: EZB

4,5 Millionen neue Arbeitsplätze seien in der Eurozone in den letzten drei Jahren geschaffen worden, und die Arbeitslosigkeit stände so tief wie seit 2009 nicht mehr. Auch die Inflationserwartungen für die Eurozone seien durch die EZB-Maßnahmen erfolgreich stabilisiert worden, so Draghi. Zuletzt seien sie sogar noch erhöht worden auf 1,7% für 2017, 1,6% in 2018 und 1,7% in 2019. Frage von uns: Worauf dann noch warten mit der Zinswende? Nun, dazu hier zunächst ein Zitat aus Herrn Draghi´s heutiger Rede:

Incoming data confirm that the cyclical recovery of the euro area economy is becoming increasingly solid and that downside risks have further diminished. Nevertheless, it is too early to declare success. Underlying inflation pressures continue to remain subdued and have yet to show a convincing upward trend. The domestic drivers of inflation, namely wages, are not yet responding to the recovery and the narrowing output gap. Maintaining the current very substantial degree of monetary accommodation is still needed for underlying inflation pressures to build up and support headline inflation in the medium term.

Wir haben das Wort fett markiert. Die Löhne (wages) sind also ein Hauptproblem. In den letzten Monaten hatte die EZB immer wieder lediglich betont die Inflation gehe zwar zügig Richtung 2%, aber die Kernrate sie eben deutlich tiefer, was ein Problem sei. Die Sache mit den Löhnen hatten wir heute bereits basierend auf einem heute veröffentlichten EZB-Papier besprochen. Wenn 18% der Bevölkerung gar nicht arbeitet, oder nur extrem wenig als Teilzeit-Jobber verdient, können diese Menschen wohl kaum die Preise anheizen mit ihrer nicht vorhandenen Kaufkraft!

Jetzt also greift Mario Draghi die Sache mit den Löhnen auch in seiner Rede auf. Daher sei es momentan leider immer noch zu früh „Erfolg zu vermelden“, trotz all der Wachstumserfolge in der Eurozone, die er in seiner Rede aufgelistet hat. Die Zinswende könne leider noch nicht kommen.

Was auch in Draghi´s heutiger Rede von heute Mittag auffällt, wie bei allen Reden und Veröffentlichungen der EZB in den letzten Monaten: Die EZB betont stehts, wie erfolgreich ihre Politik sei. Als Beleg hierfür erwähnt sie ebenfalls immer wieder die Kreditkonditionen der Geschäftsbanken, die für die Kunden dramatisch günstiger geworden seien. Und ja, niemand zweifelt daran, dass die Kreditzinsen dramatisch günstiger geworden sind. Was aber nützt es (wir schweifen kurz ab), wenn der VW-Händler seinen Kunden die besten jemals da gewesenen Finanzierungskonditionen anbietet, aber dennoch niemand die Autos kaufen will?

Zurück zur EZB. Denn was nützen die günstigsten Finanzierungskonditionen aller Zeiten, wenn die Banken letztlich nicht mehr Kredite vergeben als vor dem Beginn der EZB-Geldflut? Denn es gibt verschiedene Sichtweisen und Statistiken der EZB. Letztlich kann man zu dem Schluss kommen, dass die Banken ihre tatsächliche Kreditvergabe nur minimal erhöht haben – kaum erwähnenswert bei der gigantischen Gratis-Geldflut der EZB. Deswegen erwähnt sie wohl auch stets die sensationell günstigen „Konditionen“, die die Banken inzwischen dank der EZB ihren Kunden anbieten können.

Zitat EZB von heute:

Our measures have been very effective: they have led to very favourable financing conditions. Since mid-2014, bank lending rates for both firms and households have dropped by more than 100 basis points. And we have witnessed a pronounced convergence in borrowing conditions across both euro area countries and types of borrowers. These favourable financing conditions have in turn supported the economic recovery.

Was fällt auf? Es ist nur von Finanzierungskonditionen die Rede, aber nie wirklich von einer steigenden Kreditvergabe, die es in der Realität nicht wirklich gibt. In Italien ist in dem Bereich zum Beispiel gar nichts los. Und ganz aktuell hört man aus Österreich Stimmen, dass die Wiener Bundesregierung doch bitte massiv Bürgschaften übernehmen solle, damit Unternehmen endlich mal umfassend an frische Kredite kommen. Das passt irgendwie nicht ins Bild. Aber ja, die Konditionen, die sind günstig…



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3 Kommentare

  1. Ich frag mich, was macht die EZB, wenn die Lage sich dramatisch verschlechtert, wir also in die Rezession rutschen. Kann ja mal passieren, schwarze Schwäne soll es ja geben. Haben die bei EZB dann noch das nötige Pulver, um darauf entsprechend zu reagieren? Gibt es eine Steigerung zu ultralaxer Geldpolitik? Hinter irgendeinem Stein findet Draghi vermutlich immer noch irgendein Risiko, dass seine Politik rechtfertigt. Letztlich will er wohl die Zinsen so niedrig wie möglich halten, damit sein schönes Heimatland mit den ganzen Schulden nicht in die Klemme kommt. Wäre ja auch irgendwie schade für Bella Italia.

  2. Die Notenbanken haben sich in eine Sackgasse manöveriert, einerseits brauchen anscheinend die Südländer die tiefen Zinsen ,anderseits sagte Merkel, DIE EZB HABE MITSCHULD AM HANDELSÜBERSCHUSS MIT FRANKREICH, das ist jetzt halt das Problem einer Währungsunion mit vielen Staaten u.so unterschiedlichen Konditionen,aha die Währugsunion ist halt ein Friedensprojekt, viele Ökonomen haben übrigens vor dieser Fehlkonstruktion gewarnt.Viele Ökonomen warnen übrigens jetzt auch vor der unsinnigen Gelddruckerei,aber vielen gefällts halt, ( noch)

  3. Ich sage nur Helikoptergeld

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