Anleihen

Chaos an Kapitalmärkten ab Montag? Regierung plant Bank of England zum Sündenbock zu machen

Die britische Regierung plant die Bank of England zum Sündenbock zu machen, falls es am Montag zu einem großen Marktchaos kommen sollte.

Seit knapp einem Monat geht es am britischen Anleihemarkt turbulent zu. Nun gibt es für den morgigen Freitag eine große Deadline, und ab Montag könnte es am britischen Kapitalmarkt zum Chaos kommen. Für diesen Fall plant die britische Regierung offenbar die Bank of England zum Sündenbock zu machen, die seit Tagen von den Märkten quasi in die Enge getrieben wird. Dabei war die Regierung der Auslöser des Problems. Gehen wir ein paar Schritte zurück und schauen auf das Gesamtbild.

Bank of England agierte als Feuerwehr für das Desaster der Regierung

Die neue britische Regierung under Liz Truss und ihrem Schatzkanzler Kwasi Kwarteng plante eine massive Steuersenkung ohne Gegenfinanzierung. Also sollten niedrigere Steuern über einen kräftigen Anstieg der Neuverschuldung finanziert werden. Die britischen Kapitalmärkte reagierten im September tagelang schockiert, die Kurse britischer Staatsanleihen fielen, die Renditen stiegen also. Denn der Markt sendete damit das Signal, dass die Solidität der britischen Staatsfinanzen massiv leiden würde. Das Ausgangsproblem war also die Regierung mit ihrer Schuldenpolitik. Der Markt war stärker, die Regierung musste ihre Steuersenkungspläne zurückziehen. Dennoch beruhigte das die Märkte nicht.

Die Bank of England als Zentralbank griff dann ab dem 28. September lediglich als Feuerwehr ein, um eine Katastrophe zu verhindern. Denn viele britische Pensionskassen arbeiten gehebelt am Anleihemarkt. Stark auf Kredit werden Staatsanleihen gekauft, um höhere Renditen für die Pensionäre erwirtschaften zu können. Fallen Anleihekurse zu stark, erhält man von seiner Bank Margin Calls, also Aufforderungen Geld nachzuschießen. Aber die schnell abrutschenden Anleihekurse wurden zu einem Problem, das eine Kaskade auszulösen drohte.

Zwangsverkäufe von Anleihen und damit noch weiter fallende Kurse standen an, und letztlich immense Verluste der Pensionskassen. Die Bank of England griff ein, verkündete massive Anleihekäufe, was die Kurse steigen und die Renditen zeitweise wieder fallen ließ. Aber auch nach mehrmaligen Folgeaktionen in den letzten Tagen fielen die Anleihekurse wieder deutlich, bis gestern fielen sie noch tiefer als Ende September. Nun hat die Bank of England gestern massiv dagegen gehalten mit großen Käufen. Aber nun steht man vor dem großen Showdown zwischen der Bank of England und dem freien Markt.

Die Bank of England hatte nämlich zuletzt unmissverständlich klargemacht, dass ihre Stützungskäufe nur bis zum morgigen Freitag den 14. Oktober gehen werden. Bis dahin müssten die Pensionskassen ihre Bücher in Ordnung bringen, um es mal so vereinfacht auszudrücken. Das heißt: Kommt es ab dem nächsten Montag – wenn die Bank of England nicht mehr eingreift – zu stark fallenden Anleihekursen und damit steigenden Renditen, und die Pensionskassen sind immer noch massiv engagiert, kann es zu einer Eskalation der Krise kommen, zu einem Chaos, dass auch auf andere Assetklassen überschwappt.

Am Montag wird es spannend – Chaos am Markt, Zentralbank als Sündenbock?

Es kann am Montag eine echte Krise eintreten, oder es kann auch gar nichts passieren. Aber was, wenn? Man schaue auf das Video, dass gestern den britischen Schatzkanzler Kwasi Kwarteng zeigte. Das sei eine Angelegenheit der Bank of England. Und ja, so wird es kommen – die Regierung wird die Zentralbank für ein mögliches Marktchaos verantwortlich machen, falls es denn ab Montag eintreten sollte. Bloomberg schreibt dazu aktuell: Großbritanniens Schatzkanzler Kwasi Kwarteng sieht die Verantwortung bei der Bank of England, sollten die britischen Märkte in erneute Turbulenzen geraten, nachdem die Zentralbank ihre Anleihekäufe am Freitag beendet.

Am Rande des Jahrestreffen des Internationalen Währungsfonds in Washington erklärte Kwarteng dem Sender Sky News, Verwerfungen nach der Rücknahme der Unterstützung durch die BoE seien “Sache des Gouverneurs”. Kwarteng und die britische Regierung bereiten sich darauf vor, Notenbankchef Andrew Bailey zum Sündenbock für die Turbulenzen zu machen, die das Vereinigte Königreich nächste Woche heimsuchen könnten. Neuer Tumult droht, wenn die angeschlagenen Pensionsfonds, die im Mittelpunkt des Ausverkaufs in diesem Monat standen, ihre Positionen nicht bis Ende dieser Woche aufgelöst und benötigte Barmittel aufgebracht haben.

Bank of England-Chef Bailey hat den Fonds zwei weitere Tage eingeräumt, um die 65 Milliarden Pfund schwere Notfallfazilität der Bank zu nutzen, bevor das Programm geschlossen wird. Die knappe Frist birgt die Gefahr eines weiteren Marktchaos, das zum Scheitern einiger so genannter haftungsorientierter Anlagestrategien führen könnte. Es würde Kwasi Kwarteng unter Druck setzen, ein überarbeitetes Paket von Steuer- und Ausgabenplänen vorzulegen.

Eine Reihe britischer Unternehmen sieht sich informierten Kreisen zufolge bereits mit der Aufforderung konfrontiert, ihren Pensionsfonds Notkredite zu gewähren, um deren Liquidität zu erhöhen.

FMW: Blicken wir aktuell auf die Renditen für zehnjährige britische Staatsanleihen seit dem 14. September. Gestern im Hoch bei 4,66 Prozent, so sehen wir heute „nur noch“ 4,46 Prozent Rendite. Dennoch hängen wir damit noch relativ an den Hochs von Ende September, also bei extrem tiefen Anleihekursen. Weiterhin hängt der Markt an einem Kipp-Punkt, und niemand weiß, wie der „freie Markt“ ohne Stütze der Bank of England am Montag agieren wird.

Verlauf der Rendite für zehnjährige britische Staatsanleihen

FMW/Bloomberg/Chart TradingView

Schatzkanzler Kwasi Kwarteng plant die Bank of England zum Sündenbock zu machen
Der britische Schatzkanzler Kwasi Kwarteng.


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2 Kommentare

  1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Eigentlich müsste die Bank of England die Liquidität wieder einzusammeln, wenn man die Inflation bekämpfen will.
    Eigentlich…..

  2. Ich fordere Premierministerin Elizabeth Truss auf, im Unterhaus eine Regierungserklärung hierzu abzugeben.

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