Anleihen

Repo-Markt: Cash Crunch wegen Hedgefunds?

Wie die Fed den Kollaps von großen Hedgefunds verhinderte

Sind extrem stark gehebelte Hedgefunds die Ursache gewesen für das Chaos (Cash Crunch) am amerikanischen Repo-Markt? Ein Bericht der BIS (Bank for International Settlement; zu deutsch „Bank für Internationalen Zahlungsausgleich“), gewissermaßen die Notenbank der Notenbanken, legt das nahe. Am 16.September waren die Zinsen am US-Geldmarkt massiv nach oben geschossen – erste Erklärungen lauteten damals: US-Banken müssten Steuern bezahlen und gleichzeitig hätten die USA große Volumina an Anleihen auf den Markt gebracht.

Das mögen Faktoren gewesen sein, so die BIS, aber das reiche als Erklärung eben nicht aus („Yet none of these temporary factors can fully explain the exceptional jump in repo rates“). Aber vieles hängt gleichwohl mit der immensen Neuverschuldung der Trump-Administration zusammen, die vor allem kürzer laufende Staatsanleihen emittiert, um eben diese Neuverschuldung zu refinanzieren.

Und es sind vier große US-Banken, die sich mit diesen neu auf den Markt gebrachten Anleihen vollgesogen haben. Warum? Weil die Fed ab Oktober ihre Bilanz reduzierte, was die überschüssigen Cash-Reserven, die die großen Banken bei der Fed angelegt hatten (und die in Relation zur Bilanzsumme der Fed stehen), praktisch überflüssig machte. Die Zinsen für diese Cash-Reserven (IOER, interest rate on excessive reserves) sanken unter die Zinsen, die am Repo-Markt erhältlich waren. Bei Repo-Geschäften hinterlegen Institutionen, die sich Geld leihen, Staatsanleihen oder als extrem sicher geltende Unternehmensanleihen als Sicherheit für einen kurzfristigen Kredit – der Cash-Verleiher gibt dann am nächsten Tag die als Sicherheit einbahaltenen Anleihen zurück und bekommt dafür das ausgeliehene Cash plus Zinsen wieder zurück.

Mit anderen Worten: es wurde für große Banken attraktiver, als Geld-Verleiher am Repo-Markt aufzutreten als die überschüssigen Reserven bei der Fed zu hinterlegen, weil am Repo-Markt mehr Zinsen zu vereinnahmen waren:

„After the Federal Reserve started to run down its balance sheet in October 2017, reserves contracted, quickly but in an orderly way as intended. Alongside, banks‘ holdings of US Treasuries increased, almost trebling between end-2013 and the second quarter of 2019. As repo rates started to increase above the IOER from mid-2018 owing to the large issuance of Treasuries, a remarkable shift took place: the US banking system as a whole, hitherto a net provider of collateral, became a net provider of funds to repo markets. The four largest US banks specifically turned into key players: their net lending position (reverse repo assets minus repo liabilities) increased quickly, reaching about $300 billion at end-June 2019“.

Vor allem die großen vier US-Banken wurden also zentrale Player am Repo-Markt, indem sie dort lukrativ Geld verliehen gegen die Sicherheit von (Staats-)Anleihen:

„Concurrent with the growing role of the largest four banks in the repo market, their liquid asset holdings have become increasingly skewed towards US Treasuries, much more so than for the other, smaller banks. As of the second quarter of 2019, the big four banks alone accounted for more than 50% of the total Treasury securities held by banks in the United States – the largest 30 banks held about 90%“.

Die großen US-Banken bauten also ihr Bestände an US-Staatsanleihen deutlich aus, während gleichzeitig ihre bei der Notenbank liegenden Cash-Reserven abnahmen – damit schrumpfte die frei verfügbare Liquidität jener vier großen Banken, die sie bisher vorwiegend am Repo-Markt verliehen hatten.

Als dann im August 2019 die US-Schuldenobergrenze ausgesetzt wurde, bediente sich das US-Finanzminsterium zwischen Mitte August und Mitte September bei den bei der Notenbank hinterlegten Reserven, um die schwindenden Cash-Bestände wieder aufzufüllen – sie entzog also damit dem Markt in großem Umfang Liquidität.  Während also die Banken immer mehr Staatsanleihen horteten und ihre Cash-Reserven dadurch schmolzen (was ihre Neigung, Cash zu verleihen, verringerte), brauchte der US-Staat schlicht Liquidität, die er damit dem Markt entzog.

Repo-Markt und Hedgefunds

Und nun kommen die Hedgefunds ins Spiel! Diese waren seit dem Jahr 2017 offenkundig extrem aktiv am Repo-Markt als Geld-Leiher unterwegs. Sie hinterlegten also Anleihen, um dafür Cash zu bekommen – und mit diesem geliehenen Cash betrieben sie offenkundig Arbitrage-Geschäfte, indem sie Preisdifferenzen zwischen den am Cash-Markt für Anleihen bezahlten Kursen und Derivaten ausnutzten, um damit eine (geringe) Marge zu erzielen.

Mit den geliehenen Geldern wiederum kauften sie neue Staatsanleihen, die sie wiederum als Sicherheit am Repo-Markt hinterlegten – um damit dann wieder neue Anleihen zu kaufen und so weiter und so weiter. Als Gegenpart bei dieesen Geschäften traten offenkundig amerikanische Geldmarktfonds (MMF, money market funds) auf, die die Anleihen als Sicherheit annahmen und dafür Cash verliehen an diese Hedgefunds:

„Shifts in repo borrowing and lending by non-bank participants may have also played a role in the repo rate spike. Market commentary suggests that, in preceding quarters, leveraged players (eg hedge funds) were increasing their demand for Treasury repos to fund arbitrage trades between cash bonds and derivatives. Since 2017, MMFs have been lending to a broader range of repo counterparties, including hedge funds, potentially obtaining higher returns.“

Diese Geldmarktfonds hatten zuvor starke Zuflüsse erlebt an Geldern, weil viele Investoren glaubten, dass in den SA eine Rezession bevor stünde und daher in vermeintlich sicheren Geldmarktfonds ihre Mittel parken wollten. Als diese Konjunktur-Sorgen dann aber wieder schwanden, erwarteten die Geldmarktfonds offenkundig, dass wieder Mittel abgezogen werden würden von diesen Investoren – weshalb sie offenkundig mit der Verleihung von Cash deutlich zurückhaltender wurden:

„During September, however, quantities dropped and rates rose, suggesting a reluctance, also on the part of MMFs, to lend into these markets . Market intelligence suggests MMFs were concerned by potential large redemptions given strong prior inflows“.

Faktisch musste also die Fed eingreifen, um einen Kollaps am Repo-Markt zu verhindern. Besorgniserregend ist dabei besonders, dass offenkundig hoch gehebelte Hedgefunds mittels Arbitrage-Geschäften mitmischten – und plötzlich vor dem Nichts standen, weil Liquidität und Cash plötzlich extrem teuer wurden. Gleichwohl besteht täglich ein Refinanzierungs-Bedarf für diese Hedgefonds – und hätte die Fed nicht eingegriffen, wären diese Hedgefunds (vor allem wohl Citadel, Millenium und Point 72) aus Mangel an Liquidität vermutlich kollabiert. Das weckt Erinnerungen an den Kollaps des Hedgefunds LTCM in den späten 1990er-Jahren.

Und das wiederum zeigt: die Dinge gehen so lange gut, bis sie eben nicht mehr gut gehen. Wohl dem, der eine Fed als Retter hat!

Die Fed trat am Repo-Markt als Retter auf



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9 Kommentare

  1. Da wird irgendwas zusammen konstruiert weil man selber keine Ahnung hat! Vorher waren es die Steuerzahlungen und das Treasury Settlement, Jamie Dimon sagt es ist die böse Regulierung, und für die BIS sind jetzt die bösen Hedgefonds schuld.
    Und warum überhaupt Hedgefonds? Nehmen an den amerikanischen Repo Operationen doch nur die Primary Dealer teil oder habe ich da was mißverstanden? Offensichtlich ist es doch ein sehr großes Problem, wenn die Fed ihre Bilanz reduziert weil den US Banken dann die Luft ausgeht.

    Sorry, aber für mich ist die Analyse der BIS kompletter Blödsinn!

  2. ach ja ?? Wir können 88 Kreuze machen wenn solche Infos durchsickern,den Lesern scheint die Wichtigkeit nicht klar zu sein. Aber lieber Makus Fugmann eins fehlt mir jetzt doch,sagen sie mir doch mal was sie persönlich dazu denken und welche Konsequenzen für sie daraus entstehen.

    1. @barthez, ich denke zunächst einmal, dass die BIS ziemlich zuverlässig ist – sie ist durchaus häufig sehr kritisch gegenüber der Politik der Notenbanken. Wenn die Infos stimmen, sind es Sonder-Faktoren, die allerdings systemisch angelegt sind. All das hat zu tun mit der beschleunigten Schuldenaufnahme der Trump-Administration und der Bilanzsumme der Fed. Und ohne die Fed könnte Trump nicht mehr so weiter agieren mit der Verschuldung, auch das scheint klar..

      1. @Markus Fugmann,
        vielen Dank für den Return. d´accord. Was die Hedgefonds tatsächlich (Stichwort -OTC) in die Bücher hedgen,bissel flapsig formuliert,kommt ja sowieso erst nach CHapter11 raus.Aber was
        wissen den die MastersOftheUniverse mehr,sodass sie Überschussliqui nicht aufs Repokonto einzahlen,sondern SolidLongturn Asset reinnehmen.Die Deutsche Bank ist ja auch am Delevaragen.Denn wenn dunkele Wolken aufziehen ,dann ja wohl aus der HighYield/HighRisk Ecke.Man sollte da mit Argusaugen drauf sein ,es könnte ein Timingvorteil rausspringen.Bitte bleiben sie dran .

        1. @barthez72, perfektes Denglisch, da bin ich schon nach CHapter1, Absatz 1, Satz 1 raus.
          „Delevaragen“ bei „dunkelen“ Wolken, das klingt fast romantisch.

  3. Es ist der schiere Wahnsinn, umso mehr Risiken man eingeht umso eher wird man dann gerettet vorausgesetzt man gehört zu den genug grossen, Wahnsinn, Niemand muss niemals mehr für die Risiken zahlen die man eingeht immer steht einer da und haut die aus der kacke, wer die Mittel hat ist ja blöde wenn er da nicht mitmacht, Verluste sind für diese Player ja ausgeschlossen, den sobald man genug gross ist ist die Angst der Staaten vor einem Domino Effekt so gross und dabei spielt es gar keine Rolle ob Norden, Süden, Westen oder Osten, ein komplettes Tollhaus

  4. „Wohl dem, der eine Fed als Retter hat!“ Genau! Und deshalb gehts immer aufwärts, da der FED und den anderen Notenbanken gar nicht mehr anderes übrig bleibt, als um zu retten. Ansonsten gibt es einen Big Bang und vor den US Wahlen nächsten Jahr passiert ohnehin nichts nach unten.

    Korrekturen sind bis dahin Kaufkurse. Ich denke, wir sehen bis zu den US Wahlen nicht einmal mehr eine 10% Korrketur.

    Nach den US Wahlen lassen wir uns dann überraschen.

  5. @zimmermann,
    ja und nein. Wenn da was anbrennt,kann es sein das das vllt. garnicht im Augenwinkel der FED passiert,Hedgefonds gibbet nicht nur in USA.Die Statements die ich so im Ohr hab, weisen schon auf eine gewisse Problematik.Lagarde erwähnte kürzlich „nicht aus dem Ruder laufen“ vllt. meine sie garnicht die Preise. ;-)

  6. Pingback: Aktuelle Meldungen vom 10.12.2019 | das-bewegt-die-welt.de

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