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Russland: Realverzinsung vorhanden, Abkapselung von westlicher Abhängigkeit

Gott bewahre! Wer sind wir, dass wir Ihnen hiermit raten russische Staatsanleihen oder russische Aktien zu kaufen. Wir geben grundsätzlich niemanden einen konkreten Ratschlag für irgendein Investment! Aber hey… in Russland gibt es, unglaublich aber wahr, real positive Zinsen! Denn nicht der offizielle Zins ist entscheidend, sondern die Realverzinsung, also der offizielle Zins abzüglich der Inflationsrate (Steigerung der Verbraucherpreise).

In Euroland ist die Realverzinsung negativ. Der Anleger verliert also Geld, wenn er es auf dem guten alten Sparbuch parkt oder deutsche Staatsanleihen kauft. In Russland gibt es eine deutlich positive Realverzinsung. Bei einem Leitzins von 6,5% und einer offiziellen Inflationsrate von 3,8% liegt der Realzins bei 2,7%. Die russische zehnjährige Staatsanleihe weist derzeit eine Rendite von 6,37% auf. Der Rubel zeigt sich gegen den US-Dollar relativ stabil. Also: Eine interessante Investmentidee? Nochmal… wir empfehlen hier nichts. Das sollte man sich ganz in Ruhe überlegen, ob man Fremdwährungsrisiken eingeht. Der folgende Chart zeigt den Verlauf von Leitzins zu Inflation seit 2010. Seit drei Jahren hält man den Leitzins spürbar über der Inflationsrate.


source: tradingeconomics.com

Unabhängig machen vom westlichen Finanzsystem

Es ist kein wirkliches Geheimnis. Durch die vor fünf Jahren nach der Krim-Annexion eingeführten westlichen Sanktionen musste Moskau sich etwas überlegen. Man werkte wohl spätestens damals, wie abhängig man vom westlichen Finanzsystem war. Und seit geraumer Zeit ist man dabei eine Abkapselung zu vollziehen. Sehr gut sieht man das zum Beispiel an den russischen Goldreserven. Die russischen Reserven in US-Staatsanleihen sind inzwischen soweit gesunken, dass Russland in der Liste der 35 größten Besitzer beim US-Finanzministerium gar nicht mehr gelistet ist. Das Volumen wird also minimal irgendwo kurz vor der Null-Linie liegen.

Gleichzeitig steigt der Goldbestand der russischen Zentralbank immer weiter an. Der folgende Chart zeigt die russischen Goldreserven im Verlauf der letzten 20 Jahre. Ab der Finanzkrise gab es einen Schub beginnend mit 500 Tonnen. Dann ab Beginn der Sanktionen gab es den zunehmenden Aufwärtsschub bei den Goldreserven, ab gut 1.000 Tonnen. Bis jetzt sind sie auf über 2.200 Tonnen angestiegen, und steigen weiter an!


source: tradingeconomics.com

Die langjährige russische Zentralbankchefin Elvira Nabiullina gibt seit einiger Zeit offen zu, dass man eine Politik der De-Dollarisierung betreibe, also ein Ausstieg aus dem US-Dollar. Sie sprach sogar schon davon, dass der US-Dollar ein unzuverlässiges Tool sei. Russland will über seine Zentralbank dafür sorgen, dass neben dem Staat auch Bürger und Unternehmen nicht mehr von Dollar und Euro abhängig sind, was ja gerade bei Krediten in diesem Fremdwährungen zum Problem wird, wenn der Rubel abwerten sollte. Man schafft sogar aktiv Anreize für den Abbau von Fremdwährungspositionen, und achtet darauf, dass nicht zu viel davon in den Büchern russischer Banken vorhanden ist. Eine wirklich totale Unabhängigkeit von westlichen Geldströmen wird man so schnell wohl nicht hinbekommen, aber in Moskau versucht man wohl was machbar ist.

Russland - Roter Platz Moskau
Roter Platz in Moskau. Foto: Alvesgaspar CC BY-SA 3.0



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5 Kommentare

  1. Wie bezahlt Russland denn dann seine Importe, wenn nicht mit westlicher Währung?

    1. In Rohstoffen wie Öl, Gas, Diamanten, etc.?!

      Die für den Zweck sicherlich kurzzeitig in Fremdwährungen verkauft werden, und anschließend wird die Fremdwährung sofort dafür benutzt um die Importe zu bezahlen…

  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Energiewirtschaft_Russlands

    Joe Biden sagte einst „Russland ist eine grosse Tankstelle“

  3. Pingback: *** Aktuelles vom 26.11.2019! Must-Read! *** | das-bewegt-die-welt.de

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