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Kassandrarufe über Rezession und Kollaps aus Russland

Kreml in Russland

Der russische Finanzexperte Mikhail Kogan, Leiter der analytischen Forschungsabteilung an der Higher School of Financial Management, warnt vor einem Zusammenbruch der Weltwirtschaft, wenn der Ölpreis auf 300 Dollar je Barrel steigt. Der Kollaps deute sich bereits jetzt in Form einer steigenden Inflation und einer allmählichen Bewegung in Richtung einer globalen Stagflation, die durch eine Rezession ersetzt werden könnte, an. Über Zusammenhänge dieser wirtschaftlichen Hiobsbotschaft sprach Kogan mit der Nachrichtenagentur Prime am 10. März.

Weltweite Rezession durch gigantischen Anstieg im Ölpreis

Alle Wirtschaftssektoren, einschließlich der Ölindustrie, würden unter solch hohen Preisen leiden, sagte Kogan. Das Hauptproblem sei, dass sich 99 Prozent der Länder dann kein Öl leisten könnten. „Dementsprechend werden sie es zu solchen Werten einfach nicht kaufen. Gleichzeitig kann Öl aufgrund eines starken Rückgangs des Angebots oder eines Anstiegs der Nachfrage solche Werte erreichen, was teilweise auch jetzt zu beobachten ist, wenn Staaten und Unternehmen russisches Öl massiv ablehnen und damit die Kosten für Brent auf die Rekorde von Mitte der 2000er Jahre treiben“, sagte er.

De facto sei dies ein Auslöser für einen vollwertigen Start oder eine Beschleunigung einer Kette aus Stagflation, Rezession und Depression, fasste Kogan zusammen. Bereits der stellvertretende russische Ministerpräsident Alexander Novak hatte im russischen Fernsehen am 7. März katastrophale Folgen für den Weltenergiemarkt vorausgesagt. Demnach kann die Ablehnung des russischen Öls laut Nowak zu einem Anstieg der Ölpreise um bis zu 300 US-Dollar pro Barrel führen. Damit reagierte er auf die zunehmende Diskussion über Importverbote russischer Energieträger und drohte Europa mit einem Gaslieferstopp.

Nach den ergebnislosen Verhandlungen in der Türkei mit dem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba betonte Russlands Außenminister Sergej Lawrow russischen Agenturen zufolge heute, dass Moskau Europa nicht dazu überreden werde, russische Energieressourcen zu kaufen, wenn die EU beschließt, den Import von Öl und Gas aus Russland einzustellen. „Wollen Sie es durch etwas ersetzen? Um Gottes willen! Wir werden Absatzmärkte haben, und die gibt es bereits“, so Lawrow.

Kommt es zur Instarez – Inflation, Stagflation und Rezession?

Wie internationale Medien zugleich berichteten, räumte Kremlsprecher Dmitrij Peskow einen Schock und negative Folgen für die Wirtschaft in Russland ein, die minimiert werden sollen und erklärte: „Das ist absolut beispiellos. Der Wirtschaftskrieg, der gegen unser Land begonnen hat, hat noch nie zuvor stattgefunden. Daher ist es sehr schwer, irgendetwas vorherzusagen.“ Der Circulus Vitiosus aus Angebotsverknappung, Preisspirale, Nachfrageeinbruch und Rezession ist in diesem Kontext ein unheilvolles Szenario. Seinen Nenner findet der Dreiklang Inflation, Stagflation und Rezession in der Abkürzung Instarez, die der gängigen Abkürzungspraxis für russische Ministerien, Behörden und Unternehmen folgt.

Bekannte Beispiele dafür sind etwa Gazprom und Rosneft. Gazprom bedeutet Gasindustrie und Rosneft steht für Russische Ölwirtschaft. Wer weiter zurückgeht, findet die Ursprünge der genannten Unternehmen im Ministerium für Erdöl- und Gaswirtschaft der UdSSR, kurz Mingazprom. Alles war unter diesem Dach untergebracht. Denn die Devisen aus Öl und Gas waren die Lebensgrundlage der Sowjetunion. Auch für Präsident Wladimir Putin sind sie Grundlage zum Überleben seines Regimes. Der Devisenmangel brachte die Sowjetunion am Ende zu Fall, ohne die Welt in den wirtschaftlichen Abgrund zu reißen. Instarez klingt harmlos, wirkt in der Wirtschaft aber fast wie ein Atomschlag, deren genaue Folgen sich vermutlich keiner genau ausmahlen kann. Zugleich können Wirtschaftssanktionen ein wirkungsvolles Instrument sein und bleiben unterhalb direkter militärischer Maßnahmen.



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7 Kommentare

  1. Die Zivilisation wird nicht nur von billiger (was physikalisch dem Produktivitätshebel entspricht) Energie angetrieben, sondern strukturell erst möglich gemacht. Da Zivilisation identisch mit Komplexität ist, Komplexität aber nicht reduzierbar ist, würde ein derartiger Vorgang zu einem echten Zivilisationskollaps führen.

    Da die Fallhöhe heute deutlich höher ist als vor 100 Jahren ist und der „Westen“ im Wesentlichen aus degenerierten, woken Rollatoranwärtern besteht wird nicht nur der Aufschlag härter sein, sondern auch eine völlig neue Weltordnung aus den Trümmern krabbeln.

    Die Zukunft gehört dann afrikanischen Gesellschaftsmodellen. Die kriegen eine Fertilitätsrate größer 5 auch hin wenn das Wohlstandsniveau wieder bei dem des Mittelalters liegt.

    Merke: Die Evolution belohnt immer das maximal Expansive.

    1. Allerdings – wäre Afrika ein völlig isolierter Kontinent würde die Bevölkerung viel langsamer wachsen wegen mangelndem Fortschritt, noch 1950 betrug die Einwohnerzahl Afrikas etwa 300 Mio Menschen, obwohl die Geburtenrate sicher damals nicht geringer war als heute.
      Und falls Afrika dann doch irgendwann eine Einwohnerzahl von 2 oder 3 Milliarden erreichen würden, dann würde es ihnen ähnlich gehen wie den Einwohnern der Osterinseln: Irgendwann wäre der letzte Baum gefällt, die die Menschen würden sich in dauernden Kämpfen um Nahrung auf einem konstanten Niveau halten.

    2. „…und der „Westen“ im Wesentlichen aus degenerierten, woken Rollatoranwärtern besteht…“

      Gehören Sie auch schon zu dieser Gruppe? Falls ja, heiße ich Sie herzlich willkommen! ;-)

  2. degenerierten, woken Rollatoranwärtern

    Da hattest du mich, wobei die Rollatoranwärter am wenigsten woke sind :-)))

  3. Es gibt da einen Unterschied von heute zum Zerfall der Sowjetunion. Damals wurde Russland von den Amis im Rüstungswettkampf
    zu Tode gerüstet..Sogar Weizen mussten sie von Amerika kaufen, die Landwirtschaft war am Boden.Heute ist es eher umgekehrt.
    Die russischen Bären werden die verwöhnten Kuscheltiere im Krisenfall gut überstehen.

    1. Ich finde den (angestückelt wirkenden) trotzigen Schlusssatz amüsant. „Ja, es wird schlechter, wir werden leiden, doch wir müssen uns selbst beschädigen und das ist notwendig und gut!“
      Ich erzähle schon seit vielen Jahren jedem der es hören möchte, dass wir mE in einer niedergehenden überhitzten Hochkultur – vergleichbar mit Rom im vierten Jahrhundert nChr – leben. Man braucht sich doch nur umzuschauen, was für hochmoralische Nicht-Themen, Stichwort öffentliche Toiletten für ein viertes Geschlecht, diskutiert werden oder wie die Lebensmodelle vieler Menschen – nämlich möglichst wenig beitragen, heute maximal konsumieren ohne Rücksicht auf das Morgen, wo uns ohnehin der Staat auffängt – aussehen. Punkte wie die Finanzkrise, der Brexit, Trump oder nun ganz massiv die Ukrainekrise beschleunigen nur diesen Abwärtstendenz.
      Wir erleben dzt einfach eine schmerzhafte gesellschaftliche Korrekturbewegung. Der Glauben, dass alles nur besser wird ist gleich naiv wie ’stocks always go up‘.
      Wieso erzählt uns Frau Lagarde denn monatlich Märchen? Weil die Wahrheit, dass die Inflation neben anderem das Friedensprojekt EU und Euro sprengen wird, niemand hören will. Unser Schiff hängt schon am Eisberg und überall dringt Wasser ein, doch wieder tanzen aufgemascherlt noch immer Walzer.

  4. Wenn die deutsche Regierung keine Deutschen Interessen vertritt sollten sich die Bürger nicht wundern, dass ihr Wohlstand jetzt goodbye sagt. Da ist ein kommender Blackout erst der Anfang….Dummheit wird immer bestraft

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