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Kichererbsen gegen Mandarinen Russland macht mit Tauschgeschäften mobil

Russland hat dank Sanktionen große Probleme bei Geldtransfers. Jetzt nimmt der Tauschhandel mit dem Ausland stark zu. Hier zeigen wir konkrete Beispiele.

Kreml in Moskau
Kreml in Moskau. Foto: Yulenochekk-Freepik.com

Die Anleitung zum Tauschhandel trägt in Russland Früchte. Damit zum Jolkafest am Jahresende Mandarinen unter dem Weihnachtsbaum liegen, schloss der russische Agrarhändler Astarta-Agrotrading mit der pakistanischen Meskay & Femtee Trading Company Anfang Oktober dementsprechende Abkommen. Diese sehen den Tausch von Kichererbsen gegen Reis, Kartoffeln und Mandarinen vor. Tauschgeschäfte sollen aus der Sanktionsschlinge helfen und Zahlungsprobleme beheben. Eine Anleitung dafür hat das russische Wirtschaftsministerium entwickelt.

In Russland gibt es wieder kein Geld zum Bezahlen

Im Rahmen des ersten pakistanisch-russischen Handelsinvestitionsforums in Moskau hätten sich die Agrarhändler aus Russland und Pakistan auf ein Tauschhandelssystem geeinigt, berichtete die russische Nachrichtenagentur das TASS am 1. Oktober. Laut dieser Vereinbarung soll Astarta-Agrotrading 20.000 Tonnen Kichererbsen im Austausch von 20.000 Tonnen Reis aus Pakistan exportieren. Ein zusätzlicher Vertrag lege fest, dass die russische Seite 15.000 Tonnen Kichererbsen und 10.000 Tonnen Linsen gegen 15.000 Tonnen Mandarinen und 10.000 Tonnen Kartoffeln liefern soll.

„Russland und Pakistan haben gewisse Schwierigkeiten, gegenseitige Zahlungen zu leisten. Deshalb haben die beiden Unternehmen beschlossen, einen Tauschhandelsmechanismus einzuführen“, erklärte der stellvertretende pakistanische Handelsminister Nasir Hamid. Er nannte die Vereinbarung einen „historischen Moment“ und sagte, er hoffe, dass es in Zukunft weitere ähnliche Deals geben werde.

Wie brenzlig die Zahlungsengpässe in Russland sind, brachte Witaly Kalugin auf den Punkt. „Die 90er sind zurück – wieder gibt es kein Geld zum Bezahlen: Im Sinne von globalen Geldmitteln wie Dollar. China ist nicht besonders erpicht darauf, Yuan auszugeben, und illiquide Rupien bereiten Kopfzerbrechen. Rubel sind, wissen Sie, auch keine Option. Dort, im Ausland, braucht sie wirklich niemand“, zitierte Nowyje Iswestija am 19. September den russischen Finanzanalysten in einem Bericht zur Anleitung für Bartergeschäfte vom Wirtschaftsministerium.

Banken schränkten Transaktionen mit Russland ein

Transaktionen über Banken scheinen in Russland in Folge von Sanktionen derart um sich zu greifen, dass Tauschgeschäfte salonfähig werden. Probleme im russisch-chinesischen Zahlungsverkehr kamen Ende Dezember 2023 auf. Chinesische Banken begannen Medienberichten zufolge, Zahlungen in Dollar aus Russland zu verweigern, da solche Transaktionen sich in den Vereinigten Staaten leicht nachverfolgen lassen.

Vor dem Hintergrund der Gefahr sekundärer Maßnahmen schränkten dann auch kleine Banken in China wie Banken in der Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate Transaktionen mit Russland ein. Im Juli begannen chinesische Finanzorganisationen zwischen sauberen und dreckigen Yuan mit Verbindung zu Russland zu unterscheiden. Derzeit finden laut Iswestija im August bei 98 Prozent der chinesischen Banken keine direkten Transaktionen in Yuan statt.

Navigator für Tauschgeschäfte soll helfen

Russische Importeure ärgerten sich laut Nowyje Iswestija mit Zahlungsschwierigkeiten mit der Türkei und China herum und zahlten an Vermittler hohe Provisionen für neue Zahlungswege. Den Ausweg aus dieser Misere sollen ein Experiment zur Verwendung von Kryptowährungen und eine Instruktion zum Tauschhandel weisen. Doch damit beweg sich das Land „zunehmend weg vom Markt hin zu einer Wirtschaft mit Glasperlen und Fantasiepreisen.

Das Handbuch des Wirtschaftsministeriums trage den Titel Navigator für Außenhandels-Tauschgeschäfte. Dieser beschreibe detailliert, wie, mit wem und für welches Geld man im 21. Jahrhundert Waren tauschen kann und soll. Demnach sind drei Arten von Tauschgeschäften vorgesehen. Die einfachste Art davon ist der geschlossene Tausch, an dem zwei Unternehmen wie jetzt die beiden Agrarhändler beteiligt sind. „Zum Beispiel kann Unternehmen A Unternehmen B Rohstoffe liefern, und Unternehmen B kann technologische Ausrüstung bereitstellen“, erklärten die Autoren des Navigators.

Die zweite Variante richtet sich auf offene Tauschgeschäfte mit bis zu zehn beteiligten Unternehmen, bei dem keine grenzüberschreitenden Transkationen stattfinden und etwa chinesische Unternehmen einander in China und russische Unternehmen in Russland bezahlen würden. Wie das bei diesem Konstrukt jedoch genau funktionieren soll, darauf hatte Ekaterina Kizevich, CEO von ATVIRA keine Antwort.

„Das Neue ist das vergessene Alte“

Die dritte Variante nennt sich Tolling, Gebührensystem, bei dem ein Unternehmen seine Produktionsanlagen oder Ausrüstung an ein anderes Unternehmen leiht, um eine bestimmte Arbeit auszuführen oder Waren herzustellen. Dies sei ein Gruß aus den neunziger Jahren. „Es ist beängstigend, sich daran zu erinnern, wie Russland damals ausgeplündert wurde. Das Neue ist das vergessene Alte. Das Wort selbst hat jetzt eine negative Bedeutung“, erklärte Kalugin.

Tolling und die russische Aluminiumindustrie seien bis 2004 ein Synonym für die Ausplünderung des Staates gewesen. Dieses sei so undurchsichtig, da der Staat keine Möglichkeit hatte, verlässliche Informationen über die Einnahmen oder Ausgaben der Unternehmen zu erhalten, und selbst die Namen der Eigentümer blieben lange Zeit ein Rätsel. Das Wirtschaftsministerium empfiehlt nun offensichtlich, zu dieser Goldgräberzeit zurückzukehren.

Agrarhändler in Russland will Tauschgeschäfte ausweiten

Sind die letzten zwei Varianten für Tauschgeschäfte auch russischen Experten offenbar undurchsichtig und mit Fragen behaftet, trägt die erste Variante nun Früchte. Astarta Agrotrading mit Sitz in Saratow und einer der größten Händler von Agrarprodukten in Russland, soll in den nächsten zwei Wochen mit dem Export von Kichererbsen nach Pakistan beginnen, berichtete Interfax am 4. Oktober. „Der Vertrag für die Mandarinen wird von Dezember bis Mai ausgeführt“, erklärte Stanislaw Newejnizyn, Profiteur von Astarta Agrortrading. Die Lieferungen sollen per Straßentransport stattfinden. Gleichzeitig müssten noch Fragen zur Lieferung mit den Zollbehörden und der russischen Landwirtschaftsbehörde geklärt werden, um auch ein großes Zolllager einzurichten.

„In Pakistan besteht eine große Nachfrage nach Hülsenfrüchten, deshalb müssen wir die Bauern in Saratow dazu ermutigen, mehr davon anzubauen, und wir können garantierte Verkäufe organisieren“, sagte Newejnizyn. Ihm zufolge ist zudem geplant, solche Handelsbeziehungen mit anderen Ländern, insbesondere mit Usbekistan und Aserbaidschan, zu organisieren. „Es wurden bereits Verhandlungen mit Aserbaidschan über die Lieferung von Tomaten und Granatäpfeln geführt. Letzte Woche war ich in Aserbaidschan und führte die Verhandlungen“, sagte Newejnizyn.

Exotische Früchte scheinen folglich hoch im Kurs zu stehen, was an frühere Zeiten erinnert, als diese knapp waren und als besondere Beigabe unter dem Weihnachtsbaum Platz fanden. Für Russland ist der Tauschhandel offenbar der Hebel, um Sanktionen und Zahlungsengpässe zu umgehen und an begehrte Produkte heranzukommen. Wie die Blütezeit im Tauschhandel mit China aussieht, ist noch etwas nebulös, aber laut Medienberichten aktiv im Gespräch. Möglicherweise laufen erste Durchgänge bereits.



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7 Kommentare

  1. Moin, moin,

    Tauschgeschäfte sind m.E. per se nicht unbedingt schlecht. Lieber ein Tauschgeschäft, als kein Geschäft. Wenn Währungen nicht funktionieren oder der Geldaustausch blockiert wird, dann bleibt nur Ware gegen Ware.

  2. Und immer noch träumen manche märchentiefe Blauaugen von goldgedeckten BRICS-Währungen.
    Scheint irgendwie nicht zu funktionieren.
    Man tauscht nicht Gold, sondern Kichererbsen😄.

  3. DermitdemHellmuttanzt

    Wollte uns nicht @Helmut weiss machen, dass die beiden Zahlungssyteme SPFS und CIPS super funktonieren?

    1. Das neue CPS (Chickpea-Payment-System=Kichererbsenzahlungssystem) soll hervorragend funktionieren.
      Hab schon mal Kichererbsen gekauft und ins Schließfach gelegt.
      Die Rally wird episch werden.

    2. Kichererbsen gegen Reis, Russland macht sich so langsam lächerlich – zum „totkichern“. Man mag es mögen oder nicht mögen, aber am Dollar vorbei Welthandel zu betreiben, ist schon eine sehr herausfordernde Angelegenheit. Die BRICS-Währungsträume, zerplatzen wie Seifenblasen in der Luft.

  4. Irgendwie schwant mir Böses. Unsere hybris könnte ganz bitter bestraft werden.

    The Atlantic schreibt:
    Ein Beispiel dafür ist Himars, die Langstreckenraketenartillerie, die von den USA in einem irrsinnig langsamen Tempo bereitgestellt wurde. Vor einem Jahr war Himars das meistgefragte System auf dem Schlachtfeld. Heute liegt die Erfolgsquote bei weniger als 10 Prozent, was auf die russischen Innovationen im Bereich der elektronischen Kampfführung zurückzuführen ist. Jede von Himars abgefeuerte Rakete kostet etwa 100.000 Dollar.

    Lese ich ihre Artikel über Habeck…. Wer ist der Pariastaat?

  5. Tauschhandel ? Man sollte sich generell nicht darüber lustig machen.
    Es ist ein eindeutiges Misstrauen gegen das Geld-Schuldsystem.
    Sich zurücklehnen und meinen der USD wird es eh richten,ist genauso falsch,wie den Versuch
    der BRICS generell zu unterschätzen.In der Realität sitzen der USD/Raum als auch die
    BRICS in einer Zwickmühle mit noch absolut offenen Ausgang.
    Nur scheint die BRICS Gemeinschaft,dass heißt nahezu alle Staaten,die unmittelbar dabei sind,
    als auch nennenswerterweise diejenigen,die sich alle Optionen offen halten, aktiver nach neuen Lösungen
    außerhalb des USD Dollarsystems zu suchen.
    Das westliche Zahlungssystem wird in dieser Form nicht endlos halten.Darüber sind sich selbst die
    heftigsten Befürworter im Klaren.

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