FMW-Redaktion
Saudi-Arabien hat jahrelang gut vom hohen Ölpreis gelebt und konnte daher einen schönen großen Berg an dreistelligen Milliardenbeträgen in Fremdwährungen anhäufen, vor allem in US-Dollar. Mangels heimischer Anlagemöglichkeiten für so große Summen liegen große Beträge in ausländischen Aktien und Anleihen. Das Peak, also der Höhepunkt der jahrelangen Geldanhäufung, wurde erreicht im Jahr 2014.
Genauer gesagt im 3. Quartal 2014 hatte man ein Auslandsvermögen von 667 Milliarden Euro erreicht, wenn man den heutigen Wechselkurs ansetzt. Dieser Zeitpunkt korrespondiert exakt mit dem Start des „Ölpreis-Kriegs“ der OPEC gegen die Fracker in den USA. Die OPEC erhöhte ihre Fördermengen, der Ölpreis zerlegte sich von da an zügig von über 100 Dollar auf unter 30 Dollar. Er liegt jetzt immer so um die 50 Dollar, und hat sich somit lange noch nicht erholt.
Heute 2 1/2 Jahr später, leben die Fracker immer noch, aber durch den niedrigeren Ölpreis produziert der saudische Staatshaushalt mangels alternativer Einnahmequellen konstant fette Defizite, die man durch die Reserven ausgleichen muss. So liegt der Geldberg jetzt im April „nur noch“ bei 440 Milliarden Euro. Von 667 auf 440 Milliarden Euro in nicht mal drei Jahren – das ist ein Rückgang von satten 34%. Alleine in diesem Jahr gingen die Reserven von Januar bis April um 32 Milliarden Euro zurück. Ein kontinuierlicher monatlicher Abbau.
Daran sieht man, wie groß das konstante Loch im Staatshaushalt ist. Denn bei hohen Ölpreisen konnte man wunderbar dem Volk großzügig Benzin- und Stromsubventionen zukommen lassen. Darüber hinaus versorgte man sehr viele Menschen mit Arbeitsplätzen im Staatssektor. Mit den aktuell noch 440 Milliarden Euro Auslandsvermögen liegt der saudische Staat (also der König) so tief wie seit 2011 nicht mehr. So schön diese große Summe auch ist – bisher steht keine große Industrie zur Verfügung, mit der alternativ zur Ölproduktion Wertschöpfung erzielt werden könnte um Geld ins Land zu bekommen, falls die Öl-Verkäufe auch zukünftig die Löcher nicht stopfen können.
Der saudische Finanzminister betont aktuell im 1. Quartal habe sich der Staat aus dem Vermögen nichts zum Stopfen der Haushaltslöcher entnommen. Dennoch gibt es diese dramatischen Rückgänge. Das kann nur bedeuten, dass man sich jetzt bereits Geld entnimmt um damit die groß angekündigte Investitionsoffensive zu starten, die vier Jahre lang andauern und ca. 50 Milliarden Euro Volumen haben soll. Es soll wohl eine Art Stimulus-Paket für den privaten Sektor sein.
Im Jahr 2018 soll der Verkauf von 5% der staatlichen Ölgesellschaft Saudi-Aramco grob geschätzt um die 100 Milliarden Dollar bringen. Aber auch das Geld soll nicht für den Haushalt, sondern für einen staatlichen Investitionsfonds verwendet werden. Die Sparmaßnahmen der Regierung bringen aller Wahrscheinlichkeit nach das BIP-Wachstum in diesem Jahr (ohne Öl) fast zum Erliegen. Wie weit, ist noch unklar. Wer seine Wirtschaft ewig lange nur aufs Öl ausrichtet, hat eben ein echtes Problem, wenn der Ölpreis nicht mehr hoch genug ist.
Übrigens: Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass das Abschmelzen des saudischen Vermögens in so gigantischem Ausmaß auch immer ein Spiegelbild hat. Denn wo der niedrige Ölpreis dort zu Verlusten führt, spart der Konsument in den Öl-Verbrauchsländern langfristig gesehen viel Geld, das er für andere Dinge ausgeben oder auf die hohe Kante legen kann.
Saudi-Arabien´s König Salman ibn Abd al-Aziz. Foto: Secretary of Defense / Gemeinfrei
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Und wieder ein sehr guter Beitrag, denn die Auswirkungen eines niedrigen Ölpreises werden aus meiner Sicht völlig unterschätzt. Trotz aller Bestrebungen, sich von der Abhängigkeit des Ölverkaufs zu lösen, trägt das schwarze Gold immer noch über 70% der Staatseinnahmen von Saudi-Arabien, der größten Volkswirtschaft im arabischen Raum. Wenn der Ölpreis u. a. durch die US-Fracker – aber nicht nur – wieder nach Süden läuft und sich dort längere Zeit aufhält, bekommen viele OPEC-Staaten ein ganz heftiges Problem. Und wer glaubt, das würde die Weltwirtschaft und die Börsen nicht beeinflussen können, der träumt auch von warmen Eislutschern.
Wer nicht in der Lage ist, mit 667 Milliarden eine zum Öl alternative Wirtschaft für etwa 30 Millionen Einwohner zu schaffen, fällt hoffentlich wieder in den Status des Kameltreibers zurück. Wer Alimente an 7000 Prinzen bezahlt, von denen jeder die größte Jacht, die tollste Sammlung an Sportwagen, Golfplätzen, Wüsten-Wolkenkratzern und weitere pubertäre Trophäen sein Eigen nennen will, muss irgendwann dafür bezahlen, dass er die halbe Welt jahrzehntelang mit zufällig vorhandenen prähistorischen Abfallprodukten zum Narren gehalten hat.
Traurig ist: Die Fracker mit ihrer extrem umweltschädlichen Methode gewinnen Rückenwind.
Noch trauriger ist: Alternative Energien wie Wasserstoff oder Brennstoffzellen im Allgemeinen, Solarenergie, Windkraft u.v.m. werden nach wie vor in Forschung und Entwicklung, in Vermarktung und Realisierung derart stiefkindlich behandelt, als hätten wir noch immer ewig Zeit.
Die alternativlosen, denkfreien Narzissten an den Börsen, die ihren Highschoolabschluss nicht geschafft haben, wird es freuen.
Guter Kommentar!