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Schrottkredite in der Coronakrise – wie die EU die Banken entlasten möchte

Banken würden sich wohl über eine Entlastung für Schrottkredite freuen

Schrottkredite werden offiziell eher als notleidende Kredite bezeichnet, oder auf englisch als Non Performing Loans (NPL). Dies sind Kredite, bei denen die Schuldner ihre monatlichen Raten nicht mehr an die Banken zahlen können. Die Kredite sind daher nichts oder fast nichts mehr wert, je nachdem ob man glaubt, dass der Schuldner in Zukunft wieder bessere Zeiten erleben wird. Eigentlich müssten solche Schrottkredite von den Banken als Verlust abgeschrieben werden, was zu sinkendem Eigenkapital führt. Dies wiederum ist ein Riesenproblem. Denn Banken müssen alle neue vergebenen Kredite mit einem kleinen Teil Eigenkapital als Puffer für mögliche Verluste unterlegen. Weniger Eigenkapital bedeutet also weniger Möglichkeit zur Kreditvergabe.

Steuerzahler und private Spekulanten sollen Banken helfen die Schrottkredite zu entfernen

Auf EU-Ebene scheint man sich durchaus bewusst zu sein, dass eine Lawine von Schrottkrediten auf die Banken zurollt. Das Problem bestand schon 2019, wurde aber in 2020 durch die Coronakrise massiv verschärft. Wie groß der Berg der Schrottkredite inzwischen tatsächlich ist, kann man als Außenstehender nicht abschätzen. Denn erst vor wenigen Tagen haben die europäischen Bankenaufseher (EBA) eine Regelung reaktiviert, die bis Ende März 2021 gelten wird („Reaktivierung der Leitlinien zu allgemeinen Zahlungsmoratorien“). Demnach müssen die Banken Schrottkredite erst einmal nicht als solche deklarieren oder abschreiben.

Aber die EU möchte wohl versuchen mit einigen Maßnahmen vorzusorgen, und einen besseren Rahmen zu schaffen, damit Banken Schrottkredite loswerden können. Dafür hat die Kommission heute ihre Strategie vorgestellt. Gleich vorweg: Die Zeche soll zu einem guten Teil wohl der Steuerzahler zahlen. Dies verpackt man mit dem Begriff „Nationale Vermögensverwaltungsgesellschaften“. Damit meint man staatliche Auffanggesellschaften, die den Banken Schrottkredite abkaufen. Wohl zum vollen Nominalwert von 100 Prozent der Forderung? Oder zu einem geringeren Kurs, aber immer noch völlig überhöht, wenn die Forderung wertlos ist? Dann würde der Verlust beim Steuerzahler landen, und die Banken stünden gut da.

Aber die EU will auch Kreditmarktplätze stärken, wo private Spekulanten Schrottkredite mit guten Preisabschlägen von den Banken abkaufen können. So würden Banken wenigstens noch geringe Restwerte für ihre Forderungen erhalten. Besser schnell ein wenig Cash erhalten, als überhaupt kein Geld mehr zu sehen? Hier die beiden wichtigsten Ideen der EU-Kommission im Wortlaut:

Weiterentwicklung der Sekundärmärkte für notleidende Aktiva: Dadurch können notleidende Kredite aus den Bankbilanzen entfernt und gleichzeitig Schuldner besser geschützt werden. Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung wäre die Annahme des Kommissionsvorschlags über Kreditdienstleister und Kreditkäufer, über den zurzeit im Europäischen Parlament und im Rat beraten wird. Die darin vorgesehenen Vorschriften würden für einen besseren Schuldnerschutz an den Sekundärmärkten sorgen. Zur Erhöhung der Markttransparenz hält die Kommission die Schaffung einer zentralen elektronischen Datenplattform auf EU-Ebene für sinnvoll. Eine solche Plattform würde als Datenregister für den Handel mit notleidenden Krediten fungieren, einen besseren Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten (Kreditverkäufern, Kreditkäufern, Kreditdienstleistern, Vermögensverwaltungsgesellschaften und privaten NPL-Plattformen) ermöglichen und so einen effizienten Umgang mit notleidenden Krediten sicherstellen. Gestützt auf eine öffentliche Konsultation will die Kommission die verschiedenen Möglichkeiten für eine Datenplattform auf europäischer Ebene prüfen und die beste Vorgehensweise festlegen. Eine mögliche Option wäre eine entsprechende Ausweitung des European DataWarehouse.

Förderung von Einrichtung und EU-weiter Zusammenarbeit nationaler Vermögensverwaltungsgesellschaften : Vermögensverwaltungsgesellschaften entlasten in Schwierigkeiten geratene Banken, indem sie diesen die Möglichkeit geben, notleidende Kredite aus ihren Bilanzen zu entfernen. So können sich die Banken wieder auf die Kreditvergabe an gesunde Unternehmen und Haushalte konzentrieren, statt notleidende Kredite zu verwalten. Die Kommission steht bereit, die Mitgliedstaaten, die solche nationalen Vermögensverwaltungsgesellschaften schaffen wollen, bei deren Errichtung zu unterstützen, und will ausloten, wie die Errichtung eines EU-Netzwerks aus nationalen Vermögensverwaltungsgesellschaften die Zusammenarbeit fördern könnte. Während die nationalen Vermögensgesellschaften über wertvolle Kenntnisse der Gegebenheiten im jeweiligen Land verfügen, könnte ein EU-Netzwerk den Austausch empfehlenswerter Vorgehensweisen ermöglichen, für die Durchsetzung von Daten- und Transparenzstandards sorgen und die Koordinierung von Maßnahmen erleichtern. Darüber hinaus könnte das AMC-Netzwerk die Datenplattform zur Koordinierung und Zusammenarbeit nutzen und Informationen über Anleger, Schuldner und Dienstleister austauschen. Ein Zugriff auf Informationen über Märkte für notleidende Kredite wäre aber nur möglich, wenn bezüglich der Schuldner alle einschlägigen Datenschutzvorschriften eingehalten werden.

Hier noch zwei weitere Ideen der EU-Kommission, die für die Beseitigung der Schrottkredite aus den Büchern der Banken weniger wichtig erscheinen. Zitat:

Reform der EU-Vorschriften zu Unternehmensinsolvenzen und Schuldenbeitreibung: Dies würde helfen, die verschiedenen Insolvenzrahmen in der EU einander anzunähern, und zugleich für anhaltend hohe Verbraucherschutzstandards sorgen. Größere Übereinstimmung bei den Insolvenzverfahren würde die Rechtssicherheit erhöhen und die Rückgewinnung von Vermögenswerten zum Nutzen von Gläubigern und Schuldnern gleichermaßen beschleunigen. Die Kommission fordert das Parlament und den Rat dringend auf, bei dem von ihr 2018 vorgelegten Legislativvorschlag zur beschleunigten außergerichtlichen Realisierung von Sicherheiten zügig zu einer Einigung zu gelangen.

Vorsorgliche Maßnahmen : Zwar ist der Bankensektor der EU heute in deutlich soliderer Verfassung als nach der Finanzkrise, doch greifen die Mitgliedstaaten zur Stützung ihrer Wirtschaft nach wie vor zu unterschiedlichen Maßnahmen. Aufgrund der besonderen Umstände der aktuellen Gesundheitskrise sind im Rahmen der EU-Richtlinie zur Bankensanierung und -abwicklung und im Rahmen der Vorschriften für staatliche Beihilfen bei Bedarf vorsorgliche öffentliche Unterstützungsmaßnahmen zulässig.



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