Gas

Schlechtes Zeichen für die Wirtschaft Schwache Industrie: Die Gasnachfrage bleibt gering in Europa

Keine Entwarnung für die europäische Industrie. Erst gestern hat sich bestätigt, was viele bereits geahnt hatten, die Eurozone ist in eine technische Rezession gerutscht. Das gleiche Schicksal ereilte zuvor schon Deutschland, das immerhin die größte Volkswirtschaft der Europäischen Union stellt. Die Schwäche der Industrie spiegelt sich derzeit auch in der Nachfrage nach Gas wider. Der Gaspreis ist zuletzt kräftig eingebrochen, dennoch ist der Verbrauch von Gas in Europa deutlich zurückgegangen. Dies liegt zum einen an der Umstellung auf erneuerbare Energien, aber vor allem auch an den Problemen im Industriesektor.

Beispielsweise sind in Deutschland die Füllstände der Gasspeicher unerwartet hoch. Laut Daten von Gas Infrastructure Europe haben die Füllstände hierzulande im Schnitt bereits 76,15 % (Stand 07.06.) erreicht. Für den kommenden Winter ist das zwar ein gutes Zeichen, aber es signalisiert auch, dass die Industrie weniger Gas verbraucht – also eher ein schlechtes Zeichen für die Wirtschaft.

Industrie: Gasnachfrage geht zurück

Wie Bloomberg berichtet, bleibt die industrielle Nachfrage nach Gas in den größten europäischen Ländern trotz niedrigerer Preise gedämpft, da eine wirtschaftliche Abschwächung den Verbrauch belastet und die Kunden auf erneuerbare Energien umschwenken.

Nach Angaben von S&P Global Commodity Insights ist die Nachfrage nach Erdgas in Deutschland, Italien, den Niederlanden, Frankreich, Spanien und Großbritannien im Mai um 9,7 % gegenüber dem Vorjahr gesunken. Das bedeutet, dass der Verbrauch unter dem Niveau des letzten Jahres liegt, als die Europäische Union versuchte, vor dem Winter Gas einzusparen.

Gas-Nachfrage der Industrie in Europa bleibt gering - Verbrauch geht zurück
Die Gas-Nachfrage der Industrie in Europa geht zurück

Dies ist zwar der geringste Rückgang in einem Monat in diesem Jahr, unterstreicht aber, dass sich die europäische Industrie nur schwer von der Energiekrise erholen kann, die auf den Einmarsch Russlands in der Ukraine folgte. Die Industrietätigkeit im Euroraum schrumpft, und es wird befürchtet, dass ein Teil der Nachfrageausfälle dauerhaft sein könnte.

Gründe für den Rückgang der Gasnachfrage

Laut S&P gibt es auch spezifische Faktoren, die die Nachfrage in einigen der dynamischsten Sektoren in Europa belasten. In der chemischen Industrie hat der Preisverfall bei Ammoniak zu anhaltenden Importen aus den USA und Trinidad und Tobago geführt, während saisonale Wartungsarbeiten der Raffinerien den Gasverbrauch im Mai gesenkt haben.

Der Rückgang der industriellen Gasnachfrage im Mai war auch im rezessionsgeplagten Deutschland mit einem Minus von 15 % besonders ausgeprägt.

Wichtige Verbraucher – von Chemieunternehmen bis hin zu Stahlherstellern – zögerten, ihre Nachfrage wieder zu erhöhen, nachdem ein Rekordanstieg der Energiepreise im vergangenen Jahr sie dazu veranlasst hatte, ihre Produktion zu drosseln. Dies hat dazu beigetragen, dass die europäischen Benchmark-Gaspreise in diesem Jahr um 60 % eingebrochen sind.

Die Abnehmer wenden sich auch alternativen Energiequellen wie Solar und Windenergie zu, um ihre Fabriken zu versorgen.

Die EU-Länder haben ihre freiwilligen Ziele zur Senkung des Gasverbrauchs um 15 % zwischen August 2022 und März dieses Jahres erreicht. Dies ist jedoch zum Teil auf einen milden Winter und höhere Preise zurückzuführen, die die Nachfrage dämpften. Die EU ist weiterhin bestrebt, ihre Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen drastisch zu verringern.

FMW/Bloomberg

Schwache Industrie: Die Gasnachfrage bleibt in Europa gering
Gas pipes at the Radeland 2 compressor station, operated by Gascade Gastransport GmbH, on the European Gas Pipeline Link (EUGAL) in Radeland, Germany. Photographer: Krisztian Bocsi/Bloomberg


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6 Kommentare

  1. Ja, mal weiter so, dann reicht es auch mit Gas und Strom in Deutschland.

    BDI: Deutsche Industriebetriebe verlagern Jobs und Produktion ins Ausland

    https://app.handelsblatt.com/politik/konjunktur/bdi-deutsche-industriebetriebe-verlagern-jobs-und-produktion-ins-ausland/29187926.html

    VW baut auch seine Batteriefabrik in Nordspanien.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

    1. @Helmut
      Bei Ihnen schwingt immer so eine unterschwellige Häme mit, ganz so, als würden Sie sich freuen, wenn deutsche Konzerne ins Ausland abwandern. Nur haben die Pläne von VW nichts mit Abwanderung zu tun. Die Idee eines gesamteuropäischen Wirtschaftsraums und Marktes haben Sie in Ihrem kleinkarierten kleinstaatlichen Nationaldenken offenbar noch nicht im Ansatz verstanden.

      VW baut nicht SEINE, sondern EINE seiner fünft oder sechs geplanten europäischen Gigafabriken in Spanien.
      Dieses europaweite Netz eigener Batteriezellfabriken wurde schon vor über zwei Jahren verkündet und ist ein alter Hut. Es macht ja auch Sinn, in der Nähe der Autofabriken und Tochterfirmen wie etwa SEAT zu produzieren, um die Batterien nicht durch halb Europa karren oder schippern zu müssen.
      Bei dem spanischen Projekt insgesamt geht es auch um ergänzende Produktionsprozesse zur E-Mobilität in diesen Werken, nicht nur um Batterien.
      Außerdem gibt es dort ausreichend grüne Energien für die Produktion, ebenso wie in der schwedischen Gigafactory. Und ohne die macht Batteriefertigung wenig Sinn.

      Übrigens: Sangunt bei Valencia liegt nicht in Nordspanien!

      1. Volkswagen ist nun nicht gerade der Hort kapitalistischen Unternehmertums und der Aktienkultur. Die Ursprünge lagen auf der anderen Seite des Spektrums. Planungen oder Entscheidungen für Standorte müssen nicht aus korrekt wirtschaftlichen Erwägungen getroffen werden. Marktmacht ausspielen oder die Realität zurecht biegen, heißt das. Das Abgreifen von Subventionen oder Blockaden von Standorten für andere Unternehmen gehört dazu. Einem Mittelständler nehme ich eine Standortentscheidung rational ab. Der haftet dann für Fehlentscheidungen. Bei politisch verschränkten Konzernen: Nein, da springt im Zweifelsfall der Steuerzahler ein. Überall in Europa.

  2. Hallo Jonas Tobsch, dann haben Sie den Artikel vom Handelsblatt aber nicht richtig gelesen.
    Und es ist doch offizielle Politik der grünen Sekte, dass alle den der Strom zu teuer ist gehen sollen
    Das tun die Firmen ja auch.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

    1. Hallo Helmut, ich habe mich mit keinem Wort auf den Artikel im Handelsblatt bezogen, sondern auf Ihre Aussage zur Batteriefabrik von VW in Spanien. Schade, dass Sie auf intellektuell-kognitiver Ebene außerstande sind, Aussagen und Inhalte präzise zu erfassen und darauf zu antworten.
      Dafür bekommen Sie das mit der grünen Sekte jedes Mal wieder gut hin, ob es nun genau zum Thema passt oder nicht.

      Viele Grüße aus Valencia, Nordspanien 😂
      Jonas

  3. Hallo Jonas Tobsch,
    ich hatte mich aber auf den Artikel des Handelsblatt bezogen und geschrieben:

    VW hat *A U C H *

    Natürlich investiert VW auch anderswo.
    Und Ihnen wird doch auch nicht entgangen sein, dass schon eine Menge energieintensiver Firmen entweder in Deutschland die Produktion eingestellt haben, oder sie ins Ausland verlegt haben.
    Aber– das ist doch auch das Ziel der grünen Sekte.
    Es wird ja auch eine Menge weniger Strom und Gas verbraucht, und der Fachkräftemangel entspannt sich auch.
    Wer diese Ziele erreichen will, muss so handeln.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

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