Die Quartalszahlen der Unternehmen fielen nicht so schlecht aus wie befürchtet. Die Zinsentscheidung der US-Notenbank war mit +0,75% nicht so groß wie befürchtet, außerdem gibt es Hinweise auf ein „one and done“, also darauf, dass es das vorerst gewesen sein könnte mit Zinserhöhungen in den USA. So konnte der DAX die letzte Woche um 1,7% zulegen, der Dow Jones sogar um 2,8%. Weniger die Meldungen, als vielmehr die Aktienmarktentwicklung war Balsam für die geschundenen Nerven der Anleger. Unser Sentiment für Aktien konnte ERSTMALS seit Jahresbeginn ins Plus drehen: +0,1. Damit ist die Stimmung erstmals wieder neutral.
Auch die Verunsicherung schwindet, wenn gleich sie mit einem Wert von -1,0 noch nicht völlig verflogen ist. Das Wechselbad der Gefühle der vergangenen Monate hat zu tiefe Spuren hinterlassen, als dass man sich nach zwei positiven Börsenwochen schon wieder selbstzufrieden präsentieren könnte. So bleibt die Erwartung mit einem Wert von +0,7 moderat positiv. Zwar dominieren die Bullen, doch wirklicher Optimismus ist das noch nicht. Die Investitionsbereitschaft ist auf +2,9 gesprungen, Anleger sehen also weitere Chancen für die kommenden Wochen. Das Euwax-Sentiment der Privatanleger ist weiter auf einen Wert von inzwischen -6,5 gefallen. Es werden wieder deutlich mehr Absicherungen gegen fallende Kurse gekauft. Es ist ein Zeichen dafür, dass Privatanleger dem Kursanstieg nicht so recht trauen. Die Überzeugung, dass wir den Boden gesehen haben, fehlt.
Das Put/Call-Verhältnis an der Eurex hingegen zeigt mit einem Wert von 1,4 eine eher neutrale Positionierung der institutionellen Anleger an.
In den USA sinkt das Put/Call-Verhältnis der CBOE auf 0,95 und zeigt damit an, dass US-Anleger sich zunehmend für weiter steigende Kurse positionieren. Während hierzulande die Angst vor Energieproblemen im kommenden Winter weiter auf dem Sentiment lastet, scheint man in den USA langsam den Ukraine-Krieg als gegeben hinzunehmen. Energie gibt es in den USA mehr als genug.
US-Fondsanleger haben ihre Investitionsquote von 45% auf 47% leicht erhöht. Damit bleibt die Quote weiterhin niedrig, denn ein Niveau nördlich der 70% gilt als normal. Das Bulle/Bär-Verhältnis in den USA ist auf -12 angestiegen, bleibt aber weiterhin pessimistisch. Der Stimmungsanstieg ist allein auf die rückläufige Zahl der Bären zurückzuführen, denn auch die Anzahl der Bären hat leicht abgenommen. Das Lager der Neutralen ist um 4%punkte auf 32% angewachsen.
Der technische Angst und Gier Indikator des S&P 500 zeigt mit einem Wert von 42% nur noch sehr geringe Angst an. Der wesentlich stärker schwankende Short Range Oscillator ist jedoch auf 8 gesprungen. Ab Werten über 4 spricht man von einer überkauften Marktverfassung. Zumindest kurzfristig ist eine Verschnaufpause zu erwarten.
Sentiment wieder positiv – Interpretation
Zu schnell und zu stark erscheinen die Kursgewinne der abgelaufenen Woche, wenn wir uns die Nachrichtenlage anschauen. Wirklich positive Überraschungen gab es wenige, dafür jedoch viele Meldungen, die nicht so schlimm waren wie befürchtet. Ob das ausreicht, um die Aktienmärkte in eine heftige Rallye zu versetzen, bleibt abzuwarten. Unsere Umfrageteilnehmer zum Sentiment haben daran zumindest ihre Zweifel.
Doch es wäre nicht das erste Mal, dass der Boden einer Korrektur dadurch beschrieben wird, dass es keine Verkäufer mehr gibt. Mag sein, dass Langfristanleger der Situation noch nicht trauen und sich mit dem Aufbau langfristiger Positionen noch zurückhalten. Doch die Verkäufer haben in der abgelaufenen Woche keine neuen Hiobsbotschaften mehr erhalten und beendeten somit ihre Verkäufe. Das allein reichte schon für eine positive Aktienmarktentwicklung.
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Und es wäre nicht untypisch, wenn die Aktienmärkte sich fortan schrittweise weiter erholten, unterbrochen von diversen Verschnaufpausen, in denen die bekannten negativen Entwicklungen nochmals in den Vordergrund treten. Doch sukzessive könnten diese negativen Entwicklungen Lösungen zugeführt werden und wenn der Ukraine-Krieg, die globalen Lieferkettenprobleme und der Inflationsdruck dann gelöst wurden, stehen die Aktienmärkte deutlich höher als heute.
Es bleibt jedoch der Unterschied zwischen Deutschland und den USA. Während wir uns auf einen kalten Winter einstellen, in dem wir nicht wissen, wer wie viel frieren muss und welche Industrien ihre Produktion einschränken müssen, dominiert in den USA die Freude über die zurückgedrängte Inflation. Der Ukraine-Krieg ist weit weg. Lieferkettenprobleme lösen sich derzeit auf. Und Energieknappheit kennt man in den USA nicht. Im Gegenteil, dort gibt es noch immer zu viel Gas, weil der größte Gas-Terminal nach einem Vorfall im Juni noch immer repariert werden muss. Das Gas, das nicht verflüssigt werden kann, muss nun zu Dumpingpreisen auf dem heimischen Markt verbraucht werden.
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