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So kann man sich täuschen: OPEC erwartet keine Ausbalancierung im 1. Halbjahr 2017

Die OPEC aber schreibt heute (was sich zunächst harmlos anhört), dass die weltweiten Öl-Lagerbestände im 2. Halbjahr durch diese Maßnahmen zurückgehen werden - genau soll die Ausbalancierung zwischen...

FMW-Redaktion

Erst gestern berichteten wir, worüber die Öl-Bullen wohl jubeln dürften: Ja, die Internationale Energie-Agentur (IEA) erwartet für das 1. Halbjahr 2017 nicht nur eine Ausbalancierung am Ölmarkt, sondern einen Nachfrageüberhang von satten 600.000 Barrels pro Tag. Das war mal eine klare Aussage gestern! Doch heute dann der große Dämpfer, präsentiert im druckfrischen OPEC-Monatsbericht. Was war passiert? Beide, OPEC sowie die IEA arbeiten anscheinend mit den selben Basisdaten. Die OPEC will ihre Förderung um 1,2 Millionen Barrels pro Tag kürzen, diverse Nicht OPEC-Staaten wie Russland wollen um zusätzliche 0,6 Millionen Barrels pro Tag reduzieren. Dadurch soll die Angebotsmenge laut IEA im 1. Halbjahr deutlich unter die Nachfragemenge zurückfallen.

Die OPEC aber schreibt heute (was sich zunächst harmlos anhört), dass die weltweiten Öl-Lagerbestände im 2. Halbjahr durch diese Maßnahmen zurückgehen werden – genau soll die Ausbalancierung zwischen Angebot und Nachfrage erst im 2. Halbjahr stattfinden, und nicht bereits im 1. Halbjahr! Das hat damit zu tun, dass die OPEC aktuell davon ausgeht, dass die Förderländer außerhalb der OPEC insgesamt nicht so stark reduzieren werden. Kann es jetzt ein Problem sein, dass bei der Reduzierung der Nicht OPEC-Länder so unwichtige Produzenten (Untertreibung) wie Brasilien, Norwegen, Kanada und die USA gar nicht anwesend waren?

Wie auch immer. Die OPEC verweist auf Russland, dass alleine 300.000 Barrels pro Tag kürzen will, und Kasachstan. Man geht in der OPEC-Zentrale hier von anscheinend unveränderten Fördermengen aus. Wie hatten es schon mehrfach erwähnt in den letzten Wochen. Einerseits hat Russland angekündigt die 300.000 Kürzung nach und nach über die nächsten sechs Monate verteilt durchzuführen – und außerdem ist immer noch nicht richtig klar, von welchem Referenzwert aus Russland reduziert.

Die große OPEC-Verkündung basiert auf Oktober-Daten. Wenn Russland von Oktober bis Ende Dezember nochmal kräftig eine Schippe drauflegt bei der Fördermenge, kann die Kürzung von einem höheren Niveau aus eh nur ein Etikettenschwindel sein. Ob die Damen und Herren im OPEC-Sekretariat in Wien, wo dieser Monatsbericht erstellt wurde, das inzwischen auch so sehen? Die Erwartung für das Fördermengen-Wachstum für die USA für das ganze Jahr 2017 wurde durch die OPEC nicht erhöht. Und das bei zuletzt so gut gestiegenen Preisen – mutig!

Auch die OPEC selbst steht vor der Reduzierung ab Januar nicht so glanzvoll da. Im November, also dem Monat vor der Kürzungs-Vereinbarung (Oil Freeze), haben die Mitgliedsstaaten Libyen und Nigeria, die beide offiziell nicht an Kürzungen teilnehmen werden, mehr gefördert. Die OPEC insgesamt erhöhte ihren Ausstoß um 150.800 Barrels pro Tag auf 33,87 Million. Auch hier die (lustige) Frage: Was nützt eine Kürzung, wenn man vorher die Menge noch schnnell raufschraubt?

Selbst der Gruppenführer Saudi-Arabien liefert Daten, die nicht ins offizielle Bild passen wollen. Man hat im November mit 10,72 Millionen Barrels pro Tag gut 200.000 mehr produziert als von der OPEC selbst erwartet wurden. Das Gesamtfazit: Soll die Sache mit dem Oil Freeze ab Januar überhaupt in der Realität funktionieren, müssen wohl die Saudis in Eigenregie deutlich stärker reduzieren, um die Schwindel-Nummern anderer Förderländer auszugleichen. Aber die Saudis erwähnten ja bereits am 30. November sie seien zu stärkeren Kürzungen bereit als offiziell verkündet. Es ist und bleibt eine extrem wacklige Nummer, ob die Fördermengen-Reduzierung überhaupt in der Realität umgesetzt wird!

Den vollständigen OPEC-Monatsbericht Dezember können Sie hier einsehen.

oelpreis
Der WTI-Ölpreis seit 6. Dezember. Der kräftige Anstieg seit letztem Freitag, der durch die Reduzierungszusage vieler Nicht OPEC-Länder zustande kam, ist fast aufgezehrt.



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