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So verrückt geht´s im Augenblick am japanischen Anleihemarkt zu

FMW-Redaktion

Hier mal zwei Beispiele wie verrückt es derzeit am japanischen Anleihemarkt zugeht – dies kann man auch als Vorschau ansehen, was uns in Europa evtl. bevorsteht, wenn es noch eine Zeit lang auch hier so weitergeht mit Negativzinsen und Geldschwemme – denn letztlich machen „wir“ hier in Europa das selbe, was in Japan bereits länger und exzessiver betrieben wird.

Der japanische Staat hat sich in einem obszönen Ausmaß verschuldet. Wo westliche Regierungen darüber streiten, ob eine prozentuale Verschuldung bezogen auf das BIP von 70, 90 oder 100% ok ist, hat Japan schon lange die 200%-Marke hinter sich gelassen. Diese Tatsache an sich ist nicht neu – wir wollten es nur noch mal erwähnen! Man ist also weiter fleißig dabei Schulden zu machen – hinzu kommt die Negativzinspolitik der Notenbank, die die Renditen immer weiter runderdrückt. Der Käufer einer Anleihe kann de facto gar keine Risikoprämie mehr dafür erhalten, dass er sein Geld verleiht, und es vielleicht nicht zurückerhält.

Die größte japanische Bank „Bank of Tokyo Mitsubishi UFJ“ (BTM) will laut Nikkei Asian Review wohl als Primärdealer aus dem Markt für japanische Staatsanleihen aussteigen. Wie in jeder Industrienation läuft die Ausgabe neuer Staatsanleihen über einen Kreis von durch den Staat ausgewählten Banken (Primärdealer), die die neuen Anleihen in ihre Bücher nehmen, und dann entweder am freien Anleihemarkt oder an eigene Kunden weiterverkaufen. In Japan sind es 22 Primärdealer, und BTM war zuletzt noch der zehntrößte Aufkäufer der Staatsanleihen. Aber immerhin, es ist die größte Bank Japans – das ist ein Zeichen.

In Japan sind die Primärdealer gezwungen mindestens 4% der angebotenen Anleihen zu kaufen. Was passiert, wenn die Primärdealer die Anleihen nicht weiterverkauft bekommen? Sie müssen sie in den eigenen Büchern behalten. Und jetzt mit Negativrenditen für neue Anleihen des Staates (zuletzt -0,092%) macht die Bank sogar Verlust, wenn sie die Anleihen auf den eigenen Büchern hält. Also warum soll man weiter als Primärdealer tätig sein? Ausländische Anbieter waren schon abgesprungen aus dem normalerweise erlauchten Kreis der Primärdealer. Die BTM wäre die erste japanische Bank. Die inländischen Banken hielten zuletzt umgerechnet mehr als 2 Billionen US-Dollar in japanischen Staatsanleihen, und diese Summe nimmt seit Kurzem wieder zu. Das ist nachvollziehbar, denn an welche Investoren wollen die Banken denn Anleihen mit Negativrendite weiterverkaufen?

Es ist vorstellbar, dass nach der BTM als größte Bank des Landes auch weitere Banken abspringen werden aus der Staatsfinanzierung. Was wäre die Lösung für den japanischen Staat, wenn die Primärdealer sich immer mehr zurückziehen? Ganz einfach, die Notenbank „Bank of Japan“ könnte die neuen Anleihen direkt aufkaufen. Linke Tasche Rechte Tasche!

Toyota

Das aktuelle Beispiel Toyota zeigt, wie weit die Politik von Notenbank und Staat die Märkte runterdrückt. Toyota konnte jüngst Anleihen für traumhafte 0,001% am Markt verkaufen. Die Anleihe hatte umgerechnet ein Volumen von 163 Millionen Euro. Das ist der niedrigste Zinssatz, für den ein japanisches Unternehmen jemals Geld am Anleihemarkt aufnehmen konnte. Auch am längeren Ende hat Toyota ein paar Tage vorher Rekorde erzielt. Für ca. 330 Millionen Euro auf 10 Jahre zahlt man 0,09% Zinsen, und für 165 Millionen Euro auf 20 Jahre gesehen nur noch 0,34%. Diese für die Firmen paradiesischen Umstände stehen uns ab heute wohl auch in der Eurozone bevor, wo die EZB jetzt startet Unternehmensanleihen aufzukaufen. Dadurch werden die Renditen sinken, der Markt wird geflutet.



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1 Kommentar

  1. Nach dem Paradies kommt die Hölle.
    Das Abspringen der Primärdealer ist nur ein weiteres Zeichen für den Vertrauensverlust. Die stimmungsmäßige Entwicklung verläuft – ebenso wie die Verschuldung im Zinseszins-System – exponentiell. Erst sehr langsam, dann schneller und zum Schluss setzt Panik ein. Dann können die Zinsen auch in Japan sprunghaft steigen. Und dann wird es schwierig für Toyota, Geld zu verdienen. Es bleibt aber dennoch der ursprünglich aufgenommene Kreditbetrag in voller Höhe zurück zu zahlen. Dann werden nur die Unternehmen überleben, die dankend auf das vermeintliche Schnäppchen verzichtet haben.

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