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Viele Investoren wollen einen versöhnlichen Jahresausklang S&P 500: Fed bremst Euphorie – die Suche nach dem Zinsgipfel

S&P 500 Zinsgipfel und die Fed

Das war eine heftige Woche für die Aktienmärkte und ihren „Leitwolf“, den S&P 500: Nach einem goldenen Oktober an den Aktienmärkten gab es in der ersten Novemberwoche einen heftigen Wetterwechsel an den Börsen durch den Fed-Chef Powell persönlich, der spontan und überaus verärgert darauf reagiert hatte, dass trotz eines weiteren großen Zinsschrittes die Aktienmärkte zunächst mit einem Sprung nach oben antworteten.

Aus den Worten Jerome Powells zu Fragen in seiner Pressekonferenz wurde deutlich erkennbar: Eine erneute Bärenmarktrally 5.0 des Jahres 2022 mit einem Anstieg des S&P 500 über die 4000-Punkte-Marke würde die Absicht der Fed konterkarieren die Nachfrage des US-Verbrauchers zu dämpfen, als zentralen Schritt zur Bekämpfung der Inflation. Weil es in den letzten Tagen sehr viele wirtschaftliche Präsenzindikatoren gab, die (immer noch) auf eine überaus resiliente US-Wirtschaft hindeuteten.

Schon erstaunlich, damit nahm Fed-Chef Powell auch keine Rücksicht auf die unmittelbar bevorstehenden Midterm Elections. Keine Unterstützung für die regierenden Demokraten im Land der Aktionäre, die ein „Annus horribilis“ erleben müssen, in einem parallelen Absturz von Aktien- und Anleihekursen. Aber die Zeichen für eine heftige zukünftige Abkühlung der Konjunktur mehren sich, die Märkte werden nicht locker lassen, da man weiß, dass die Fed keine stärkere Rezession zulassen wird. Die Achillesferse der US-Wirtschaft ist eben der Konsum und der Arbeitsmarkt. In den USA gibt es keine Sozialversicherung wie in „Good Old Europe“, bei einem stärkerem Anstieg der Arbeitslosigkeit wäre es rasch vorbei mit der Konsumlust der Amerikaner. Und eine nochmalige Phase opulenten Helikoptergeldes in den USA ist schlichtweg nicht mehr finanzierbar. Ein Rennen zwischen Hase und Igel, zwischen Notenbank und den Aktienmärkten, somit ist eine Jahresendrally trotz einer hawkishen Fed nicht vom Tisch.

S&P 500: Nach einer kühlen Dusche zu Monatsbeginn

Die Korrektur an den Aktienmärkten in den ersten Novembertagen konnte eigentlich niemanden überraschen. Nach einem so überragenden Oktober, der dem Dow Jones ein Plus von 14 Prozent und den besten Monat seit 1976 einbrachte. Oder dem marktbreiten S&P 500 einen Zuwachs von etwa neun Prozent. Ziemlich normale Gewinnmitnahmen, aber auch eine Fed, die von dieser Entwicklung nicht allzu glücklich gewesen sein dürfte. Ein richtiger Spagat für Fed-Chef Powell, um nicht zu „dovish“ zu werden und dann eine Rally auszulösen, die den großen Index rasch über 4000 Punkte hätte hieven können.

Vergessen wir nicht, der US-Verbraucher sitzt immer noch auf 1,7 Billionen Dollar Cash, trotz hoher Inflation und 19 Monaten an realen Einkommenseinbußen.

Die Entwicklung in der abgelaufenen Woche führte den Leitindex zurück in den Bärenmarkt, minus 21,4 Prozent gegenüber dem Jahresanfang:

Wochenchart S&P 500 Anfang November

Der Freitag brachte noch einen versöhnlichen Wochenausklang, die großen Indizes (Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq) konnten alle um über ein Prozent zulegen. Aber die Technologiebörse Nasdaq verlor auf Wochensicht sechs Prozent an Wert, der Zinsanstieg verändert immer mehr die Bewertungsgrundlagen von Growth, Mean Reversion ist immer noch im vollen Gange.

Aber auch der Halbjahres-Chart beim S&P 500 zeigt ein wildes Auf uns Ab, Einbrüche und Rallys, aber der Index steht immer noch auf dem Niveau des Sommerbeginns. Da lagen die Leitzinsen jedoch noch 300 Basispunkte tiefer:

Datei 2 Halbjahreschart S&P 500

Der Ausverkauf von BigTech setzte sich fort

Erstaunlicherweise hält sich der große Aktienmarkt in den USA recht stabil angesichts des Ausverkaufs von BigTech, der nun schon deutlich über drei Billionen Dollar an Marktkapitalisierung der FAANG-Aktien ausradiert hat. Hatte BigTech im letzten Jahr nicht einen Anteil von 27 Prozent im S&P 500? Und aktuell? Noch etwa 20 Prozent, deutlicher könnte der Wechsel von Growth zu Value nicht dargestellt werden. Auch in der letzten Woche setzte sich der Ausverkauf von BigTech fort. Hier die Wochenentwicklung einiger Schwergewichte (3 Stunden vor Handelsschluss):

Amazon minus 13,6 Prozent
Alphabet minus 13,5 Prozent
Apple minus 11 Prozent
Meta Platforms minus 10,4 Prozent
Microsoft minus 9,2 Prozent
Aber: Technolgie ist eigentlich noch immer hochbewertet, im Vergleich zum Gesamtmarkt.

S&P 500: Ein Hin und Her nach den Arbeitsmarktdaten am Freitag

Selten war man so gespannt auf den neuesten Job Report des Bureau of Labor Statistics, weil sich die Fed sehr auf diesen nachlaufenden Indikator stützt. Die Märkte wussten den ganzen Handelstag nicht so richtig mit den Daten umzugehen, entschieden sich aber schlussendlich für die optimistische Sichtweise, die meine These von einer immer noch möglichen Jahresendrally stützt.

In Kurzform:

261.000 neu geschaffene Stellen (erwartet 200k), die Septemberzahlen von 263.000 auf 315.000 nach oben revidiert, die Stundenlöhne bei +0,4% zum Vormonat höher erwartet, und mit +4,7% zum Vorjahresmonat wie erwartet (Prognose war +0,3% zum Vormonat und +4,7% zum Vorjahresmonat, die Septemberzahlen bei +0,3% und +5,0%)
Die US-Arbeitslosenquote liegt bei 3,7% (Prognose war 3,6%, Vormonat 3,5%). Die Beteiligungsquote (participation rate) steht bei 62,2% (Vormonat 62,3%).
Aber unter der Oberfläche beginnt sich ein Wechsel des (oberflächlich) so robusten Arbeitsmarktes abzuzeichnen. Die Qualität des Stellenaufbaus verändert sich, ein Abbau bei gut bezahlten Jobs nimmt Formen an. Lance Roberts beschreibt in diesem Tweet, warum die Fed die Lage falsch einschätzen könnte:

Tweet L.Roberts October Employment Fed irrt

 

Die von Markus Fugmann dargelegte unterschiedliche Zählweise von Arbeitsstellen und Arbeitslosen ist sicherlich eine Möglichkeit die Zahlen vor bestimmten Gelegenheiten (Wahlen) aufzuhübschen. Aber warum ist dann die Zahl der offenen Stellen so gestiegen, auf 10,71 Millionen?

Die Nöte der Federal Reserve

Das Thema wiederholt sich eigentlich von Monat zu Monat, von Fed-Sitzung zu Fed-Sitzung. Es geht um die Straffung der Financial Conditions, als „Conditio sine qua non“, um die Nachfrage in den USA zu verringern. Aber die Märkte konterkarieren dieses Ansinnen mit ständigen Bärenmarktrallys etwa beim S&P 500, die die Fed jetzt schon vier Mal in Folge mit hawkischen Pressekonferenzen zu einem Ende gebracht hat.

Deshalb auch schon vor Monaten die These: Ist Rezession der Preis für sinkende Inflation? Die Rettungspakete (zum Schutze des Konsums) haben zu einem unglaublich großen finanziellen Polster geführt, in Zeiten mangelhafter Ausgabemöglichkeiten. Aber auch die Aktienmärkte sind aus Sicht eines ganzen Zyklusses nicht so sehr gefallen. Der Wilshire 5000, die Gesamtheit der US-Aktien lag zu Jahresbeginn bei 45,7 Billionen Dollar, jetzt sind es bestimmt noch etwa 35 Billionen, also immer noch fast das Vierfache des Tiefs vom März 2009. Ergo: Bei einem starkem Aktienmarkt gibt es auf die Schnelle keinen substanziellen Rückgang im Konsum.

Mittelfristig werden sich die Zinsen auswirken, ohne Frage, wahrscheinlich sogar sehr abrupt. Der Mensch ist sehr wechselhaft in seinem Verhalten, beim Umschalten von „Himmelhoch jauchzend“ auf „Zu Tode betrübt“. Mit ein Grund dafür, warum Ökonomen so in ihren Prognosen danebenliegen (müssen). Die Fed befindet sich doch in einem Dauerdilemma. 2021 hatte man die Inflation als vorübergehend qualifiziert und sogar noch vor sechs Monaten schloss Fed-Chef Powell einen großen Zinsschritt von 75 Basispunkten aus – anschließend gab es vier Anhebungen in dieser Größenordnung. Die Fed ist eine Getriebene der Märkte.

Die US-Notenbank brachte stets ihre Entschlossenheit bei der Bekämpfung der Inflation zum Ausdruck, die Mörkte wissen aber, dass es hierbei einen Pivot (einen Umkehrpunkt) geben wird. 94 Billionen Dollar Schulden vertragen keine Volcker-Zinsen. Ein ständiger Kampf um die Glaubwürdigkeit der US-Notenbank, fast schon wie der sprichwörtliche Kampf zwischen Hase und Igel.

Die Anzeichen für eine nachgebende Inflation

Täglich mehren sich die Signale für eine nachgebende Inflation, sich vom November bis spätestens Frühjahr 2023 verstärkend. Bereits mehrfach wurde über den Basiseffekt kommentiert, wenn die Daten auf Jahressicht (Beginn Ukraine-Krieg) verglichen werden. Hier nur noch zwei Beispiele über den Kampf der Fed gegen eine ausufernde Inflation, der eigentlich – ohne dem Auftreten neuer exogener Schocks – in der mittelfristigen Betrachtung bereits gewonnen ist. Die Frühindikation zum Consumer Price Index, die „Prices Paid“-Komponente befindet sich im Absturz:

Tweet L.Roberts US-Inflation likely to slow Fed

Aber es gibt noch einen Indikator, der zeigt, wie der Druck in der Pipeline der Inflation nachlässt.

Es sind die Aussagen des Chefs der größte Containerfirma der Welt, die nahezu alles auf hoher See befördert. Von der dänischen Gesellschaft À-P. Moller-Maersk, bei der Bekanntgabe der Quartalszahlen. Dieser Logistiker, seit 1996 die Nummer eins auf der Welt mit über 730 Containerriesen und 67 Terminals in 42 Ländern, beschrieb die Situation im globalen Handel wie folgt:

– Die Frachtraten befinden sich im freien Fall.
– Die Lieferkettenprobleme haben sehr stark nachgelassen und
– man sehe eine sinkende Nachfrage aufgrund der drohenden globalen Rezession

Wann leitet der Anstieg der Zinsen eine Rezession in den USA ein?

Jerome Powell musste auf seiner Pressekonferenz natürlich auch zur Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA Stellung beziehen, die Frage nach einem Soft Landing kam wie erwartet. „Possibility for a soft landing has narrowed, hard to say, still possible“ seine Antwort, kurzum: Er ist sich durchaus bewusst, dass der schnellste Zinsanstieg in der Geschichte der Federal Reserve zu einer Bremsung wirtschaftlichen Wachstums führen wird, deshalb auch seine etwas befremdliche Feststellung, man habe die Werkzeuge um im Falle eines „Overtightenings“ gegenzusteuern. „Es wird nicht mehr so lange dauern, bei diesem Anstieg der Kapitalmarktzinsen Mr. Powell“, die 10-jährigen US-Staatsanleihe, als Benchmark für nahezu alle Konsumentenkredite, ist in den USA skyrocketing:

Langzeitchart 10-jährige US-Staatsanleihen

Zumal sich erst recht die Immobilienkreditzinsen in immer größere Höhen bewegen, auf über sieben Prozent. Was dies an monatlicher Belastung bedeutet, wurde auf finanzmarktwelt.e bereits vielfach dargestellt.

Der US-Hausmarkt befindet sich in einer heftigen Korrektur und was gelegentlich vergessen wird: Nicht Aktien oder Anleihen sind die größte Assetklasse, nein es sind die privaten Immobilien, zumal diese in den USA auch noch als weitere Möglichkeit zur Schuldenaufnahme genutzt werden.

Was läuft eigentlich beim Dax 40?

Die Großinvestoren wenden sich von Europa und dem Dax ab, Milliarden Euro werden aus Fonds abgezogen. Wie viele US-Großinvestoren haben in den letzten Wochen und Monaten davon gesprochen, den alten Kontinent in ihren Portfolios untergewichten zu wollen?

Überall klangen und klingen hierzulande die Alarmglocken:

ZEW, Ifo-Index, Frühindikatoren, abstürzende Auftragseingänge in der Industrie, Erzeugerpreise von aktuell immer noch 41,9 Prozent, Rezessionsanzeichen und, und, und.

Und dann diese Entwicklung seit Anfang Oktober:

Der Dax konnte in den letzen fünf Wochen um 7,5 Prozent zulegen, der so empfohlene US-Aktienmarkt in Gestalt des S&P 500 gerade einmal ein Prozent. Seit seinem Tief von 11.863 Punkten im September ging es mit dem Index bereits um 13 Prozent nach oben. Obwohl sich der deutsche Leitindex mit über 50 Prozent in angelsächsischen Händen befindet, gibt es für diese Divergenz zwei kurzfristige Erklärungen.

Zum einen ist der Dax kein Abbild der deutschen Konjunktur, mit all seinen internationalen Geschäften und bei der jüngsten Quartalssaison gab es die ein oder andere positive Überraschung.

Was wiederum einige Shortseller auf dem falschen Fuß erwischt haben dürfte, erinnern wir uns an die gigantischen Wetten gegen europäische Konzerne, die Großinvestor Ray Dalio im Sommer eingegangen war.

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Die Bedingungen für einen versöhnlichen Jahresausklang

Um etwas ins Spekulieren zu kommen. Was müsste also geschehen (oder nicht passieren), damit es in den noch gut 35 Handelstagen bis Jahresultimo noch zu einem kleinen Finale an den Börsen kommt? Etwa einem Anstieg bei S&P 500 auf 4150 Punkte?

Natürlich darf es geopolitisch keine bösen Überraschungen geben, wie den Einsatz schmutziger Waffen im Ukrainekrieg, aber auch keine Pleiten im Finanzsektor (Pensionsfonds, Banken, Immobilienfirmen).

Beim Ausgang der US-Zwischen-Wahlen am kommenden Dienstag wäre ein Verlust beider Kammern durch die Demokraten aus Sicht der Börse gar keine so große Katastrophe. Weil es dann eben nicht mehr zu schuldenfinanzierten Konjunkturprogrammen kommen würde.

Die Inflationsdaten dürfen keine negativen Überraschungen liefern, der Markt hat einen Rückgang eingepreist. Ein neues Delta zwischen dem Soll und dem Ist würde den S&P 500 und andere Indizes auf dem falschen Fuß erwischen.

Aber es müssen auch die täglichen Milliardenbeträge an die Märkte fließen, in Form von Aktienrückkäufen. Die Genehmigungen haben in der aktuellen Berichtssaison noch einmal zugenommen, man kann die Dollarzeichen in den Augen der Bonus-verwöhnten Geldmanager schon blinken sehen. Der Tweet von Lance Roberts: Nicht einmal ein maues Börsenjahr kann sie stoppen – noch nicht!

Tweet L.Roberts Buybacks Authorized S&P 500

Fazit

Das Börsenjahr 2022 hat bereits Geschichte geschrieben, angetrieben vom prozentual schnellsten Zinsanstieg aller Zeiten. Die Auswirkungen in der Wirtschaft werden immer deutlicher, die Frühindikatoren zeigen immer mehr in Richtung Rezession, aber auch der Immobilienmarkt zeigt extreme Zeichen der Abkühlung. Nur die Inflation wandert in den USA nur sehr langsam nach unten, ebenso wie der Arbeitsmarkt.

Alles in allem wird damit wieder einmal deutlich, was der US-Staat und die US-Notenbank im Umfeld von Corona für kapitale Fehlanreize gesetzt haben.

Die US-Administration, weil sie über mehrere Rettungspakete derartig viele Milliarden Dollar an Konsumenten und Wirtschaft ausgeschüttet hatte, dass selbst jetzt noch Millionen Amerikaner nicht bereit sind zu den aktuellen Löhnen zu arbeiten. Weil es eben immer noch 1,7 Billionen Dollar auf Geldkonten gibt.

Zum anderen die US-Notenbank, die viel zu lange gewartet hat, um eine ausufernde Inflation zu bekämpfen. Wieso erklärte man im November 2021 die Bekämpfung der Inflation zur Top Priority und wartete noch vier Monate, um dann einen fast wirkungslosen Zinsschritt von 25 Basispunkten zu setzen?

Gab es schon einmal ein Jahr, in dem Aktien und Anleihen gemeinsam so in den Keller rauschten?

Tweet Bilello Stocks-Bonds 1976-2022

Immer wieder wird gefordert, dass die Fed die Zinsen auf Höhe der Inflationsrate anheben müsste, um diese substanziell zu bekämpfen. Kann man aus dieser Grafik nicht entnehmen, welche brutale Folgen eine zu starke Zinsanhebung für die angelsächsischen Vorsorgesysteme hätte, mit Pensionskassen die reihenweise vor der Pleite stünden?

Die US-Notenbank muss jetzt Augenmaß bei ihren weiteren Maßnahmen an den Tag legen, weil es sonst zu einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit kommen wird. Für das Konsumland USA wäre dies viel fataler, als in anderen westlichen Industriestaaten, denn in Übersee gibt es keine großen Schutzmechanismen für die Arbeitslosen. Ein gewaltiger Einbruch der US-Wirtschaft wäre die Folge. Auch wenn immer wieder der Kampf des Hardliners Paul Volcker zum Vorbild genommen wird, aber damals war der Staat und die Gesellschaft nicht mit fast 400 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt verschuldet. Ergo: Der Zinsgipfel ist nur eine Frage der Zeit.

Der S&P 500 und die Aktienmärkte insgesamt nehmen diesen Moment sehr wahrscheinlich vorweg, damit besteht für die Bullen immer noch die Hoffnung eines schadenmindernden Jahresausklangs. Getrieben von einer historisch hohen Cashquote bei den Großen, bei einer erheblichen Underperformance der aktiven Fondsbranche gegenüber der Benchmark, und den Abermilliarden an Dollars, die durch genehmigte Buybacks in den letzten gut 35 Handelstagen noch an die Märkte fließen werden.

Und möglicherweise unterstützt von einer Fed, die bei ihrer Sitzung am 14. Dezember, fast genau neun Monate nach ihrer ersten Zinsanhebung 2022, registrieren muss, dass ein „Overtightening“ in einem hochverschuldeten Land doch keine tolerierbare Option darstellt.



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6 Kommentare

  1. Herr Müller.
    Könnte man es evt. auch anders sehen / interpretieren?
    Z.B.
    – seit die FED die Anhebung der Zinsen angekündigt hat, kämpft der Aktienmarkt ständig dagegen an mit dem
    Argument, daß bei der Verschuldung eine Zinsanhebung nicht möglich ist, und dabei Gefahren einer aus –
    ufernden Inflation falsch einschätzt ?
    – und jedes Mal bekommt der Aktienmarkt dann die kalte Dusche ?
    – daß die FED es ernst meint und tatsächlich die Zinsen in den realen Positivbereich anheben will / wird?
    – daß die FED die Gefahren der sich verfestigenden Inflation als wesentlich höher einschätzt, als eine Re-
    zession – auch und insbesondere für den „armen“ Verbraucher?
    – die FED nicht den Weg der Türkei einschlagen will ?
    – Bridgewater ganz gut lag in der Einschätzung und nun an den Tiefs einiger Aktien mit satten Gewinnen aus-
    gestiegen ist (SAP, Vonovia; BASF, Adidas usw)?
    – bisher eigentlich im Job-Markt nur große Ankündigungen von den Firmen erfolgte?

    Ich bin überzeugt und verwette mein Vermögen darauf, daß wir den Zinsgipfel irgendwann sehen werden. Und ich glaube, daß wir in diesem Jahr eine „erzwungene“ Jahresendrally sehen werden. Das Erwachen würde dann mit dem Jahreswechsel – wie so oft – erfolgen.

    1. @jumpin1. Hallo, mit den letzten beiden Sätzen könnten Sie recht haben. Es gibt aber auch hier einen Punkt zu bedenken. Wenn sich dann eine Gewinnrezession bei den Unternehmen abzeichnet, der Konsum schwächeln und der Arbeitsmarkt drehen sollte, wird es zum Ende des monetären Gegenwinds kommen. Und Sie kennen meinen Spruch zum monetären Faktor und der Börse..! Auch wenn dies nicht zu einer neuen Hausse führen dürfte, die Bremsfaktoren habe in einem Artikel über eine möglicherweise verlorene Dekade versucht darzustellen. Grüße

  2. Ich glaube, daß noch Salz in die Suppe gehört.

    Ein Wahnsinniger und ein Seniler steigen demnächst in den
    US-Wahlkampf ein. Der eine mit „senior moments“, der
    andere mit einem Register von Rechtsstreitigkeiten. Das
    Ganze in einem tief in Rot und Blau gespaltenen Land.
    Auf den Trümmern steht dann Elon Musk, der mit den Resten
    von Twitter und tausender Satelliten seine Meinung zu der
    Unseren macht und Präsident wird.

    Manchmal denke ich: Wir schlagen uns am Rande einer
    Apokalypse besser noch schnell die Bäuche voll.

  3. Herr Müller: Ihr Namensvetter mit dem Vornamen Dirk vertritt die Auffassung, dass das primäre Ziel der FED garnicht die Bekämpfung der Inflation ist. Sondern dieses Ziel ist China zu Fall zu bringen, um es so zu schwächen, dass auf absehbare Zeit ein Überholen der USA als Weltmacht #1 nicht möglich sein wird. Und zwar will man China über den bereits strauchelnden Immobilienmarkt mittels der hohen Zinsen, die ja auch dort Negatives bewirken den Garaus machen. Der Wirtschaftskrieg der beiden Rivalen soll deshalb schon voll im Gange sein. So soll hinter den Lockdowns in China nicht Corana als der wahre Grund stehen sondern die bewuste Unterbrechung der Lieferketten nach USA und damit das Anheizen der Inflation dort. Und seit dem Fall von Evergrande schießen die USA mit steigenden Zinsen zurück. Hat Powell evtl. von Biden einen größeren Auftrag als die Inflation in den USA zu bekämpfen? Gerade den Demokraten sind derartige Manöver zuzutrauen. Und die Rezession in den USA wird dann als Kollateralschaden in Kauf genommen. In diesem Licht betrachtet, macht es mehr Sinn, dass Powell den bereits im Gange befindlichen Rückgang der Inflation geflissentlich übersieht. Wenn dem so ist, bleibt jetzt die spannende Frage, ob die USA oder China länger den konfrontativen Kurs durchhalten. Ist es ein Anzeichen für ein Weichwerden Chinas, dass man dort jetzt ein Nachlassen der Covid-Restriktionen in Aussicht stellt. Die Führung in China hat sicherlich mehr Bammel vor einem Aufstand der Massen, wenn diese befürchten würde ihren hart erarbeiteten Wohlstandzuwachs der letzten Jahrzehnte wieder zu verlieren. Biden dagegen sagt sich vielleicht, dass es innerhalb der USA eh schon so stark knirscht, dass seine Felle soundso schon davon geschwommen sind und lässt es deshalb auf die offene Auseinandersetzung im Land ankommen?

  4. @Jörg P. Guten Morgen. Da haben Sie sicherlich einiges an zutreffenden Punkten im Kampf um die Vorherrschaft zwischen den USA und China. Aber vergessen wir nicht was die KP Chinas und damit auch Xi Jinping am meisten fürchtet: Soziale Unruhen im Land und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Als sich im Zuge der weltweiten Finanzkrise 2009 über 100 Millionen chinesische Wanderarbeiter auf den Weg in ihre Heimat machten, legten die Machthaber das größte Infrastrukturprogramm in der Geschichte auf. China war in der Folge für die Hälfte des globalen Wachstums verantwortlich. Das Land stand für die Hälfte der Rohstoffnachfrage und man baute auf Halde – mit über 60 Mio. leerstehenden Wohnungen. Das Wachstum fällt aktuell so wie seit 1992 nicht mehr. Nicht ungefährlich für ein Land bei dem der 5-Jahresplan eine Verdoppelung des BIPs/Einwohner vorsieht. Aber so einfach dürfte es für China nicht sein, einfach über eine weitere Provokation von Lieferengpässen die Inflation in den USA anzuheizen. Man sitzt selbst auf einem sozialen Pulverfass. Die USA haben ihrerseits kein Interesse an einer noch länger währenden Phase der Inflation. Diese wirkt wie eine Sondersteuer für einen Großteil der Bevölkerung und sprengt das Land, ganz besonders in den gespaltenen USA.
    Grüße

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