Anleger fragen sich mit Blick auf das größere Bild: Kann sich der US-Aktienmarkt nach dem Rückschlag der letzten Wochen stabilisieren, kann es mit S&P 500 und Co wieder aufwärts gehen? Jetzt gibt es einem Schwenk gen Süden von einer wichtigen Bullen-Stimme in New York. Einer der größten Optimisten der Wall Street gibt seine Erwartungen für große Gewinne in diesem Jahr auf, da er davon ausgeht, dass die Zölle die amerikanischen Unternehmen am härtesten treffen werden.
Die Strategen der Deutschen Bank-Filiale in New York unter der Leitung von Bankim Chadha senken aktuell ihr Jahresendziel für den S&P 500 um 12 % auf 6.150 Punkte (aktuell 5.376 Punkte, Rekordhoch 6.147 Punkte). Damit bleibt zwar noch ein Aufwärtspotenzial von 14 % gegenüber dem Schlusskurs vom Mittwoch, aber das bedeutet, dass der Index nur die seit seinem Höchststand im Februar erlittenen Verluste wieder wettmachen wird. Bis zu dieser Änderung hatten die Strategen eine der optimistischsten Prognosen für den US-Leitindex abgegeben.
Das Team um Chadha rechnet außerdem mit einem Rückgang der Gewinne im S&P 500 um 5 % in diesem Jahr, während der Konsens von einem Wachstum von 8 % ausgeht. „Angesichts der potenziell erheblichen Auswirkungen der angekündigten Zölle, die US-Unternehmen wahrscheinlich überproportional treffen werden, senken wir unsere EPS-Schätzung für den S&P 500 für 2025 von 282 USD auf 240 USD“, schrieben die Strategen laut Bloomberg in einer Mitteilung und fügten hinzu, dass die Konsensprognose von weiteren Abwärtskorrekturen bedroht sei.
US-Aktien sind am stärksten von der aggressiven Handelspolitik von Präsident Donald Trump betroffen, die das Vertrauen in US-Vermögenswerte erschüttert hat. Eine Aussetzung der ursprünglichen Ankündigungen löste eine Erholungsrally aus, aber der S&P 500 bleibt in diesem Jahr um fast 9 % im Minus, und der Bloomberg Dollar Index ist um 6,5 % gefallen. Analysten sind aufgrund des Risikos einer Konjunkturabkühlung bereits pessimistisch hinsichtlich der Gewinnaussichten, wobei die Bandbreite der Gewinnrevisionen – also das Verhältnis von Aufwärts- zu Abwärtskorrekturen – für den US-Leitindex extreme Tiefststände erreicht.
Die Strategen schätzen, dass die neu revidierten Zollsätze den effektiven Satz für Warenimporte von 2,3 % auf 26,4 % erhöhen würden, was effektiv eine Steuererhöhung von 800 Milliarden Dollar bedeuten würde. Dem stehen laut ihren Angaben im Jahr 2024 insgesamt etwa 500 Milliarden Dollar an US-Bundessteuereinnahmen aus Unternehmenssteuern gegenüber. Kurzfristig rechnen sie damit, dass der S&P 500 in einer breiten Spanne zwischen 4.600 und 5.600 Punkten handeln wird, da die Positionierung der Aktien auf den Tiefststand ihrer historischen Bandbreite gefallen ist – was bedeutet, dass der Markt bei positiven Nachrichten anfällig für Erholungsrallyes ist. Der Index notiert derzeit bei 5.376 Punkten.
Für eine nachhaltige Verbesserung muss die US-Regierung ihre derzeitige Handelspolitik zurückfahren – was die Strategen für wahrscheinlich halten, da der Druck auf die Regierung mit der sich verschlechternden Wirtschaftslage zunimmt. Je länger dies jedoch dauert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Rezessionsanzeichen abzeichnen. „Eine glaubwürdige Kehrtwende erfordert wahrscheinlich einen deutlichen Rückgang der Zustimmungswerte“, schrieben Chadha und sein Team. “Nach der anfänglichen Hochphase tendieren die Zustimmungswerte dazu, sich an der wirtschaftlichen Entwicklung und insbesondere am Verbrauchervertrauen auszurichten.“
FMW/Bloomberg
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Moin, moin,
was brennt eigentlich zuerst? Die USA oder die EU?
M.E. wird die USA schnell wieder auf Normal-Null schwenken, wenn die Lage es erfordert. Eines sind die Amis auf alle Fälle, Pragmatiker. Hierzu im Gegensatz die EU. Die EU ist nicht pragmatisch, sondern ideologisch. Ergo Pragmatiker gegen Ideologen.
Bis ein „Zurück-Schwenk“ der USA einsetzt, solange werden die Prognosen nach unten kommen und die Märkte phasenweise fallen. Dazu passt dann auch der Artikel. Prognosen werden nach unten angepasst.
Nur leider ist Trump ganz und gar kein Pragmatiker. Warum den die Wähler gewählt haben, erschließt sich mir kein bisschen. Das war so ähnlich wie beim Brexit, wo den Leuten das Blaue vom Himmel erzählt wurde. Merz hat das ja genauso gemacht, aber mit dem Ergebnis jede Änderung unmöglich zu machen.