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S&P 500: Notenbanken, Inflation und der Arbeitsmarkt

Der S&P 500 im Juni im Bann der Notenbanken

Die Wall Street hatte es am Freitag zum Börsenschluss fast geschafft: Man beendete den Monat Mai beim S&P 500 mit einem Miniminus von 0,6 Prozent (nach einem Plus von 6% im April) und verabschiedete sich feiertagsbedingt in ein langes Wochenende. Der Monat Juni steht an und man wartet auf weitere Hinweise über den Verlauf der weltweit steigenden Produzenten- und Güterpreise (transitory?), auf neue Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten und vor allem, was die drei großen Notenbanken in ihren Sitzungen daraus ableiten.

S&P 500: Juni 2021 und der Basiseffekt

Bei all den extremen Daten, die derzeit über die Wirtschaftsticker gelaufen, gilt es stets einen kleinen Blick auf die Basiswerte von vor einem Jahr zu werfen. Vor zwölf Monaten war der große Ausverkauf an den Aktienmärkten fast schon wieder aufgeholt: Der große S&P 500 und der deutsche Leitindex waren in nur fünf Wochen vom 20. Februar bis zum 23. März um 30 beziehungsweise 40 Prozent gefallen, anschließend schoss die Börse so schnell nach oben, dass die Shortpositionen vieler Anleger sehr schnell aus dem Geld liefen, mit einer der schlechtesten Perioden für Hedgefonds überhaupt.

„Es ist Konsens, dass die gewaltige Geldflut der Notenbanken und der Regierungen durch diverse Rettungspakete den außergewöhnlichen Börsen-Hype initiiert hat. Vom 23. März bis zum 8. Juni gab es einen 45 Prozent-Anstieg beim S&P 500 und einen 57 Prozent-Sprung beim Dax“, so hieß es in einem Artikel auf FMW.

Dann aber parallel hierzu die gewaltigen Einbrüche in den BIPs der westlichen Industriestaaten, zwischen 10 und 20 Prozent, Werte, die es seit Generationen nicht mehr gegeben hat. Schuld daran hatte ein Lockdown, der zeitweise weltweit vier Milliarden Menschen in häusliche Quarantäne gezwungen hatte.

Die Nachrichtenlage war extrem schlecht, man rechnete damit, dass die Volkswirtschaften bis 2023 oder gar 2024 brauchen würden, um ihr Vor-Corona-Niveau wieder zu erreichen. Dementsprechend reagierten die Unternehmen mit ihren Sparmaßnahmen, man reduzierte Kapazitäten, auch die Rohstoffproduzenten, da die Nachfrage (und die Preise) regelrecht in den Keller stürzten.

Damals ahnte man in der Wirtschaft noch nichts von der schnellsten Entwicklung eines Impfstoffes gegen ein Virus in der Geschichte der Menschheit.

Aber genau das ist die Problematik der Gegenwart! Die Geldflut durch Notenbanken und Regierungen (Arbeitslosenunterstützung und Helikoptergeld) und eine Impsstory, bei der innerhalb von nur sechs Monaten demnächst 50 Prozent der Menschen in den westlichen Industrieländern erstgeimpft wurden, führen zu einem Nachfrageschub, dem das Angebot nicht standhalten kann. Lieferengpässe, Anstieg der Transport- und Produktionskosten, anschließend auch der Verbraucherpreise – das ist das Thema der Gegenwart für die Märkte. Obwohl es aufgrund der oben beschriebenen Rahmenbedingungen eigentlich zwangsläufig so sein muss, keiner hatte davon eine Vorahnung, kein Ökonom ein Modell und deshalb herrscht jetzt großen Rätselraten, ob der gewaltige Inflationschub, der im Monat Juni einen neuen Höhepunkt erreichen wird, nur vorübergehend sein wird.

Nach bisherigen Erfahrungen braucht es sechs bis 12 Monate, bis sich die Kapazitäten der Produzenten wieder richtig hochfahren lassen, bei der aufwändigen Produktion von Computerchips noch deutlich länger.

Ob daraus ein längerfristiger Inflationsschub resultiert, ist wiederum von mehreren Faktoren abhängig. Vom Lohnverhalten der Arbeitgeber und Gewerkschaften, von der Fähigkeit der Unternehmen die Preise auf Dauer oben zu halten (aufgrund bestimmter Monopolstellungen), aber auch vom Verhalten der Konsumenten. Mündet das in einen längeren Konsumrausch oder werden die Menschen aufgrund der Minizinsen nicht viel Kapital doch für die Altersvorsorge liegen lassen? Die Frage nach der Geldumlaufgeschwindigkeit.

Aber noch mehr kommt ein Prinzip zu tragen, welches im Wirtschafts- und Börsen geschehen eine zentrale Rolle einnimmt, das Prinzip der Reflexivität. Anders als bei Corona, das wie ein Blitz vom Himmel fiel, ist die Diskussion um steigende Preise langsam schon Monate alt, d.h. die Marktteilnehmer richten ihr Verhalten danach aus! Die Produzenten indem sie Pläne schmieden, um von den steigenden Preisen zu profitieren, sprich um die Produktion zu erhöhen und die Konsumenten indem sie bei höherwertigen Gütern Ausgaben vorziehen, in Erwartung, dass diese später teurer werden.

Genauso wie es Tausende Inhaber von Ölheizungen getan haben, in dem sie im Dezember 2020 nach getankt haben, im Bewusstsein, dass im Januar 2021 die Preise um fast 10 Cent steigen werden (CO2-Abgabe). Ein Prinzip, welches mit starren Modellen stets missachtet wird. Oder noch mal mit anderen Worten: Desto öfter und länger über ein kommendes Ereignis gesprochen, wird desto mehr Zeit man hat sich darauf vorzubereiten, desto weniger wird nach Ablauf der Zeit in dieser Richtung geschehen. Welchen Ökonomen wird es überraschen, wenn die Verbraucherpreise im Monat Juni noch mal einen Sprung nach oben machen, wie es aufgrund des Basiseffekts schon x-mal kommuniziert wurde?

Juni 2021, Arbeitsmarkt, Inflation und die Notenbanken

Die andere Problematik, die sich auf einer dauerhaften Preiserhöhung ergibt, ist natürlich der innere Zusammenhang mit den Zinsen am Kapitalmarkt. Diese werden durch die Notenbank schon seit längerer Zeit unten gehalten, in noch nie da gewesener Dimension, um, wie es die US-Notenbank betont, die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt zu stützen. Demzufolge kommen den neuen Arbeitsmarktdaten am Freitag in dieser Woche wieder einmal größere Bedeutung für den S&P 500 zu. Der Arbeitsmarkt hinkt für gewöhnlich hinter der allgemeinen Entwicklung hinterher (lagging indicator) und dennoch ist die Höhe der Arbeitslosigkeit der Eckpfeiler für die US-Notenbank, um ein Tapering, also eine Rückführung der Notfall-Anleihekäufe hinauszuschieben.

Waren die Aprilzahlen ein vorübergehender Ausrutscher oder eine Tendenz für den weiteren Beschäftigungsaufbau?

Die Anleihekäufe sind nach Lage der Dinge nirgendwo mehr nötig, um die Wirtschaft anzuschieben oder gar um die Preise von der Gefahr einer deflatorischen Entwicklung zu stützen.

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