Je länger der Aktienmarkt ansteigt, desto schwieriger haben es pessimistische Prognosen. Dann Anlagestrategen können nicht ständig weiter fallende Kurse prognostizieren, wenn ihre Kunden sehen, dass ihnen große Gewinne durch die Lappen gehen. Unlängst kapitulierte beispielsweise der Mega-Bär Mike Wilson von Morgan Stanley. Umso erstaunlicher ist es jetzt, dass die größte Bank der USA mit so einer klaren Aussage vorprescht. Der S&P 500 Index steuert zwar auf ein neues Rekordhoch zu, doch Marko Kolanovic von JPMorgan ist der Meinung, dass der globale Leitindex in den kommenden Monaten angesichts des zunehmenden Gegenwinds – von einer sich verlangsamenden Wirtschaft bis hin zu Gewinnkorrekturen nach unten – schwächeln wird.
S&P 500 soll auf 4.200 Punkte fallen
Der S&P 500 dürfte bis zum Jahresende auf 4.200 fallen, was einem Rückgang von etwa 23 % gegenüber dem Schlusskurs von letzte Woche Donnerstag bei 5.483 entspräche, so sagte es der Chefmarktstratege von JPMorgan und sein Team laut Bloomberg am Freitag in einem Ausblick zur Jahresmitte. Marko Kolanovic bekräftigt mit seiner Einschätzung die Forderung, an der er das ganze Jahr über festgehalten hat, auch wenn andere Wall Street-Prognostiker ihre Vorhersagen angehoben haben, um mit dem Anstieg der Aktienkurse Schritt zu halten. Das Ziel von JPMorgan ist das niedrigste unter den von Bloomberg erfassten Strategen. Die durchschnittliche Jahresendprognose von 5.317 Punkten impliziert einen Rückgang von etwa 3 %.
Konjunkturzyklus
„Es gibt eine klare Diskrepanz zwischen dem enormen Anstieg der US-Aktienbewertungen und dem Konjunkturzyklus“, schreiben die Strategen und fügen hinzu, dass der Anstieg des S&P 500 um 15 % seit Jahresbeginn angesichts der schwindenden Wachstumsprognosen nicht gerechtfertigt ist. „Es besteht das Risiko, dass in den kommenden Quartalen das Gegenteil der hoffnungsvollen Erwartungen eintritt, d.h. dass sich das Wachstum verlangsamt, die Inflation fest bleibt und die langfristigen Zinssätze nicht drastisch sinken.
Kolanovic lag 2022 und 2023 daneben
Die Strategen von JPMorgan heben sich von den Megabanken der Wall Street ab, indem sie auf das Risiko eines großen Ausverkaufs der US-Aktien hinweisen. Kollegen von Firmen wie Goldman Sachs, Citigroup und Bank of America haben ihre Ziele für den S&P 500 in diesem Jahr stetig nach oben korrigiert. Und der Stratege Mike Wilson von Morgan Stanley, der im letzten Jahr Kolanovic bei seinen bärischen Aufrufen zur Seite stand, hat wie gesagt aufgehört, solche Warnungen auszusprechen.
Marko Kolanovic hat sich schon mal geirrt: Er blieb 2022 optimistisch, als der S&P 500 um 19 % einbrach, und blieb 2023 bei seiner pessimistischen Einschätzung, als die Benchmark um 24 % stieg. Er sieht den Optimismus rund um Aktien jetzt mit Skepsis, da seiner Meinung nach wichtige Wirtschaftsindikatoren ins Stocken geraten sind und die Verbraucher Anzeichen von Verzweiflung zeigen.
Außerdem könnte die Federal Reserve weniger Zinssenkungen vornehmen als vom Markt erwartet, was die Wirtschaft und die Aktienbewertungen in der zweiten Jahreshälfte weiter unter Druck setzen würde, so Kolanovic. Der S&P 500 hat in diesem Jahr bis Donnerstag bereits 31 Schlussrekorde aufgestellt. Ein Schlüssel dazu ist die Begeisterung für künstliche Intelligenz, die den größten Aktien des Marktes überdurchschnittliche Gewinne beschert hat. Kolanovic empfiehlt den Anlegern eine Diversifizierung, indem sie ihr Engagement in defensiven Value-Titeln wie Versorgern, Basiskonsumgütern, Gesundheitsprodukten und Dividendenwerten erhöhen.
Unterschätzte“ Widerstandsfähigkeit
Kolanovic räumt ein, dass er die Widerstandsfähigkeit“ der großen Technologieunternehmen in Bezug auf die Kursdynamik und das Ertragswachstum unterschätzt habe. Er warnte jedoch davor, dass das Ausmaß des Engagements in diesen Aktien und die Konzentration der Marktführerschaft „die Extreme mehrerer Jahrzehnte“ erreicht hätten.
Ohne den Einfluss der 20 größten Werte im Index würde der S&P 500 nach Schätzungen von JPMorgan bei etwa 4.700 Punkten liegen. Die Strategen sagen, dass die Gewinnprognosen nach oben korrigiert werden müssten, damit die Stärke der Gruppe anhält, was sie als „Herausforderung“ betrachten. Sie erwarten, dass die Wall Street-Analysten ihre Schätzungen nach den Ergebnissen des zweiten Quartals nach unten korrigieren werden. „Auch wenn es schwierig ist, Umschwünge und Rotationen zu timen, sind wir der Meinung, dass hyperbolische Kurs- und Stimmungsschwankungen häufiger heftig korrigiert werden, wenn der Überschwang seinen Lauf nimmt und die größten institutionellen Anleger nicht mehr hinterherlaufen“, so Kolanovic.
FMW/Bloomberg
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Genau das Gegenteil wird passieren! Wir werden die „most hatet Rally“ überhaupt erleben, und erst dann, wenn alle glauben das es nie mehr fallen wird, geht es innerhalb kürzester Zeit runter. Remember my words!
Es glauben schon alle, dass es nur noch hoch geht.
Kolanovic Out at JP Morgan.