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Ein Blick in die Börsengeschichte S&P 500: Was passiert, wenn die Fed die Zinsen senken wird (muss)?

Ist das gut oder schlecht für den US-Leitindex S&P 500, wenn die US-Notenbank Fed die Zinsen senkt?

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Ist das gut oder schlecht für den US-Leitindex S&P 500, wenn die US-Notenbank Fed die Zinsen senkt?

Am gestrigen Handelstag überschlugen sich die Ereignisse ein wenig, mit Folgen für den S&P 500 und andere Indizes, aber auch für die Anleihemärkte. Trotz der scheinbaren Beruhigung der Lage bei den Regionalbanken nach dem „Rettungsdeal‘“ durch JP Morgan, stürzten deren Werte weiter in den Keller. Das Vertrauen ist weitgehend dahin, viele Aktionäre dieser Banken sagten sich: Wenn die Anteilseigner der First Republic Bank schon leer ausgingen, könnte mir das nicht auch bei meinem Institut blühen?

So lange die Zinsen noch steigen oder zumindest in dieser Höhe bleiben, geht der elektronische Bankrun weiter. Kapital ist wie ein scheues Reh und so schnell unterwegs wie noch nie.

Hinzu kamen neue Sorgen um eine Rezession in den USA durch das deutliche Absinken der offenen Stellen (JOLTS). Die Fed wird dies sicherlich auf ihrer laufenden Sitzung registriert haben. Sie sitzt in einer großen Falle, mit der sprichwörtlichen Alternative zwischen Pest und Cholera. Oder zwischen der Frage, was ist elementar wichtiger? Die Stabilität des Finanzsystems oder die temporäre Stabilität des Geldes?

Doch was passiert eigentlich, sollte sie die Zinsen nicht wie üblich frühestens nach sechs Monaten nach Ende der Zinsanhebungen senken, sondern schon früher? Hier ein kleiner Faktencheck.

S&P 500: Gut gelaunt in einer Zinspause, verstört bei ersten Zinssenkungen der Fed

Dieses statistisch belastbare Statement hat nur eine Haken. Aktienindizes wie der marktbreite S&P 500 reagieren auch schon dann mit Abgaben, wenn sich eine Rezession abzeichnet. Hierzu gleich mehr.

Aber so richtig negativ werden die Kursreaktionen, wenn die Fed die Zinsen wieder senkt. Denn sie tut dies nicht ohne Grund, ihrem gesetzlichen Auftrag folgend – für einen stabilen Arbeitsmarkt zu sorgen und für eine funktionierende Wirtschaft. Weil eben in dieser Situation die Wirtschaft so deutliche Schwächesignale sendet und der Arbeitsmarkt zur Schwäche neigt. Vorher dagegen reagieren die Märkte erfreut, da mit dem Wegfall der Zinssteigerungen der große Gegenwind für Aktien abnimmt und der Kapitalmarkt dies mit fallenden Renditen bei den Anleihen (als Benchmark die 10-jährige US-Treasury) vorwegnimmt.

Jetzt kommt aber die Kehrseite der Medaille.

Seit dem Jahr 1970 gab es neun Fälle, in denen die Fed ihre Leitzinsen deutlich gesenkt hat. Der durchschnittliche Rückgang beim S&P 500 betrug aber 27,25 Prozent – vom Beginn jeder Zinssenkungsperiode bis zum Markttief:

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Die „bullish“ ausgerichteten Anleger im S&P 500 und anderen Indizes sollten sich also keine schnelle Zinswende nach dem Zinsgipfel wünschen sowie keine ausgeprägte Wirtschaftsabschwächung. Aber..

Die Anzeichen für eine Rezession mehren sich

Da wäre zum einen eine bevorstehenden Kreditklemme, die mit der Schwäche der Regionalbanken immer deutlicher wird. Denn diese sind es (zu über zwei Dritteln), die die vielen Verbraucherkredite ausgegeben haben, aber auch die vielen Kredite für gewerbliche Immobilien, die von einem großen Leerstand nach Corona bedroht sind.

Wie es auch aus dem Tweet des 99-jährigen Charlie Munger zu entnehmen ist – dem Urgestein, welches alle 12 Nachkriegsrezessionen als Erwachsener durchlebt hat. Es könnte noch ruppig werden für den S&P 500, den Nasdaq, aber besonders auch für den bankenlastigen Russel 2000:

Tweet C. Munger Agony

Aber es gibt eben noch andere Signale aus der Wirtschaft, die als Frühindikatoren Bedeutung haben, nicht wie vom Arbeitsmarkt oder der Inflation herrührend, die als lagging indicators (nachlaufend) betrachtet werden müssen.

In der letzten Woche hatte das Transportunternehmen JB Hunt Transportation Services gewarnt, dass sich der Güterkraftverkehrssektor verlangsamt. So wie durch den Präsidenten des JBHT selbst: „Einfach gesagt, wir befinden uns in einer Frachtrezession“. Kurz darauf bestätigte der Quartalsbericht des großen Logistikers UPS diese Einschätzung: Ein Rückgang des Umsatzes um sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr und zugleich sinkende Umsatzprognosen. Zweistellige Volumenrückgänge bei Luftsendungen und bei aufgeschobenen Dienstleistungen.

Abgemildert wurde ein Einbruch des Konsums bisher durch die Erhöhung der Kreditkartenschulden bei den US-Verbrauchern.Inwieweit sich diese Frachtrezession in den Geschäften der Retailer niederschlägt, werden wir in Kürze bei den Quartalszahlen von Walmart und Target sehen.

Wenn sich dies betätigt, wird der Aktienmarkt reagieren, der früheste Frühindikator, wenngleich mit allerlei Fehlsignalen aufwartend. Hier eine aktuelle Umfrage beim großen US-Wirtschaftssender CNBC über die Wahrscheinlichkeit einer Rezession sowie deren Ausmaß:

56 Prozent, die Wahrscheinlichkeit einer Rezession
62 Prozent, derer die eine solche erwarten, antizipieren eine milde Wirtschaftsschrumpfung
September 2023 soll der Start hierfür sein
8 Monate die Dauer

Fazit

Noch ist es nicht soweit mit der Senkung der Zinsen. Zunächst kommt heute wahrscheinlich noch eine Beruhigungspille durch die Fed, „One and done“, aber auch ein Ende des Zinszyklus kann nicht ausgeschlossen werden. Hatte die Fed nicht schon vor sechs Wochen und 25 Basispunkte tiefer über eine Zinspause diskutiert?

Am Wochenende wurde an dieser Stelle auf die große Komplexität der aktuellen Lage hingewiesen. Für die jetzige Situation gibt es keine historischen Modelle. Aber eines dürfte doch klar sein: Die überaus schnellen wie starken Anhebungen derZinsen durch die US-Notenbank fressen sich mehr und mehr ins Finanz- und Wirtschaftssystem hinein, die Anzeichen für eine Rezession werden unübersehbarer.

Was bedeutet das für den S&P 500 und die anderern US-Indizes, sollten sich diese materialisieren? Nichts Gutes – auch wenn ich mich ein weiteres Mal wiederhole: Zunächst fallen die Aktienindizes, dann kommt die Rezession!



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2 Kommentare

  1. Top, eine exzellente Analyse!

  2. Wolfgang Müller…wie immer realistisch und sehr gut recherchiert
    vielen Dank….

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