Reihenweise Gewinnwarnungen bei Daimler, BMW und zuletzt bei Continental. Und was machen die Anleger? Sie bleiben ruhig oder kaufen zu bei den Autoaktien, wie am Dienstag bei Conti geschehen. Ist der Aktienhandel nur noch vom Zufall geprägt, oder gibt es vernünftige Erklärungen? Eine Spurensuche.
Bewertung von Autoaktien
Die Autoaktien hatten ihr Hoch unisono schon am 16. März 2015 und sind seither, teilweise bedingt durch die Manipulationsnachweise plus dem kapitalintensiven Umbruch in der Antriebstechnik, auf die Hälfte ihres Wertes gefallen. Trotz guter Gewinne in den letzten vier Jahren liegen die KGVs für 2020 tief im einstelligen Bereich zwischen 5 und 7 (von Volkswagen bis BMW). Es steckt also schon viel Pessimismus in den Kursen drin. So wie sich die Käufe auf dem Weg nach oben irgendwann erschöpfen, gibt es auch nach unten diesen Verkäuferstreik. Ist es schon soweit?
Das Mysterium Shortselling
Sie war für die Leerverkäufer ein gefundenes Fressen, die Automobilbrache in den letzten Jahren. Eine Hiobsbotschaft nach der anderen im Hinblick auf den Dieselskandal und damit ein ständig wachsender Schaden am Image der Konzerne plus in punkto Schadensersatz- und Strafforderungen von Käufern, inklusive der Behörden. Damit gab es beständig die Möglichkeit geliehene Aktien auf den Markt zu werfen, um sie billiger zurückzukaufen. Doch irgendwann haben diese Investoren genug und ihre Rückkäufe (respektive der Rückgabe der Aktien) treiben die Kurse wieder an, manchmal gerade am Tag der Gewinnwarnung, wenn die „Katze aus dem Sack ist“. Beim Shortselling heißt dies „Buy on News“, in der Umkehrung.
Der zukunftsgerichtete Aktienmarkt
Wie schon öfters berichtet, interessiert den Aktienmarkt nicht die vergangene oder die aktuelle Nachrichtenlage, sondern es ist der Ausblick auf die Zeit in sechs Monaten oder manchmal sogar später. Die Autoaktien hatten das Hoch schon vor vier Jahren gesehen und dennoch werden in diesem Jahr noch sehr viele schlechte Autoverkaufszahlen gemeldet werden sowie deprimierende Zahlen der Zulieferindustrie. Das Forschungsinstituts CAR der Universität Duisburg-Essen rechnet für 2019 mit einem Einbruch der Autoverkäufer in China von minus 10 Prozent und weltweit von über fünf Prozent. Dies wäre deutlich mehr als der Einbruch nach der Finanzkrise 2008, als der globale Automarkt um 3,6 Prozent schrumpfte. Was gab es aber für ein Comeback 2010? Vielleicht rechnen die ersten Investoren bereits mit einem derartigen Szenario, je tiefer der aktuelle Fall, desto größer der Nachholbedarf. Viele Marktbeobachter richten ihr Augenmerk aber auf gegenwärtige Meldungen, gute oder schlechte Meldungen aus der Kfz-Branche.
Fazit
Irgendwie ist die gegenwärtige Lage schon merkwürdig. Nach den ständigen Gewinnrevisionen diesseits und jenseits des Atlantiks müssten die Kurse der Autoaktien doch mal heftig korrigieren. In 2019 bisher noch kein Rückschlag von deutlich über fünf Prozent, selbiges gab es recht selten in den vergangenen Jahren. Man hofft hingegen auf den Wirtschaftsaufschwung zum Ende des Jahres, sowohl in den USA als auch in Deutschland. Man muss aber auch eines bedenken: Die Abschwächung des Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland begann Ende 2017 und dauerte 15 Monate. Er hatte eine ähnlich lange Ausdehnung wie in den Abwärtsphasen 2000 und 2011. Aber der bisherige Tiefpunkt lag mit 44,1 bereits im März 2019, auf einem ähnlichen Nivea wie in den genannten Rezessionen. Seit April 2019 hat sich dieser Frühindikator auf niedrigem Niveau stabilisiert. Seien wir also gespannt auf den Ifo-Index, der am Donnerstag mit dem neuesten Ausblick der 9000 Unternehmenschefs aufwartet.
Das riesige BMW-Werk im bayerischen Dingolfing. Foto: BMW Werk Dingolfing Öffentlichkeitsarbeit CC BY-SA 4.0
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