Anleihen

Staatsschulden in Europa: Risiko gibt es nicht mehr, Blick auf Risikoprämie

Für Staatsschulden gilt: Sie können wertlos werden, wenn der Staat als Schuldner nicht mehr in der Lage ist die Anleihen am Fälligkeitstag zurückzuzahlen. Siehe Argentinien, oder siehe auch Griechenland. Nur dank einem 86 Milliarden Euro großem Hilfspaket der Europartner kam Athen liquide über die letzten Jahre, und konnte sich sogar ein Polster zulegen.

Staaten können genau so zahlungsunfähig werden wie Unternehmen und Verbraucher. Aber hey, wenn die offiziell unabhängigen, aber letztlich auch staatlichen Notenbanken einfach unbegrenzt Geld drucken, und damit ihre eigenen Regierungen endlos durchfüttern, was kann da noch schief gehen? Ein geschlossener Kreislauf entsteht. Das Risiko für den Ausfall von Staatsschulden scheint in der Eurozone nicht mehr zu existieren. Die Rendite, welche Käufer der Staatsanleihen erhalten, ist sozusagen die Risikoprämie. Je höher die Rendite, desto besser entlohnt wird der Käufer für seine Bereitschaft, gesteigerte Ausfallrisiken bei der Rückzahlung zu akzeptieren. Durch höhere Renditen kommen weniger gut angesehene Staaten leichter an Geld am Anleihemarkt.

Rendite für Staatsschulden in Spanien bei Null, für Portugal sogar negativ

Umgekehrt gilt natürlich das selbe. Je besser angesehen ein Land am Anleihemarkt ist, desto niedriger sind die Renditen für seine Staatsschulden. Deswegen hat Deutschland auch für die wichtigste Anleihelaufzeit von 10 Jahren derzeit eine Negativrendite von aktuell -0,61 Prozent. Am 9. März im Höhepunkt des Corona-Schocks an den Märkten floh die ganze Welt in „sichere Häfen“, wodurch die Rendite für deutsche Anleihen auf das Tief von -0,85 Prozent sank. Aber aktuell -0,61 Prozent, da macht der deutsche Finanzminister immer noch im Schlaf gute Gewinne beim Verkauf neuer Anleihen!

Aber die Eurozone besteht ja nicht nur aus Deutschland. Die Rendite für zehnjährige portugiesische Staatsanleihen ist erst vorgestern zum aller ersten Mal ins Negative gerutscht, und notiert jetzt bei -0,02 Prozent. Risiko ist nicht mehr vorhanden, darf man da sagen? Und für Spanien (gibt es in dem Land wirtschaftliche Probleme?) liegt die Rendite für Staatsschulden mit zehn Jahren Laufzeit aktuell bei nur noch +0,01 Prozent. Wow, was für eine Risikoprämie für das Risiko eines Zahlungsausfalls. Auch hier sehen wir ein Rekordtief in der Rendite. Und Italien? Hey, hier glaubt der Anleihemarkt doch tatsächlich noch an ein Risiko für die Staatsschulden des Landes? +0,53 Prozent Rendite gibt es hier derzeit noch zu erzielen. Aber auch hier sehen wir ein Rekordtief und immer tiefere Niveaus.

Interessant: Während Anfang März die Rendite für die deutschen Staatsschulden in den Keller rauschte, stieg sie für die Staatsanleihen aus Italien, Spanien und Portugal deutlich an, und zwar bis in der Spitze auf 2,39 Prozent, 1,23 Prozent und 1,40 Prozent. Damals sah der Markt noch stark steigende Ausfallrisiken für die Staatsschulden dieser Länder. Aber jetzt rauschen ihre Renditen sogar ins Negative. Das Signal aus Sicht von Risiko und Bezahlung des Risikos lautet: Es gibt kein Risiko mehr. Die EZB druckt, und druckt, und druckt. Sie kauft immer mehr Staatsanleihen auf.

Chart zeigt seit 1994 die Rendite für zehnjährige Staatsschulden aus Spanien
Im Chart sehen wir die Rendite für zehnjährige spanische Staatsschulden seit 1994. Jetzt sind wir exakt an der Null-Linie angelangt mit +0,01 Prozent.

EZB ist entscheidender Faktor

Auch wenn die EZB die Staatsschulden nur am Sekundärmarkt (freier Anleihehandel) aufkauft und nicht in der Erstauktion. Klar ist doch, dass ohne die EZB diese märchenhafte Lage niemals möglich wäre. Die Investoren, die in den Erstauktionen (Primärmarkt) kaufen, wissen ganz genau, dass kurz darauf am freien Anleihemarkt die EZB lauert, um in gigantischem Ausmaß die Staatsanleihen der Eurozone aufzukaufen, über ihre jeweiligen nationalen Notenbanken als ausführende Organe. Dadurch erzielen die Banken, die in der Erstauktion kaufen, sicherlich auch anständige Kursgewinne.

Die Bilanz der EZB bläht sich immer weiter auf, die Euro-Staaten können immer mehr Schulden zu immer besseren Konditionen aufnehmen. Die Zeche zahlen die zukünftigen Generationen, wenn es denn keinen Kollaps der Eurozone gibt, keine Abschaffung der EZB, und keine Staatspleiten. Denn diese Anleihen sollen ja irgendwann mal zurückgezahlt werden, auch wenn die Zinslast kaum noch erkennbar ist. Der Schuldenberg steigt weiter an. Heute um 13:45 Uhr meldet die EZB ihre aktuellste Entscheidung. Wird es (wie man es vermuten darf) weitere Hinweise für noch mehr Gelddruck-Orgien geben, noch billigeres Geld, noch mehr Anleiheaufkäufe?

Christine Lagarde ist Chefin der EZB
EZB-Chefin Christine Lagarde. Foto: EZB, Lizenz (CC BY-NC-ND 2.0)



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12 Kommentare

  1. Ist doch alles kein Problem, denn die Schulden werden schon noch zurückbezahlt. Nur sind die Laufzeiten geschickt so gewählt worden, dass diejenigen die dann die Rückzahlung stemmen werden noch gar nicht geboren sind. Gewusst wie, war schon immer das Teuflische an guten Tricksereien.

  2. Bemerkung am Rande:
    Die sich wiederholenden Worte „Hey“ und „Wow“ sind in einem seriösen Artikel ungeeignet und störend.
    Derartige Ausrufe passen in meinen Augen eher zu pubertierenden Kommentatoren.

  3. Ist ja alles schön und gut mit den Schulden. Aber was ist, wenn die EZB einfach auf die Rückzahlung verzichtet?

  4. @Columbo: Haben sie zu viel Zeit weil Sie sich daran stören? Lassen Sie die Autoren doch schreiben wie diese wollen und spielen Sie nicht die Sittenpolizei. Jedes mal er gleiche nervige Sch..ß von immer den gleichen Kommentatoren.

  5. @Stiller User

    Beruhigen Sie sich. Sie werden es verstehen, wenn Sie aus dem Schlimmsten raus sind.

  6. @Michael – dann schießt die Inflation in den Himmel, weil immer klarer wird, dass hinter den Eurolappen nichts werthaltiges steht – Stichwort: Vertrauensverlust.

  7. @Columbo, @Multi-Nick-Michael aka Stiller User
    „Hey“ und „Wow“ gehören zum hektischen (Untergangs-)Populismus wie die Begriffe Sittenpolizei und Moralapostel zu den alternativen Sittenwächtern mit ganz eigener Moral, Ethik und Wertvorstellung.

    @Stiller User, spielen Sie nicht immer den Blockwart auf der rechten Seite. Lassen Sie andere Kommentatoren doch schreiben, was sie wollen. Immer der gleiche Schafsmist von Ihnen und Ihren vielen Nicknames. Entweder gelten gleiche Regeln für alle, oder Sie lassen es bleiben. Wow und Hey!

    Hey! Wir leben doch (noch) in einer Demokratie mit Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt.
    Wow! Auch wenn Sie eine Handvoll Menschen mit anderen Ansichten persönlich stört, antworten Sie dennoch sachlich, ohne Fäkalbegriffe mit .. dazwischen. Die Pünktchen machen es auch nicht besser, eher peinlicher.

    Und vor allem, antworten Sie, ohne ständig einzelne Personen mit rechtspopulistischen Unwörtern wie „Sittenpolizei“ oder „Fremdkörper“ durch den Dreck zu ziehen und herabzuwürdigen. Akzeptieren Sie eine gewisse Meinungsvielfalt, spielen Sie nicht Ihrerseits den Moralapostel, denn das sind doch die negativen Attribute, die Sie anderen ständig völlig grundlos unterstellen.

  8. @Columbo: Wieso wenn ich aus dem Schlimmsten raus bin? Verstehe ich nicht. Ich habe Ihre Beiträge in früheren Zeiten sehr geschätzt, in den letzten Monaten haben Sie aber sehr nachgelassen.

  9. @Mario Kummerfeld

    Hey, gilt das nicht ebenfalls und noch viel mehr für Amerika? Oder Großbritannien?
    Risiko war dort noch nie vorhanden, darf man da sagen?
    Wow! Wie sieht es denn so nebenbei mit China, Russland aus? Hey, weiß man nicht, könnte man sagen, aber wow! Auch dort scheint es zu brodeln und zu kriseln!

    Wie steht die EU/EZB im globalen Vergleich? Wow, hey! Darf man fragen?!

  10. @Stiller User

    Mit „aus dem Schlimmsten raus“ meinte ich die Pubertät. Ein Erwachsener mit halbwegs vernünftigem Schul-oder Uniabschluss schreit doch nicht dauernd „Wow“ und „Hey“. Das machen die kids, da ist es ja ganz nett.
    Ist halt meine bescheidene Meinung. War nur eine Bemerkung am Rande, nicht so wichtig!

  11. @ Leftutti, Sehr gut, sie geben nicht nur Ratschläge wie Andere sich verhalten sollten, sie gehen auch mit dem guten Beispiel voran. Ich denke da an das sachliche Bashing eines ehrenwerten Markus Krall und dies nur wegen vermuteter unpassender Gesinnung. Fachlich hätten sie sowieso Nichts zu bieten. Ihre Kommentare sind auffallend immer gegen andere Personen oder Gesinnungen gerichtet.Selbst FMW möchten sie disziplinieren. Sie sind ein Musterdemokrat !

  12. @Leftutti: Das ist schon ein starkes Stück was Sie sich hier so rausnehmen! Ich von der „angeblich rechten Seite“ soll hier den Mund halten, und sie vergiften permanent das Forenklima indem sie gegen alles und jeden hetzen der nicht so schreibt wie sie es gerne sehen würden. Ich habe nicht zig verschiedene Nicknames im Gegensatz zu andern Usern hier die immer mit dem gleichen Blödsinn um die Ecke kommen.

    Und das ausgerechnet Sie mit Ihrer ständigen Hetze etwas von Meinungsvielfalt erzählen, ist ja wohl der Gipfel der Unverschämtheit! Ich lasse mich von Ihnen und Ihrem Anhang garantiert nicht beleidigen, da haben Sie sich den falschen herausgesucht. Sie sind so glaube ich, einfach nur ein Troll der in seiner Freizeit nichts zu tun hat, und dann auf gezielte Beleidigungstour im Internet geht.

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