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Statistikamt in Irland: Die tatsächliche Wirtschaftsleistung in Irland ist dramatisch geringer als bisher veröffentlicht!

Für 2016 lag das BIP in Irland bei 275,6 Milliarden Euro gemäß jüngster Veröffentlichung. Aber dieses Mal hat das irische Statistikamt parallel dazu eine alternative BIP-Zahl veröffentlicht, die sie als "Modified GNI" bezeichnet, also modifiziertes...

FMW-Redaktion

Jedes westliche Industrieland hat ein Statistikamt, das regelmäßig diverse wirtschaftliche Kennzahlen veröffentlicht. Die wichtigste Kennzahl ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP), also die Summe aller erwirtschafteten Waren und Dienstleistungen. Für 2016 lag das BIP in Irland bei 275,6 Milliarden Euro gemäß jüngster Veröffentlichung. Aber dieses Mal hat das irische Statistikamt parallel dazu eine alternative BIP-Zahl veröffentlicht, die sie als „Modified GNI“ bezeichnet, also modifiziertes gesamtes nationales Einkommen. Hier erstmal der Originalwortlaut:

“Today’s results include preliminary estimates for key recommendations made by the expert group, including a modified indicator of the overall size or level of the economy (GNI*) and a modified total domestic demand indicator that focuses on activity within the Irish economy. These modified indicators are designed to exclude significant globalisation effects that disproportionately affect the Irish economic results.

In the annual results, the transition from a GDP level of €275.6 billion in 2016 to a modified GNI (or GNI*) level of €189.2 billion is shown. GNI*is designed as a supplementary indicator of the level of the Irish economy for use in ratio analysis as an alternative to GDP. For instance, in 2016, the government debt to GDP ratio stood at 73%, while the result for the equivalent debt to GNI* ratio was 106%.

Modified GNI (or GNI*) is defined as GNI less the effects of the profits of re-domiciled companies and the depreciation of intellectual property products and aircraft leasing companies. This new indicator of the level of the Irish economy will be a useful additional input to debt ratio analysis.

Was hat das zu bedeuten? Nun, GNI bedeutet für Irland als Kennzahl das Einkommen aller irischen Staatsbürger sowie irischen Unternehmen innerhalb und außerhalb Irlands. Also würden hier Umsätze ausländischer Unternehmen in Irland nicht mit eingerechnet. In der Regel ist es so, dass BIP und GNI bei den allermeisten Staaten nur minimal abweichen. Das Statistikamt zeigt aber nun dieses modifizierte GNI. Denn wie man ja weiß, haben sich unendlich viele internationale Konzerne Niederlassungen in Irland angemeldet, oder oft sogar ihre globalen Konzernsitze in Irland angesiedelt. Bei Konzernsitzen in Irland würden sie also bisher ins „normale“ GNI mit eingerechnet werden.

Dies sind aber in der Regel sogenannte Briefkastenfirmen, die kein reales Geschäftsvolumen in Irland produzieren. Aber Geld wird massig gebunkert, wobei Apple das beste Beispiel ist. Das irische Statistikamt möchte anhand des modifizierten GNI zeigen, wie hoch die Wirtschaftsleistung in Irland denn nun tatsächlich aussieht. Dazu streicht man die Gewinne der Briefkastenfirmen sowie Buchungen aus Lizenzengeschäften, Flugzeugleasing usw.

Dem Statistikamt gehe es hierbei darum „signifikante Globalisierungseffekte“ aus dem irischen BIP herauszurechnen, welche „die irische Wirtschaftsleistung unverhältnismäßig beeinflussen“.Im Klartext: Das bisher veröffentlichte BIP Irlands war durch all die Briefkastenfirmen mit ihren Lizenzbuchungen stark aufgebläht. Die tatsächliche Wirtschaftsleistung, die in Irland auch wirklich erzeugt wird, ist viel niedriger. So lag das offizielle BIP für 2016 wie gesagt bei 275,6 Milliarden Euro.

Tatsächlich ohne die vorigen Faktoren liegt das „modifizierte GNI“ bei nur 189,2 Milliarden Euro. Das sind 86,4 Milliarden Euro oder 31,1% weniger! Das Statistikamt sah sich wohl genötigt so eine alternative Zahl zu veröffentlichen, da das offizielle irische BIP im Vorjahr (also 2015) mit +26% als wenig glaubwürdig anzusehen war. Da wurde es nämlich spürbar durch Buchungen dieser „Briefkasten-Industrie“ durcheinander gewirbelt.

Also, nun wissen wir, dass im offiziellen BIP Irlands gut 1/3 heiße Luft enthalten ist, die nicht real zur Wirtschaftskraft des Landes beiträgt. Übrigens: Das Statistikamt schreibt selbst, dass man diese alternative Berechnung des BIP veröffentliche, um zum Beispiel sehen zu können, wie sich ohne die Briefkasten-Konstrukte der Verschuldungsgrad Irlands in Relation zum BIP darstellt. Offiziell liegt die Schuldenquote bei 73%. Nach der alternativen (ehrlichen) Rechenmethode liegt sie bei 106%.


Die irische Nationalflagge. Grafik: SKopp / Gemeinfrei



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