Je höher die Anleiherenditen, desto attraktiver werden Anleihen als Anlageklasse für institutionelle Anleger. Sie bewegen die ganz großen Geldbeträge und können die Märkte beeinflussen. Und wenn man bei steigenden Renditen vermehrt in Anleihen umschichten sollte, würden andere Anlageklassen zwangsläufig darunter leiden. Deswegen sieht man derzeit bei Aktien in Europa und den USA eine wacklige Entwicklung. Sie notieren zwar auf sehr hohen Niveaus, aber die seit Freitag fallenden Notierungen könnten noch tiefer abrutschen.
Anleiherenditen im Aufwind – US-Daten pushen
Denn letzte Woche Freitag zeigten die US-Arbeitsmarktdaten für Dezember eine sehr robuste US-Konjunktur, was die Aussichten auf sinkende Zinsen bei der Federal Reserve in den nächsten Monaten noch weiter mindert. Entsprechend steigen die Anleiherenditen. Für zehn Jahre Laufzeit stieg die US-Rendite seit Freitag Mittag von 4,68 % auf 4,77 % heute Mittag. Auch in Europa geht es bergauf. Die Inflation in Deutschland stieg jüngst sprunghaft an von 2,2 % auf 2,6 %, auch in der Eurozone geht es aufwärts. Dies erhöht den Druck, die Zinsen länger relativ hoch zu belassen. Und hohe Anleiherenditen sind grundsätzlich von Nöten als Ausgleich für eine hohe Inflation, die Anleiheerträge entwertet.
Die deutschen Anleiherenditen mit zehn Jahren Laufzeit (blaue Linie im Chart) sind seit Anfang Dezember 2024 von 2,04 % auf aktuell 2,58 % gestiegen – eine kräftige Aufwärtsbewegung in so kurzer Zeit! Der Dax (rote Linie) notierte Mitte letzter Woche beinahe auf Rekordhoch, trotz der kräftig steigenden Anleiherenditen. Ein gefährliches Spiel auf dem Drahtseil! Seit Freitag sieht man bereits durch die US-Arbeitsmarktdaten einen Rückgang am Aktienmarkt.
Bloomberg-Einordnung
Die Kurse von Staatsanleihen fielen (steigende Anleiherenditen), da Händler ihre Wetten auf Zinssenkungen der Federal Reserve nach dem explosionsartigen US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag zurückfuhren, so die Einordnung von Bloomberg. Weiter wird berichtet: Die Renditen der 10-jährigen Benchmark-Anleihen steigen heute um bis zu vier Basispunkte auf 4,80 %, den höchsten Stand seit November 2023. Die Renditen der 30-jährigen Anleihen stiegen ebenfalls auf fast 5 %, nachdem sie am Freitag zum ersten Mal seit mehr als einem Jahr dieses Niveau überschritten hatten.
Der Ausverkauf wird durch die anhaltende Inflation und die explodierende Staatsverschuldung angeheizt, was dazu führt, dass die Geldmärkte ihre Wetten auf Zinssenkungen in den USA in diesem Jahr auf weniger als eine Senkung reduzieren. Diese Neukalibrierung wirkt sich auf die globalen Märkte aus, wobei der Dollar auf ein Zweijahreshoch steigt und europäische Anleihen unter Druck geraten.
„Die große Frage für den Markt ist jetzt, ob die Fed in diesem Jahr wirklich überhaupt eine Zinssenkung vornehmen muss“, sagte Chris Turner, Leiter der Devisenstrategie bei ING. “Die Stärke des Dollar und die festen US-Anleiherenditen stellen das Finanzsystem auf die Probe.“ Am Freitag erhielten die Märkte einen weiteren Beweis für die Widerstandsfähigkeit der US-Wirtschaft, als die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft im Dezember um 256.000 stieg, den höchsten Wert seit März und über allen bis auf eine Prognose in einer Bloomberg-Umfrage unter Ökonomen.
Was die Strategen von Bloomberg sagen: „Die Nervosität am Anleihemarkt wird wahrscheinlich anhalten oder sich sogar noch verstärken, da sich die Anleger auf die US-Inflationszahlen dieser Woche einstellen. Der Anstieg der Anleiherenditen macht US-Aktien sowie breitere Risikoanlagen anfällig für weitere Rückgänge.“
-Mark Cranfield, Markets Live-Stratege, Singapur.
Die Verschiebung der Erwartungen an die Fed beflügelt den Greenback, und der Bloomberg Dollar Spot Index stieg heute auf den höchsten Stand seit November 2022. Dies trug dazu bei, dass das Pfund auf den niedrigsten Stand seit über einem Jahr fiel, da britische Vermögenswerte weiterhin im Epizentrum der globalen Neubewertung stehen, während der Offshore Yuan fast auf ein Rekordtief fiel.
Händler fragen sich nun, wie stark die US-Anleiherenditen noch steigen können, wobei einige sogar über die Möglichkeit von Zinserhöhungen durch die Fed nachdenken. Am Dienstag werden die Erzeugerpreisdaten und am Mittwoch die Verbraucherpreiszahlen im Mittelpunkt stehen, um die Aussichten für die Geldpolitik weiter einzuschätzen. „Die Inflation ist diese Woche wirklich der entscheidende Datenpunkt“, sagte Laura Cooper, globale Investmentstrategin bei Nuveen, auf Bloomberg TV. “Für die Marktentwicklung besteht das Risiko, dass sie sich auf Zinserhöhungen verlagert.“
FMW/Bloomberg
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