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Steuergerechtigkeit in der EU ist eine komplizierte Angelegenheit

Das ist so eine Sache mit der Steuergerechtigkeit in der EU. Würden alle Niedrigsteuer-Länder innerhalb des Binnenmarkts vergleichbar hohe Steuersätze haben wie zum Beispiel...

FMW-Redaktion

Das ist so eine Sache mit der Steuergerechtigkeit in der EU. Würden alle Niedrigsteuer-Länder innerhalb des Binnenmarkts vergleichbar hohe Steuersätze haben wie zum Beispiel Deutschland und Frankreich, würden sicherlich deutlich höhere Steuereinnahmen sprudeln. Dann aber würden Länder wie Luxemburg, die Niederlande, Luxemburg oder Irland quasi ihr Geschäftsmodell verlieren. Mit minimalsten Steuersätzen Unternehmen aus Hochsteuerländern ansaugen, und sie veranlassen kleine Steuern zu zahlen. Das läppert sich nach und nach bei einer gewissen Masse von Unternehmen, die alle ein bisschen was zahlen.

Zumal Länder wie Luxemburg oder Irland quasi kaum oder gar keine Infrastrukturkosten erbringen mussten um an diese Steuern zu gelangen. Kein Straßenbau, keine Bildungseinrichtungen. Nur ein paar Briefkästen müssen gekauft werden. Nein, die Kosten fallen in den großen Flächenstaaten an (Frankreich, Deutschland, Italien etc). Man selbst kassiert lediglich. Und da ist mal wieder eines dieser Probleme in einem System namens „Europäische Union“. Von der Idee her einfach eine tolle Sache, wirklich. Aber was nützt es, wenn man in der realen Umsetzung derart schreckliche Konstruktionsfehler vorfindet, dass der eine dem anderem quasi das Geld wegnimmt, ohne dafür selbst eine Leistung erbracht zu haben?

Mit Großbritannien wird nun in spätestens zwei Jahren ein Haupt-Quälgeist (Britische Jungferninseln, Guernsey, Jersey) aus der EU ausscheiden. Aber es verbleiben eben noch die vorher genannten EU-Mitglieder. Die werden wohl kaum ihre Steuersätze raufziehen auf „normale“ Niveaus. Was also tun? Eigentlich müsste eine EU-weite Mindeststeuer her für Unternehmenserträge. Laut SPON gibt es bei der Erstellung einer „schwarzen Liste der Steueroasen“ innerhalb der EU Streit darüber, nach welchen Kriterien man auf diese Liste gelangen soll. Angeblich soll vorgeschlagen worden sein Staaten auf die Liste setzen zu können, die für ausländische Unternehmen Steuern von 0% oder nahezu 0% erheben.

Es versteht sich von selbst, dass so ein Vorschlag keine Zustimmung der wohl betroffenen EU-Mitglieder erhalten würde. Das Problem nur ist: Wenn man so weiter macht, zerstört sich die EU letztlich selbst, weil die Steuereinnahmen fehlen. Die Flächenstaaten mit großer Bevölkerung haben die Kosten, die kleinen Länder ohne Fläche und ohne große Bevölkerung haben fast gar keine Infrastrukturkosten, kassieren dafür aber zu niedrigsten Steuersätzen gutes Geld von Konzernen aus den Flächenstaaten. Um irgendwie voranzukommen in diesem Dilemma (Erstellung eines Verhaltenskodex), schlägt der grüne EU-Abgeordnete Sven Giegold vor, dass erst einmal alle Staaten, die derselben Meinung sind, die „Blockierer“ notfalls einfach übergehen sollten.

Hierzu könne man auf EU-Ebene das Instrument der „Verstärkten Zusammenarbeit“ nutzen, bei dem nicht alle EU-Mitglieder, aber einzelne Gruppen innerhalb der EU Vereinbarungen treffen, die dann erst mal nur in diesen EU-Ländern Gültigkeit haben. So wird Giegold zitiert mit den Worten es sei besser eine scharfe Liste zu haben, die von 24 Ländern beschlossen wird, als eine belanglose Liste, die von 28 Ländern komme. Das hört sich sinnvoll an. In der Praxis gibt es solche Regelungen zum Beispiel beim Schengen-Raum. Nicht alle EU-Mitglieder sind Mitglied im Schengen-Raum. Ebenso sind nicht alle EU-Mitglieder Mitglied im Euro-System. Schweden, Dänemark, Polen, UK usw haben ihre eigenen Währungen. Ein „Kern-Europa“ hatte sich damals zusammengefunden um den Euro als Projekt voranzutreiben – eine Art Positiv-Liste… alle die dafür sind, treiben eine neue Idee erst mal ohne die anderen voran. Alle anderen EU-Verträge bleiben davon aber unberührt.

Interessant wird die Frage sein: Kommt es zu so einer verstärkten Zusammenarbeit einer Gruppe von Flächenstaaten, die auf hohe Steuereinnahmen angewiesen sind, werden sie dann wirklich gemeinsam hart vorgehen gegen die Verschiebung der Unternehmensgewinne mittels dubioser Methoden nach Luxemburg, Irland und Co? Nur wenn man auch in der Realität die Verlagerung der Gelder verhindert, und die Unternehmensgewinne im eigenen Land besteuert, werden die Geschäftsmodelle der Oasen nach und nach nutzlos.



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4 Kommentare

  1. Moin, moin,
    so wie im o.g. Artikel dargestellt, läuft es wohl ab. Aber will man den kleinen Briefkastenländern einen Vorwurf machen? Ein Free-Lunch ist sehr schön, ein Dauer-Free-Lunch ist noch schöner. Die großen Flächenländer haben selbst Schuld. Sie lassen es mit sich machen. Wer sich ausnutzen läßt, hat halt die Nachteile. Mithin glaube ich persönlich, dass man Berlin und die BRD Regierung nicht für voll nimmt. Würde in Berlin ein deutscher Trump sitzen, sähe das alles anders aus. Solange die BRD-Ochsen ihre Steuergroschen dafür ausgeben, bitte. Als BRD Michel schaut man sich ja fast jeden morgen in den Spiel und sieht immer diese Pappnase. Mehr Blödsinn brachte nicht einmal Mr. Bean zustande, dafür kann uns der Rest der Welt beneiden.

  2. Warum sollten Unternehmen überhaupt steuern zahlen? Das geld kommt doch so oder so in die Wirtschaft oder an die Aktionäre zurück. Wir haben rekord Steuereinnahmen in Deutschland, reichen die etwa nicht?

    1. Der erste Satz ließ aufhorchen.
      Der zweite ist richtig, zählt aber die Empfänger nicht vollständig auf.

      Mit dem dritten Satz führen Sie in der Fortführung Ihrer Schlussfolgerung Ihren Vorschlag selbst ad absurdum.
      Würden die immensen Steuereinnahmen wohl auch dann noch reichen, wenn die Unternehmen diese Steuern überhaupt nicht mehr bezahlen würden?

  3. Ein guter Cocktail hat nur wenige Zutaten. Die können unterschiedlich sein und gut geschüttelt oder gerührt kann dann etwas schmackhaftes entstehen.

    Ein schmackhaftes Getränk oder Gericht mit 28 Zutaten ist mir nicht bekannt.

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