Allgemein

Steuerschätzung: Warum die Rückgänge noch größer werden als heute verkündet

Heute hat das Bundesfinanzministerium die aktuellste Steuerschätzung veröffentlicht. Da sieht auf den ersten Blick alles nach Eitel Sonnenschein aus. Aktuell und für das kommende Jahr...

FMW-Redaktion

Heute hat das Bundesfinanzministerium die aktuellste Steuerschätzung veröffentlicht. Da sieht auf den ersten Blick alles nach Eitel Sonnenschein aus. Aktuell und für das kommende Jahr erwartet man sogar noch etwas höhere Einnahmen, und in den Folgejahren nur minimale Rückgänge. Also alles gut? Hier erstmal die Mitteilung im Original:

„Verglichen mit der Steuerschätzung vom Mai 2016 werden die Steuereinnahmen insgesamt im Jahr 2016 um 4,3 Mrd. Euro höher ausfallen. Für den Bund ergeben sich dabei Mehreinnahmen von 1,4 Mrd. Euro und für die Länder von 3,2 Mrd. Euro. Die Einnahmen der Gemeinden liegen um 0,7 Mrd. Euro höher. In den Jahren 2017 bis 2021 unterscheidet sich das erwartete Steuer­aufkommen für den Gesamtstaat nur leicht vom Schätzergebnis vom Mai 2016. Für 2017 beträgt die Abweichung 0,7 Mrd. Euro, für 2018 -1,2 Mrd. Euro, für 2019 -0,7 Mrd. Euro, für 2020 -1,4 Mrd. Euro.“

wolfgang-schaeuble
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Foto: Bundesministerium der Finanzen, Foto: Ilja C. Hendel

Das an sich klingt doch ganz gut, oder? Naja, weiter im Text heißt es vom Ministerium selbst, Zitat:

„Für die Haushalts- und Finanzplanung des Bundes ist zu berücksichtigen, dass in der aktuellen Steuerschätzung eine Reihe von steuerlichen Vorhaben, die noch nicht das parlamentarische Verfahren durchlaufen haben, nicht einbezogen worden sind, da die Steuerschätzung auf dem geltenden Recht beruht.“

Im Klartext: Diese Steuerschätzung ist etwas für den Papierkorb: Für 2018 und später ist selbst in der Prognose schon ein Rückgang erwartet, nach den aktuell geltenden Gesetzen! Was dort aber noch nicht eingeplant wurde, ist zum Beispiel die Mehrbelastung des Bundes durch die Neuordnung des Länder-Finanzausgleichs, der eindeutig zu Lasten des Bundes gehen wird. Auch bereits vereinbarte und angedachte Steuersenkungen, die ganz aktuell noch nicht beschlossen sind, können hier noch gar nicht enthalten sein!

Noch etwas kommt hinzu, was niemand zu bedenken scheint. Die rosarote Zins-Märchenwelt des Wolfgang Schäuble, der derzeit sogar Geld bekommt, wenn er für 10 Jahre Schulden aufnimmt, ist vielleicht in ein paar Jahren vorbei. Noch hält die EZB die Zinsen im Negativbereich. Nächstes Jahr wird das wohl auch noch so bleiben. Wenn aber wie allgemein angenommen die Inflation weiter steigt über die 1%, kann die EZB kaum noch argumentieren, im Jahr 2019, 2020 oder darüber hinaus bei Minuszinsen oder Nullzinsen zu bleiben.

Die nicht vorhandenen Zinsen der EZB waren bisher der Hauptpluspunkt für den soliden Haushalt von Wolfgang Schäuble. Die Wende in diesem Bereich kann auch niemand exakt planen, da niemand den Zeitpunkt der Zinswende kennt. Aber man darf annehmen: Neben mehr Geld für die Bundesländer, weniger Geld im Bundeshaushalt durch Steuersenkungen und eine steigende Zinslast werden die Steuereinnahmen 2019, 2020 und darüber hinaus wohl eher weiter sinken! Ganz vergessen haben wir in diesem Szenario, dass Deutschland Stand heute auch im Konjunktur-Märchenland lebt. Auch das kann nicht ewig anhalten, auch wenn die EZB momentan jegliche Krise mit gedruckten Geld zu ersticken versucht. Aber gut, jetzt reicht es erst einmal mit unseren Weltuntergangs-Szenarien. Stand heute sieht ja alles ganz ordentlich aus!



Quelle: Bundesfinanzministerium



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

10 Kommentare

  1. „Neben mehr Geld für die Bundesländer, weniger Geld im Bundeshaushalt durch Steuersenkungen und eine steigende Zinslast werden die Steuereinnahmen 2019, 2020 und darüber hinaus wohl eher weiter sinken!“

    Dies betrifft alles die Ausgabenseite bzw. die Geldverwendung und hat mit den Steuereinnahmen nichts zu tun.

    1. Weniger Geld durch Steuersenkungen könnte man aber schon als die (Steuer-)Einnahmenseite betreffend bezeichnen.

      1. Was haben sie denn beschlossen: die obligatorische Erhöhung des Kindergeldes um 2,0 € pM., leichte Erhöhung des Grundfreibetrages und Kinderfreibetrages. Ist doch alles ein Witz und hat mit Steuersenkung nichts zu tun, wenn man sich überlegt, dass die „rasende schwarze Null“ allein bis Juni mehr als 1 Mrd. mit Schuldenmachen verdient hat. Ich frage mich, wann der Staat endlich mal Schulden zur Sanierung der maroden Infrastruktur machen wird, wenn nicht jetzt. Aber hier geht wahrscheinlich darum, dass dieser Alleskönner (Kanzleramtsminister, Innenminister, Verteidigungsminister, Finanzminister) in die Geschichtsbücher eingehen möchte, als der Finanzminister (bei der Vergangenheit mit CDU-Spendenaffäre usw. würde der wahrscheinlich nicht mal in Burkina-Faso Finanzminister), der seit 30 oder 40 Jahren mal einen ausgeglichenen Haushalt geschafft hat. Dass er durch die Politik der EZB mal eben pro Jahr 40-50 Mrd. an Zinsausgaben spart – geschenkt.

        1. Ich respektiere und teile Ihre Einschätzung, aber was hat das alles damit zu tun, (Zitat) „Weniger Geld durch Steuersenkungen könnte man aber schon als die (Steuer-)Einnahmenseite betreffend bezeichnen.

        2. @AlterSchwede. Und was hat das alles damit zu tun, dass man weniger Geld durch Steuersenkungen aber schon als die (Steuer-)Einnahmenseite betreffend bezeichnen könnte?.

  2. In dem Steuer-Märchenland BRD wird vom schwäbischen Finanzminister ,die
    sogenannte lokal gerühmte Solidität längst durch Voodoo-Zauber ersetzt.
    Wenn zinsdurstigen Investoren mit 2,5% verzinste Anleihen zu 150% des Nennwertes verkauft werden und die 50% Aufzahlung auf das zurückzuzahlende Kapital von dem Ministerium für Finanzlügen und -betrug ,also die Hälfte des in der Zukunft zurückzuzahlenden Betrag, als erwirtschafter Betrag im Ausgabejahr komplett als Einnahme verbucht wird,dann kann man die regierungsamtlichen Verlautbarungen in die Tonne kloppen..
    Diese ganze Konstruktion aus Scheineinnahmen und versteckten Ausgaben für Renten/Pensionen ,Sozialausgaben und dem Begüßungsgeld füf den Rest der Welt etc. wird mit einer staatlichen Bilanzfälschung in eine düstere Zukunft verschoben.

    1. @klack
      Sie hatten offensichtlich den gleichen Gedanken, s.u.

      Ist es zu viel verlangt, vom Staat die Einhaltung der gleichen Bilanzierungsregeln zu fordern, die er den Bürgern per Gesetz vorschreibt? Ein Unternehmer wandert bei derart kreativer Buchführung ganz schnell hinter massive Gardinen. Ein Politiker riskiert maximal seine Abwahl bei vollen Versorgungsbezügen.

    2. sorry, ich habe das nicht verstanden:
      der Rückzahlungsbetrag beträgt 100 %; d.h. 50 % können dann doch im Ausgabejahr als Einnahme gebucht werden – oder??
      2,5 % Zinsen sind auf die 100 % zu bezahlen. Ohne Inflation zu rechnen macht der Zeichner einen Verlust von knapp 7 %

      Wo ist mein Deckfehler????

      1. Momentan ist der Zinssatz selbst für längerlaufende Anleihen ja 0%,da es aber anscheinend Investoren gibt, die Zinsen kassieren wollen, müssen diese „Anleger“ sich diese „Zinsen“ praktisch durch ein Agio auf den Nennwert der Anleihe selbst finanzieren. Kurz diese Anleger zahlen 50% mehr als der Nennwert der Anlage um z. B.20 Jahre lang 2,5% Zinsen zu kassieren können.
        Der Clou an der Berechnung des Finanzministeriums ist aber ,daß die 50% Überzahlung auf den Nennwert der Anlage im 1 Jahr komplett als Einnahme verbucht wird und diese nicht auf 20 Jahre verteilt wird um sie dann jeweils mit den zuleistenden Zinszahlungen von jährlich 2,5% zuverrechnen.
        Das Beispiel soll nur zeigen mit welcher Lumperei ausgeglichene Haushalte,bzw Haushaltsüberschüsse herbeigezaubert werden,finanzmathematisch ist das nicht ganz korrekt,aber der springende Punkt des „Financial Engineerings“ des Ministeriums Produzieren von „Überschüssen“ durch zukünftige Zinszahlungen zeigt wie absurd und verlogen die Politik agiert,

  3. Gestern hatte die Welt berichtet, dass die Zinsgewinne schon mal komplett ertragswirksam verbucht wurden, obwohl sie erst in großen Teilen in der Zukunft anfallen, https://www.welt.de/wirtschaft/article159224604/So-ruecksichtslos-schoent-Deutschland-seine-Schulden.html.

    Ein schönes Wochenende. Nächste Woche wird spannend!

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage