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Tech-Firmen mit Job-Kahlschlag – Übersicht und Ausblick

Die großen Tech-Firmen legen derzeit einen Job-Kahlschlag hin. Hier schauen wir auf einige Beispiele, und schauen auch in die Zukunft.

Blick auf San Francisco

Elon Musk hat auf schockierende Weise gezeigt, dass eine Social Media-Plattform auch mit einem Bruchteil der Belegschaft am Laufen gehalten werden kann. Gut, hinter den Kulissen bei Twitter herrscht vermutlich das blanke Chaos. Ganze Abteilungen wie zum Beispiel das Büro in Deutschland sind komplett gestrichen worden, der Kontakt zu möglichen Werbekunden wird schwieriger. Auch der Kontakt zu Gesetzgebern in Brüssel wird quasi unmöglich, wenn man sein dortiges Personal entlässt. Aber fürs Erste hat Elon Musk der Konkurrenz gezeigt, dass für das Kerngeschäft viel weniger Personal nötig ist.

Tech entlässt reihenweise Mitarbeiter

Nach jahrelangem Wachstum des Geschäfts, bei dem auch die Mitarbeiterzahl der Tech-Unternehmen immer weiter anstieg, setzt man seit einigen Monaten wohl vor allem auf das Thema Effizienzsteigerung. Bereits vor dem großen Twitter-Kahlschlag hat der Job-Kahlschlag bei den Tech-Konzernen in den USA begonnen. Schauen wir uns einige Beispiel an. Im letzten August verkündete der Neobroker Robinhood einen Abbau von 23 % seiner Belegschaft. Im November hat man offenbar bei der Google-Mutter Alphabet damit begonnen Ranking-Faktoren aufzustellen, um „Low Performer“ im Unternehmen zu identifizieren. Auf Deutsch sind das „Minderleister“, die in den Augen eines Kosten-Optimierers nicht wirklich produktiv sind. Wohl ab Beginn dieses Jahres soll Google laut Berichten damit anfangen gut 10.000 Arbeitsplätze abzubauen.

Im November verkündete Meta Platforms (Facebook) die Entlassung von 11.000 Mitarbeitern, was 13 % der Belegschaft entspricht. Mark Zuckerberg sprach in seiner Erklärung davon, dass in einem neuen Umfeld die Kapitaleffizienz gesteigert werden müsse. Es ist auch ein verständliches Phänomen, das gerade in Krisen auftritt. Das große Wachstum ist vorbei, die Aktienkurse fallen. Gerade dann schauen aktivistische Investoren auf die Kostenbasis des Unternehmens und verlangen oft Einsparungen – so auch in dieser Krise.

Gestern meldete der Software-Riese Salesforce, dass man 8.000 Mitarbeiter oder 10 % der Belegschaft entlassen wird. Und heute Nacht wurde bekannt, dass Amazon statt den bisher angedachten 10.000 Stellen die Anzahl der zu entlassenden Mitarbeiter auf 18.000 erhöht. Es handelt sich dabei um den größten Abbau von Jobs in der Firmengeschichte.

Man kann verschiedene Interpretationen finden: Nun wird Wert gelegt auf Effizienz. Auch kann man schlicht und einfach sagen, dass viele Unternehmen in der langen Phase des Booms ihre Mitarbeiterzahl zu schnell raufgeschraubt haben – angedeutet hatte dies zum Beispiel Mark Zuckerberg in seiner Erklärung im November. Was lernen wir daraus aus Sicht eines Anlegers, so schlimm Entlassungen für jeden einzelnen Mitarbeiter auch sind: Die Unternehmen werden effizienter durch den Druck ihrer Aktionäre, und sie gehen dann mit einer höheren Profitabilität in die Zukunft? Gut möglich.

Blick auf die Charts

Im ersten Chart sehen wir im Verlauf der letzten zwölf Monate die prozentualen Verluste bei den großen Tech-Aktien. Sie schnitten allesamt schlechter ab als der Nasdaq-Index mit -33 %.

Tech-Aktien mit deutlichen Verlusten in den letzten 12 Monaten

Der folgende Chart zeigt die prozentuale Entwicklung dieser Tech-Aktien seit Februar 2020. Wir sehen hier also die Entwicklung seit dem Zeitpunkt kurz vor Ausbruch der Coronakrise. Abgesehen von Alphabet sind die Gewinne wieder futsch.

Tech-Aktien seit Anfang 2020 Charts: TradingView

Expertenanalyse

Folgend zeigen wir im Wortlaut eine Analyse von Jonathan Curtis, Portfoliomanager bei Franklin Templeton. Sie trägt die Headline „Risiko-/Ertragsprofil im Tech-Sektor so gut wie seit Jahren nicht mehr“.

– Größere Unsicherheit im Segment der Konsumgütertechnologie
– Chancen in qualitativ hochwertigen plattformähnlichen Unternehmen
– Digitaler Wandel nach wie vor am Anfang

Mit Blick auf das Jahr 2023 rechnen wir damit, dass die Unternehmen trotz des moderaten Anstiegs der Zinssätze und der sich abschwächenden Wirtschaftsaktivität viele ihrer Vorhaben im Bereich des digitalen Wandels fortsetzen werden, wenn auch in einem verlangsamten Tempo. Das liegt daran, dass diese Investitionen gerade wegen des inflationären Umfelds die notwendigen Produktivitätssteigerungen bewirken. Chancen bestehen unserer Einschätzung nach in qualitativ hochwertigen plattformähnlichen Unternehmen, die für den Betrieb ihrer Kunden unverzichtbar sind, ferner in Unternehmen für Unternehmenssoftware und IT-Dienstleistungen sowie in den Unterthemen Secure Cloud und Software-as-a-Service (SaaS), Künstliche Intelligenz (KI)/Maschinelles Lernen, Zukunft der Arbeit und Cybersicherheit.

Umgekehrt rechnen wir mit einer größeren Unsicherheit im Segment der Konsumgütertechnologie, da die positiven Impulse aus der Coronapandemie weiter abnehmen, die Energiepreise in Europa steigen und sich die globale Wirtschaftstätigkeit abschwächt. Segmente wie die IT-Hardware für Verbraucher, Spiele, E-Commerce und digitale Werbung könnten noch einen etwas längeren Weg bis zur Erholung vor sich haben. Wir gehen auch davon aus, dass die zyklischen Konsumausgaben angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit und des Rückgangs der überschüssigen Ersparnisse der privaten Haushalte, die sich während der Pandemie angesammelt hatten, bei anhaltend hoher Inflation schrumpfen werden. Dies begann sich bereits im zweiten Halbjahr 2022 abzuzeichnen, was negative Korrekturen der Schätzungen für die Halbleiter-, PC-, Spiele- und Internetbranche zur Folge hatte. Wir glauben zwar, dass das unter dem Trend liegende Wachstum in diesen Branchen bis 2023 anhalten wird, sind jedoch auch der Überzeugung, dass wir uns dem Punkt nähern, an dem die Bewertungen diese Einschätzung widerspiegeln. In diesen verbraucherorientierten Kategorien konzentrieren wir uns unverändert auf Unternehmen, die eine bedeutende Größenordnung erreicht haben und die sich auf Unterthemen wie Wandel bei Digitalen Medien, neue Handelsformen, Elektrifizierung und Autonomie stützen.

Unserer Analyse zufolge ist unsere Strategie für eine Erholung gut positioniert, sobald sich die Zinsen stabilisieren und die Anleger zu unternehmensorientierten Technologietiteln zurückkehren. Dabei handelt es sich um qualitativ hochwertige Unternehmen, die ein überdurchschnittliches langfristiges Wachstumspotenzial, niedrigere Risikoeinschätzungen und verbesserte Bewertungen aufweisen. Für Anleger, die unsere langfristige Sichtweise teilen, ist das Risiko-/Ertragsprofil im Technologiesektor aus unserer Sicht wahrscheinlich so gut wie seit mehreren Jahren nicht mehr. Sollten sich die Zinssätze in den kommenden Monaten stabilisieren, kann der Technologiesektor unserer Einschätzung nach in diesem Umfeld eine attraktive Kombination aus „Offensive“ und „Defensive“ bieten, da er ein höheres Niveau an dauerhaftem säkularem Wachstum sowie starke Bilanzen und Margen aufweist.



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