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Tesla in der Nachbetrachtung: Genialer Schachzug von Elon Musk?

FMW-Redaktion

Tesla hat Umsatz und Verlust im Großen und Ganzen so geliefert wie erwartet. Diese Firma ist ein Paradebeispiel dafür, wie entscheidend für viele Anleger und Analysten nicht die Zahl an sich ist, sondern ob die Erwartungen erfüllt wurden. Senkt die Analystengemeinde also vorher ihre Erwartung nur tief genug herab, kann ein massiver Verlust als etwas Positives angesehen werden. So geschieht es von Quartal zu Quartal bei Tesla. Ein offizieller Verlust im Quartal (!) von 2,31 Dollar pro Aktie und ein bereinigter Verlust von 0,57 Dollar, wen interessiert das noch? Gefeiert hat die US-Wirtschaftspresse gestern, dass der Verlust statt erwarteten 0,58 nur bei 0,57 lag. Hurra!

Tesla selbst dürfte der ständig produzierte Verlust allerdings sehr interessieren, denn wer Verlust macht, verbrennt Cash! Kann man Elon Musk´s Verkündung von gestern Abend als genialen Schachzug bezeichnen? Zuerst erwähnte er, was den Tradern in der Nachbörse natürlich gefiel, dass man sein Produktionsziel von 500.000 Autos statt 2020 schon 2018 erreichen werde. So weit so gut. Danach erwähnte er, dass in diesem Zusammenhang natürlich auch die Kosten steigen müssen. Er nennt es „Re-Evaluating our level of capital expenditures.“ Die Kosten würden für 2016 50% höher ausfallen als die geplanten 1,5 Milliarden Dollar. Wenn man Böses unterstellt, könnte Musk sein vorgezogenes Produktionsziel und die dadurch steigenden Kosten dazu benutzen ein allgemein bestehendes Kostenproblem zu überdecken, das vielleicht nicht exklusiv etwas mit dem neuen Modell 3 zu tun haben muss.

Aber mit dem 2 Jahre früheren Erreichen seiner 500.000er-Schwelle hat Musk genau das Zuckerl gefunden, damit die Börsianer wieder Zutrauen in die Aktie haben können. Da interessiert überhaupt nicht mehr, dass die Cash Burn-Rate bei Tesla brutal ist. Im 1. Quartal verbrannte man 446 Millionen Dollar (bei 1,6 Milliarden Umsatz). Damit waren es in den letzten 12 Monaten insg. 2,1 Milliarden Dollar, die sich in Luft auflösten. Tesla schreibt selbst ganz offensiv, dass man seinen Bargeldbestand aktuell von 1,2 auf 1,4 Milliarden Dollar gesteigert habe. Das sieht super aus! Aber dazu muss man wissen, dass der Schuldenberg um 500 Millionen auf 3,1 Milliarden Dollar gestiegen ist. Also wird die gestiegene Liquidität durch noch viel stärke gestiegene Schulden finanziert.

Das sind alles keine großen Dimensionen im Vergleich zu den großen Autokonzernen, aber man muss immer bedenken, was für ein winzig kleiner Laden Tesla ist bei nur maximal 90.000 verkauften Autos in diesem Jahr, und gleichzeitig 30 Milliarden Dollar Börsenwert der Firma – ja wir haben das schon mehrfach erwähnt in den letzten Monaten, aber jetzt eben nochmal. Und erneut zum Mitschreiben: Tesla wird sein Modell 3 erst Ende 2017 produzieren. Bis dahin wird auch noch jede Menge Cash verbrannt. Aber anscheinend gilt wie immer: Diese Aktie ist ein Phänomen, denn wir vermuten einfach mal, dass all das dem Aktienkurs nichts anhaben wird wie auch schon in der Vergangenheit. Das Modell 3 mag im Vergleich zu den bisherigen Modellen den Absatz enorm ankurbeln. Aber wenn alles so eintritt wie von Elon Musk gewünscht: Ist der ganze Laden dann wirklich 30 Milliarden Dollar wert? Denn das ist jetzt schon der am Börsenkurs gemessene Gesamtwert der Firma. Man kann den Fakt nicht ignorieren, dass die Tesla-Aktie anscheinend eine treue Fangemeinde hat. Sie schloss gestern in der Nachbörse mit +2,7%.



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