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Tesla: Vor Aufnahme in S&P 500 – Aktie und Anleihe trennen Welten!

Während die Aktie von Tesla von einem Allzeithoch zum nächsten eilt, ist das bei den Anleihen von Tesla ganz anders. Warum ist das so?

Am 21. Dezember steigt Tesla in den prestigeträchtigen S&P 500 auf, Indexfonds müssen den Titel kaufen, um den Markt abzubilden, Bewertung hin oder her. Was wird am 18. Dezember passieren, wenn die passiven Indexfonds den über 630 Milliarden Dollar schweren Wert in das Portfolio aufnehmen müssen? Die aktiven Anleger haben dies bereits getan, anders wäre der Kursanstieg seit der Veröffentlichung der Aufnahme um 50 Prozent, allein im letzen Monat, nicht zu erklären.

Die Euphorie um die Aktie scheint grenzenlos zu sein. Anders die Situation bei der Anleihe von Tesla, hier scheint sich viel Skepsis zu halten.

Tesla und die Die Bewertung der Aktie

Über die Entwicklung der Tesla-Aktie im Coronajahr braucht man eigentlich nicht mehr viel zu schreiben, es war Thema in allen Wirtschaftsnachrichten das ganze Jahr über, weil es eben rational nicht mehr erklärbar ist.

635 Dollar aktuell, eine Marktkapitalisierung von zuletzt 580 Milliarden Dollar, eine höhere Bewertung als alle europäische Autobauer zusammen –  und wenn es in diesem Tempo weiter ginge, wäre Tesla bereits in wenigen Wochen mehr wert als alle Automobilhersteller der Welt, die im letzten Jahr 67,1 Millionen Pkw produziert hatten.

Noch ein paar Superlative, weil es sich fast unwirklich liest:

Sollte Elon Musks Ziel für 2020 wahr werden, wäre bei 500.000 verkaufter Pkw jedes Auto mit fast 1,2 Millionen Dollar bewertet, Volkswagen käme bei seiner Marktkapitalisierung von 95 Milliarden Dollar und 6,5 Millionen verkauften Pkw nicht einmal auf 15.000 Dollar.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für das laufende Geschäftsjahr beträgt bei Tesla 270, bei BMW 13,4 und Volkswagen 16,0. Allerdings stammt der Gewinn der Amerikaner nicht aus dem Automobilverkauf, sonst aus den Verkauf von Emissionszertifikaten. Doch dazu später mehr.

Und erst die Entwicklung der Tesla-Aktie in diesem Jahr. In Euro gerechnet startete die Aktie bei 76,96 Euro, um sich fast zu versiebenfachen (524,90 €). Vorher hatte es von 2015 bis 2019 gerade mal eine Verdoppelung gegeben. Am Unternehmenswachstum 2020 jedenfalls kann es nicht gelegen haben. Wer das Papier allerdings mehr als acht Jahre gehalten hätte, dem könnte man momentan eigentlich nur einen Rat geben..

Auch die Wandelanleihe

Der wundersame Kursanstieg macht sich natürlich auch bei der Wandelanleihe auf Tesla bemerkbar, einer Anleihe, die dem Käufer das Recht einräumt, die Obligation innerhalb einer Frist in Aktien zu tauschen.

Die in knapp vier Jahren fällige Anleihe ist binnen Jahresfrist ebenso fast 700 Prozent gestiegen und notiert derzeit bei fast 1000 Prozent in Relation zum Rückgabekurs von 100 Prozent. Was für eine Relation!

Anders die Anleihe auf Tesla

Ganz anders sieht es hingegen bei der einzigen klassischen Anleihe von Tesla aus. Emittiert vor gut drei Jahren wird das Papier mit einem jährlichen Kupon von 5,3 Prozent verzinst und dies bis zum August 2024.

Anders als die Aktie ist der Kurs der Anleihe auf Jahressicht gerade mal um gut acht Prozent gestiegen, auf derzeit ungefähr rund 104 Prozent.

Portfoliomanager sprechen von wenig Euphorie bei der Anleihe, die nicht im Entferntesten mit der Aktie mithalten kann. Im Umfeld massiver Zinsrückgänge ist die Rendite des Bonds gerade mal auf vier Prozent gesunken. Das steht wiederum im Gegensatz zu den deutschen Autobauern, deren Renditen unterhalb der Ein-Prozentgrenze notieren.

Der Anleihemarkt hat eine andere Sicht auf das Unternehmen, als es am Aktienmarkt der Fall ist.

Die Kritik zusammengefasst:

Das Wachstum

Tesla wächst, aber nur langsam. Bisher sind es 320.000 Fahrzeuge im Jahresverlauf, das Jahresziel von Musk beträgt eine halbe Million Pkw. Allerdings gibt es ausgerechnet im größten Automarkt der Welt China Schwierigkeiten.

Es gab bereits Monate mit Absatzrückgängen, auch wenn es im Monat November mit 78 Prozent oder auf insgesamt 21.600 Fahrzeugen nach oben ging. Wie der chinesischen Automobilverbands China Passenger Car Association (CPCA) andeutete, wuchs der E-Markt schneller als Tesla. Hierfür musste Tesla die Preise für das Model 3 anscheinend bereits zweimal senken, um zehn und um acht Prozent. In Deutschland wird die Konkurrenz für Tesla auch größer. Zwar sind von den im Jahr 2020 zugelassenen 150.000 Elektroautos, 10.000 Fahrzeuge aus der Model 3-Serie, aber man erwartet, dass es Volkswagen schafft, binnen zwei Jahren eine Million Elektrofahrzeuge auf den Markt zu bringen.

Der Gewinn über Umwegen

Endlich Gewinn und dies über ein Jahr, dies war der Grund für die Aufnahme von Tesla in den US-Leitindex S&P 500. Bisher ein Gewinn von 560 Millionen Dollar, nach einem Verlust von 862 Millionen Dollar im Vorjahr. Die drei deutschen Autobauer müssen nach einem Jahresgewinn (2019) von 21 Milliarden Euro zwar gewaltige Einbußen wegen Corona verkraften, aber der Swing ist längst geschafft, nicht zuletzt wegen der gewaltigen Erholung Chinas.

Aber eigentlich ist das Ganze ein Äpfel-Birnen-Vergleich.

Tesla macht nur deshalb Gewinne, weil man C02-Guthaben an andere Autokonzerne verkauft. Die so genannten Regulatory Credits machten in den ersten neun Monaten rund 1,2 Milliarden Dollar aus (378+428+397 Millionen Dollar). Ohne diese Zusatzeinnahmen wäre der Autobauer immer noch defizitär.

Nichtsdestotrotz ist der Aktienkurs von Tesla innerhalb nur eines Monats um 175 Milliarden Euro gestiegen, um fast das Zweifache des gesamten Börsenwerts von Volkswagen. Der Chart von Tesla, eine wunderschöne Parabola.

Die Kreditwürdigkeit

Wie bereits oben angedeutet, ist die Kreditwürdigkeit Teslas auf den Anleihemärkten nicht die beste. Zwar hat die Firma das Glück, dass die Investoren klaglos jede Kapitalerhöhung mitmachen (2020: Über 7 plus 5 Milliarden Dollar) und damit die Verschuldung stark gesenkt werden konnte. Der Anleihemarkt bleibt dennoch skeptisch: S&P bewertet Tesla mit BB-, Moodyˋs sogar noch zwei Stufen tiefer auf B2.

Die Aussichten für Tesla aus der Sicht der Analysten

Es gibt wohl keine Aktie in dieser Größe (was früher auch gar nicht möglich war), die eine derartige Spreizung in der Bewertung durch Analysehäuser hervorruft. Es ist wie bei den Anlegern. Entweder man macht einen großen Bogen um die Aktie – oder man liebt den Titel abgöttisch.

Bei den fast 40 Empfehlungen von größeren Häusern teilen sich die Einstufungen fast symmetrisch auf. Die Extreme: JPMorgan sieht eine dramatische Überbewertung des Titels und setzt das Kursziel auf 90 Dollar – wegen der kommenden Konkurrenz. Goldman Sachs hingegen hob das Kursziel für das nächste Jahr auf 790 Dollar an, ein Plus von 20 Prozent zur aktuellen Bewertung. Was sich wenig anhört, bedeutet aber dennoch, dass man Tesla eine Bewertung zutraut, die das Doppelte des Marktwertes von Toyota und Volkswagen zusammen ausmacht. Automobilfirmen, die zusammen über 20 Millionen Pkw verkaufen und wahrscheinlich nicht mehr weit entfernt von der Wertstellung aller Automobilhersteller der Welt zusammen.

Fazit

Wie schon einige Male erwähnt: Die Anleihemärkte sind durch die Käufe der Notenbanken bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Sehr schön erkennbar, bei den größten Märkten der Welt. Das KGV des S&P 500 (forward) beträgt 22, jenes der 10-jährigen US-Staatsanleihe liegt bei 110.

Nur bei Tesla ist dieses Verhältnis genau umgekehrt. Am 21. Dezember befindet sich der Elektropionier im größten Index der Welt, ein großes Ziel von Elon Musk ist erreicht. Es erscheint aber sehr wahrscheinlich, dass man danach und vor allem in neuen Jahr doch einmal an Gewinnmitnahmen denkt. 700 Prozent plus in einem Jahr, finanzmathematisch wird irgendwann die Mean Reversion einsetzen, egal wie gut ein Produkt und sein „Ecosystem“ auch sein mag. Irgendwann werden diese Gewinnmitnahmen kommen, bei Gewinnen, die bei manchen Langzeitinvestoren gewaltig sein müssen. Die Tesla-Aktie, die gestern wieder bei über 520 Euro notierte, gab es splitbereinigt vor acht Jahren noch für 5 Euro – eine Verhundertfachung, in nicht einmal einem Jahrzehnt.

Wenn aber jetzt das Argument kommt, man könne doch in die Relation hineinwachsen, so wie Apple. Zum Vergleich: Apple macht 2020 einen Gewinn von 57 Milliarden Dollar, bei einer Bruttomarge von fast 40 Prozent. Wie soll man bei einem Rohstoff-abhängigen Produkt, wie einem Pkw, je in so eine Dimension gelangen. Oder ist es doch die Software?

Wann kommt die Einpreisung der Realität? Am 21. Dezember hat Elon Musk sein großes Ziel erreicht. Wäre das nicht eine wunderbare Gelegenheit, für das eigentlich unvermeidliche Sell on good News?

Zielerreichung, auch was seinen 2018 vereinbarten Vertrag bei Tesla betrifft: Er wollte kein reguläres Gehalt als CEO, sondern einen Vertrag auf Optionsbasis für die Aktie, der sich in 12 Schritten anhand der Marktkapitalisierung der Aktie bis zu einer Höhe von (damals) astronomischen 650 Milliarden Dollar aufbaut. Denn zu dieser Zeit befand sich der Titel im Bereich von 250 Dollar (vor dem Split) und einer MK in der Nähe von 50 Milliarden Dollar. Ab 100 Milliarden MK Dolllar über ein halbes Jahr und jeweils in 50-er-Schritten sollte es Zuteilungen geben: Die erste Tranche mit 1,7 Millionen Aktien, zugeteilt bei einem Kurs von 806 Dollar (geteilt durch 5) ist erfolgt (Optionspreis 350/70 Dollar), elf weitere Schritte bis zu den genannten 650 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung wurden vereinbart.

Elon Musk, der Visionär – aber er ist vor allem auch ein Marketing-Genie.

Tesla - Aktie und Anleihe des Unternehmens trennen Welten, aber warum?



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