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Tesla: Warum Auslieferungszahlen irrelevant sind!

Innenansicht eines Autos von Tesla

Elektroautohersteller Tesla hat eine lange Historie der Fokussierung auf an sich nutzlose Kennzahlen. Mal sind es Produktionszahlen, mal Auslieferungszahlen, mal EBITDA, Aktienpreis oder auch Einmalgewinne, die in den Folgequartalen nicht wiederholt werden können (hier die letzten Quartalszahlen). In diesem Quartal scheint man sich wieder einmal auf Auslieferungszahlen zu konzentrieren. Die gesamte Organisation wird dazu verdonnert, alle verfügbaren Fahrzeuge auszuliefern. Koste es, was es wolle. Dabei spielt es für den langfristigen Unternehmenserfolg gar keine Rolle.

Aktueller Unternehmensfokus bei Tesla: Ausliefern, koste es, was es wolle!

In diesem Moment sind zumindest alle europäischen Tesla-Mitarbeiter damit befasst, jedes in Europa stehende Fahrzeug auch auf jeden Fall in diesem Quartal auszuliefern. Die dabei gegenüber Mitarbeitern wie Kunden aufgebaute Drohkulisse ist abstrus und führt mitunter zum gegenteiligen Effekt. So werden Kunden damit bedroht, ihre bestellten Fahrzeuge zu stornieren, selbst wenn sie schon bezahlt wurden, wenn nicht eine Abholung binnen weniger Tage zugesichert wird. Unberücksichtigt bleibt dabei, dass in vielen Städten die Fahrzeugzulassung Wochen benötigt. Die Mitarbeiter stornieren also lieber einen sicheren Verkauf in der Hoffnung, das Fahrzeug noch in den kommenden zwei Wochen an jemand anderen verkaufen und ausliefern zu können, als zu riskieren, am Monatsende ein nicht ausgeliefertes Fahrzeug auf dem Hof stehen zu haben.

Angeblich definitiv unmögliche Neuwagen-Rabatte werden inzwischen auch wieder gewährt, obwohl Tesla aufgrund der Fabrikschließung im April und Mai kaum noch Lagerfahrzeuge in Europa hat und auch in den kommenden Monaten kaum welche haben wird. Es ist also relativ wahrscheinlich, im Juni unverkaufte Fahrzeuge bis zum Eintreffen der nächsten Quartalslieferung in zwei Monaten auch unrabattiert verkauft zu bekommen.

Da Tesla jedoch vor einigen Wochen Mitarbeiter aus den Auslieferungszentren entließ bzw. in 100-prozentige Kurzarbeit schickte, sind inzwischen Verkäufer damit befasst, Fahrzeugauslieferungen zu koordinieren oder sogar durchzuführen. Tesla opfert also zukünftige Umsätze für kurzfristige Umsätze. Und es ist mitnichten so, dass sich die Fahrzeuge noch wie geschnitten Brot von selbst verkaufen. Wenn Verkäufer jetzt ausliefern, statt zu verkaufen, fehlt es in einigen Wochen an Aufträgen für die dann eintreffenden Fahrzeuge.

Kunden und Mitarbeiter leiden unter Teslas Fokus auf unwichtige Kennzahlen

Mit dem unreflektierten Fokus auf Quartalszahlen schafft sich Tesla selbst diverse Ineffizienzen, wie z.B. die kostenaufwendige Fahrzeugzustellung zu den Kunden nach Hause, und verschleißt die eigenen Mitarbeiter in der regelmäßig alle drei Monate auftretenden Quartalsend-Hölle. Statt die Auslieferungen geglättet in den zwölf Wochen eines Quartals durchzuführen, ballt sich die Masse der Auslieferungen in den letzten zwei Wochen des Quartals. Selbst für den letzten Tag des Monats sind Auslieferungen angesetzt von Fahrzeugen, die erst am selben Tag im Auslieferungszentrum eintreffen sollen. Die Folge sind dann all die in den Nutzerforen immer wieder berichteten Fehler und Probleme. Angefangen von falschen oder fehlenden Fahrzeugpapieren, an falsche Standorte gelieferte Fahrzeuge, schlampige Aufbereitung, Auslieferung defekter Fahrzeuge, keinerlei Kundenservice vor Ort bis hin zu langen Wartezeiten trotz Termin erwartet den Tesla-Kunden regelmäßig zum Quartalsende der gleiche Ärger.

All das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Nachfrage nach Teslas Fahrzeugen inzwischen weit hinter den eigenen Vorhersagen hinterher hinkt. CEO Elon Musk selbst ging davon aus, Ende 2018 auf eine Produktionsrate von 500.000 Model 3 zu kommen und diese 500.000 Model 3 selbst in einer Rezession verkauft zu bekommen. Nun lag er selbst ein Jahr später erst bei 360.000 produzierten Model 3 pro Jahr und dürfte Schwierigkeiten haben, auch nur diese 360.000 Stück in der Rezession abzusetzen. Die beiden wichtigsten Märkte Europas, Niederlande und Norwegen, zählen inzwischen so wie der Rest Europas in Teslas Quartalsbilanzen als „sonstiger Markt“. Grund dafür könnte sein, dass die Zahlen ernüchternd sind.

Der Markt wird schwieriger für Tesla

In den Niederlanden kommt Tesla bis heute auf nur 411 Neuzulassungen in diesem Quartal. Vor einem Jahr waren es zur gleichen Zeit 3.200 und im 4. Quartal 2019 sogar fast 20x so viele Autos. In Norwegen, ehemals Teslas größter Markt nach den USA, wurden in diesem Quartal volle 106 Autos von Tesla zugelassen. Porsche kam auf doppelt so viele Elektroautos im gleichen Zeitraum. Und selbst in China, wo Tesla extra eine eigene Fabrik zur Bedienung des lokalen Marktes baute und bis heute in der Bilanz zu verstecken weiß, läuft es nicht rund. Konnten im Vormonat nur rund ein Drittel der gebauten Autos abgesetzt werden, waren es im Mai wenigstens kalkulatorisch alle gebauten Autos. Trotz kürzlich durchgeführter Preissenkung blieben also die 2/3 im April unverkauften Autos auch im Mai unverkauft.

Ist Besserung in Sicht? Kaum! Tesla lebt noch immer von der Hand in den Mund. So etwas wie ein Backlog, ein Orderbuch mit unerfüllten Lieferwünschen, gibt es nicht. Ob Model 3, S oder X, wer heute bestellt, bekommt sein Auto im nächsten Quartal. Selbst das erst im Vorquartal gestartete Model Y, ein aufgebocktes Model 3, auf dem die Hoffnungen der Fans und des Unternehmens ruhten und dem manche das zehnfache Verkaufsvolumen des Model 3 zutrauten, ist ein Ladenhüter. Wer heute bestellt, kann sein Model Y sogar noch vor Quartalsende bekommen. Vor diesem sollte noch einmal jeder kritisch hinterfragen, inwiefern eine Marktkapitalisierung angemessen ist, die dem siebenfachen Jahresumsatz eines Unternehmens mit sinkendem Umsatz entspricht, das noch in keinem Jahr seiner Existenz Gewinne erwirtschaften konnte.



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5 Kommentare

  1. Hallo Herr Schuhmanns,
    immer dieses Tesla bashing.
    Durch diese unreflektierte Aussagen ziehen Sie den Ärger aller Tesla-Jünger auf sich.
    Also bitte lassen Sie es…
    Der Kurs kann doch nur in den Himmel steigen!

  2. Warum soll man nicht die Wahrheit sagen? Braune Sozialisten werden auch immer gebasht. Zurecht, weils die Wahrheit ist!

    Andererseits muß man sagen, daß die Menschheit lieber eingelullt werden will. Sie will die Wahrheit gar nicht wissen, siehe Herr Scheer. (Jemand hat hier über Markus Krall unverfroren dasselbe gesagt, er solle die Klappe halten, er könne ihn nicht mehr hören. Aha, er will die Wahrheit nicht mehr hören. Ist ja fast ein Lob für Herrn Krall.)

    Die Folge ist, daß Tesla durch sein Lügen und Täuschen immer Milliarden zur Verfügung hat. Und wieder eine Aktienemission. Und noch eine Kapitalerhöhung. Er verkauft Zukunft, auch wenn sie gelogen ist. Wird schon irgendwas wahres dran sein. Tja, eher nicht. Norwegen zeigt die Wahrheit. Denn er hat bisher mit viel Investoren-Geld und genausoviel Verlust schlechte Autos verkauft. Und das ist bei Konkurrenz eben Ende Gelände. Schade um das verpulverte Investorengeld. Und darum gehts Herrn Schuhmans & Kollegen. Zurecht.

    1. Guten Abend, sehr geschätzte Sabine!
      Also, ich fahre seit nunmehr über ein Jahr einen Tesla S 100 D und kann dieses „Ding“ nur loben! Keinerlei Probleme, erreicht die angegebene Reichweite und ist einfach ein großartiges Fahrzeug. Zugegebenrmaßen ist die „Kiste“ nicht so wirklich billig gewesen aber ich wüßte nicht welcher Wettbewerber auch nur annähernd Vergleichbares anbieten könnte.

      1. Geschätzte Furumsteilnehmer,
        danke für Ihren Kommentar.
        Aus meiner sicht reiht sich Tesla von der Kursentwicklung in den Wahnsinn der aktuell allgemeinen Irrationalität ein. (vom Gefühl zwischen Hertz und VW)
        Ich bin davon überzeugt das Tesla als Unternehmen revolutionäre Entwicklungen gemacht hat und sehe eine große Schuld bei den alten Automobilherstellern und deren Entwicklungen.
        Dennoch sehe ich absolut keinen rationale, auch unter Berücksichtigung der Fantasie, annähernd vernünftige Kursentwicklung. Der Kurs erinnert mich vielmehr an eine kopflose Euphorie die am Ende einer Periode herrscht. Daher bin ich auch auf diesem Wert short.

        1. S.g. SCHEER!
          Noch eine Bemerkung zu Tesla sei gewährt. Als Trader bin ich bei ca. 342 USD im Vorjahr long gegangen, in Verbindung mit einer Wette um eine schöne Flasche Rotwein. TP und Wettziel waren bei 1.000 USD Kurs. Nun beides ist eingetroffen und es ist mir als Trader eigentlich egal ob ein Kurs irrational verläuft. Sehr schmerzhaft habe ich lernen müssen, dass immer dann wenn ich fundamentale Daten in mein Trading habe einfließen lassen es zumeist sehr viel Geld gekostet hat. Trading und vermeintlich, auf Grund von der permanenter Berieselung von sog. Expertenmeinungen, zu erwartende logische Kursverläufe sind schlicht weg unvereinbar. Das im „Oberstübchen“ zu akzeptieren fällt zugegebenermaßen nicht ganz leicht ist aber für erfolgreiches Trading unumgänglich. Umgelegt auf Tesla und Elon Musk hat das für mich bedeutet, dass das Ding schlicht weg steigen muss, da es parallel mit dem weltweit schon fast manischen E-Mobilitätswahnsinn und der technischen Überlegenheit aus meiner bescheidenen Sicht dazu führen musste. Und zumindest der S 100 ist wirklich ein tolles, konkurenzloses Fahrzeug.

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