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The Big Short und Margin Call – ARD legt die Finanzkrise ins Nachtprogramm

Wall Street U-Bahn Station - Finanzkrise mit Ausgangspunkt New York

Was darf der deutsche Michel am kommenden Sonntag um 20:15 Uhr direkt nach der Tagesschau in ARD konsumieren? Den guten alten Tatort mit einem „allseits beliebten“ Till Schweiger. Und um 21:45 Uhr folgt ein gewisser Kommissar Wisting aus Norwegen. Sicherlich ein Schmankerl, welches man dem TV-Zuschauer nicht zu einem späteren Zeitpunkt zumuten kann? Daher bleibt dem ARD-Zuschauer, der sich freuen würde vielleicht mehr Hintergründe über die Finanzkrise 2008 zu erfahren, mal wieder nur das Nachtprogramm. Kein Problem, denn der Otto-Normal-Arbeitnehmer kann sicherlich problemlos ab 23:35 Uhr einschalten, und den Film „Margin Call“ bis 1:18 Uhr Montag früh anschauen?

Nur zwei Filme zeigen die Zusammenhänge der Finanzkrise 2008

Genau so hatte sich die ARD schon vor Kurzem entschieden, als man den Film „The Big Short“ ins Nachtprogramm legte. Ebenfalls Start Sonntag 23:35 Uhr. Schon merkwürdig. Die einzigen beiden (leider) großen Hollywood-Filme, die sich wirklich ansehnlich und inhaltlich gut gemacht mit den Geschehnissen rund um die Finanzkrise 2008 beschäftigen, wurden von der ARD identisch auf den Sendeplatz Sonntag 23:35 Uhr gelegt, mit einer Woche Abstand.

Zufall? Nein, bitte, wir wollen hier keine Verschwörungstheorie aufmachen, dass die ARD dem Bürger die großen Zusammenhänge der Finanzkrise absichtlich verschweigen will, und deswegen sowas Nachts ausstrahlt. Wie schon bei „The Big Short“ vermuten wir auch jetzt bei „Margin Call“, dass die Programmplaner der ARD sich einfach sagen: Der Zuschauer interessiert sich in der Primetime für Silbereisen, Schweiger, Fröhliche Liederabende und Norwegen-Krimis, aber eben nicht für Finanzthemen. Das will der Bürger, der Abends in seinen TV-Sessel sinkt, einfach nicht sehen, sondern eher einfache, sanfte Kost? Aber warum laufen dann Formate wie „Hart aber Fair“ Montags um 21 Uhr, und nicht auch erst ab Mitternacht?

Es mag sein, dass der Bürger am Sonntag Abend lieber Silbereisen und Schweiger sehen will. Aber würden diese beiden Filme (The Big Short und Margin Call) sagen wir mal statt Till Schweiger um 20:15 Uhr laufen, dann könnten doch zahlreiche Zuschauer im Nachhinein sagen: „Hey… das habe ich ja noch gar nicht gewusst, interessanter Film. Jetzt habe ich die Zusammenhänge hinter der Finanzkrise etwas besser verstanden“. Aber wenn der Zuschauer, der spätestens um 23 Uhr die Glotze ausmacht, weil er nächsten Tag arbeiten muss, überhaupt nichts von diesen Filmen mitbekommt, dann weiß er/sie auch gar nicht, was er/sie da verpasst hat.

Margin Call jetzt am kommenden Sonntag Abend um 23:35 ist unserer Meinung nach genau so sehenswert wie The Big Short. Also, Decoder programmieren oder länger wach bleiben, es lohnt sich – auch wenn Margin Call nicht auf Zahlen-Details eingeht, und eher etwas allgemeiner gehalten ist. Tja, und die allermeisten ARD-Zuschauer werden dann Sonntag Abend wie üblich mit Schweiger und Norwegen-Krimi berieselt. Denn der deutsche Michel, der will ja nichts anderes vorgesetzt bekommen?



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2 Kommentare

  1. Also ich finde, dass dieser Hollywood-Streifen – und dabei folgende Szene – die Wall Street und das Finanzsystem am besten erklärt: https://youtu.be/gvUd7uBMRS8

    Das sollte als kurzer Spot gleich nach den 8-Uhr-Nachrichten gesendet werden! Das wäre noch Bildungsfernsehen und ein echter Erkenntnisgewinn für die Massen ;-)

    1. @Lausi, da bin ich voll bei Ihnen. Das ist umkompliziert, verständlich, geht in medias res und sollte eigentlich ab der 5. Klasse unterrichtet werden. Ich meine das ohne Ironie und Sarkasmus, in dieser Szene wird in 5 Minuten dem Joe Sixpack überspitzt, aber treffend erklärt, was die beiden anderen Filme stundenlang nicht schaffen. Bildung und Erkenntnis in wenigen Minuten, alles andere würde nur für Verwirrung und Verschleierung sorgen.

      Margin Call lief bereits gefühlte 100 Mal im öffentlichen TV und in den Mediatheken, und kaum einer ohne VWL- und BWL-Studium oder jahrelange Tradig-Erfahrung versteht das atemlose und übernervöse Brokergewäsch und interessiert sich in der Folge für den Film. Wer gerne in seiner persönlichen Prime-Time das glotzt, was er will, und zu geizig für Pay-TV ist, sollte einmal in der ZDF-Mediathek auf Bad Banks zappen. Internationaler Bankenkrimi im Stile des gewohnten Tatort, wenig Hollywood, nahe an der europäischen Realität, seit ewigen Zeiten in der Mediathek verfügbar.

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