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Thyssenkrupp: Dieser Chart kostet CEO den Job, trotz Stahlfusion mit Tata

Thyssenkrupp trennt sich von seinem Vorstandsvorsitzenden Heinrich Hiesinger. Besser gesagt: Er bittet den Aufischtsrat um eine „einvernehmliche Vertragsauflösung“. So sehr wie bei Thyssenkrupp wurde ein Chef wohl noch nie aus seinem Büro herausgelobt wie in diesem Fall. Im Twitter-Account von Thyssenkrupp überschlägt man sich aktuell mit Lobeshymnen auf Hiesinger. Nur dank ihm habe die Firma überhaupt in den letzten Jahren überleben können, und man habe ihm unendlich viel zu verdanken usw.

Es sieht wirklich merkwürdig aus. Erst am Mittwoch wurde die Fusion der gesamten Stahlsparte von Thyssenkrupp mit der indischen Tata Steel verkündet. Der komplette Stahlbereich verlässt das operative Geschäft der Firma, und wird eigenständig weiter arbeiten. Thyssenkrupp schöpft also quasi nur noch ein Mal im Jahr 50% der Dividende aus dem neuen Stahlunternehmen ab. Das war´s, mehr nicht. Man bleibt im Aufsichtsrat vertreten, und begleitet die neue Firma quasi als Kapitalinvestor.

Gestern Abend bat Hiesinger offiziell seinen Aufsichtsrat um Vertragsauflösung. Vermutlich wird es aber eher eine Flucht gewesen sein. Besser das Gesicht wahren und um Vertragsauflösung bitten, bevor extrem ungeduldige Finanzinvestoren den Aufsichtsrat drängen Hiesinger zu entlassen. Denn große aggressive Investoren aus der Private Equity/Hedgefonds-Szene halten einen bedeutenden Anteil an Thyssenkrupp.

Cevian Capital und Elliott Management kontrollieren 20% der Anteile. Wie man in Finanzkreisen hört, gab es sagen wir mal vorsichtig ausgedrückt „Unzufriedenheit“ bei diesen Investoren über die langfristige Performance der Aktie. Das wird Hiesinger´s Position wohl geschwächt haben. Kam er seiner Entlassung zuvor? Wollen diese aggressiven Investoren womöglich den Rest von Thyssenkrupp weiter filetieren und so einen ganz kurzfristigen Mehrwert für die Aktionäre schaffen, zum Beispiel über Sonderdividenden?

Bis am Ende nichts mehr vom Laden übrig bleibt als eine leere Hülle. Wie die Gespräche im Hintergrund genau verlaufen sind, werden wir Außenstehenden wohl nie erfahren. Aber da gäbe es ja noch die „Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung“. Sie hält 21% der Thyssenkrupp-Aktien. Hätte sie einen Verbleib von Hiesinger gewollt – ein lauter Hinweis hierzu hätte wohl gereicht. Offenbar sehen alle Seiten die schwache Performance der Aktie. Es wirkt so als habe man sich gesagt: Komm, lass den Hiesinger den Tata-Deal noch machen, dann schmeißen wir ihn raus, wenn er nicht von selbst geht.

Die Aktie notiert heute mit +1,4%, obwohl man heute schon deutlich höher im Plus lag. Der Markt sendet damit folgendes Zeichen: Ein Wechsel in der Chefetage könnte Bewegung bringen in die Hoffnung, dass „der Laden“ noch weiter restrukturiert beziehungsweise weiter aufgespalten wird. Immerhin war Hiesinger sieben Jahre lang Chef, und womöglich sahen Aktionäre keine Hoffnung mehr auf wirklich einschneidende Reformen bei der Rest-Firma (ohne Stahl). Möglicherweise steht ein weiterer Kahlschlag mit Entlassungen bei Thyssenkrupp bevor? Das dürfte der Aktie kurzfristig gut tun.

Der Langfristchart am Ende des Artikels zeigt den Vergleich der Aktie in den letzten 14 Jahren mit dem Dax. 2011 begann die Abkopplung, der Dax stieg immer weiter, Thyssenkrupp stagnierte. Ganz einfach runtergebrochen wird das der Grund sein, warum nun aus Aktionärssicht endlich was passieren muss! Eigentlich wollte Hiesinger nächste Woche weiter Umstrukturierungspläne mit dem Aufsichtsrat besprechen. Aber vermutlich war das zu lau für die Aufsichtsräte, von denen einige auch aus dem Kreis der Finanzinvestoren stammen.

Zitat Thyssenkrupp:

Prof. Dr. Ulrich Lehner: „Der Vorstand unter Leitung von Heinrich Hiesinger hat thyssenkrupp aus einer existenzbedrohenden Krise befreit und das Unternehmen in Umsetzung der mit dem Aufsichtsrat vereinbarten Strategie zukunftsfähig gemacht. Ohne Heinrich Hiesinger würde es thyssenkrupp nicht mehr geben. Ich bin ihm zutiefst dankbar für das, was er erreicht hat und vor allem für die Art und Weise, wie er es erreicht hat: klug, bescheiden, konsequent – mit Weitblick und einem tief verankerten Verständnis von unternehmerischer und gesellschaftlicher Verantwortung – als Vorbild und immer gleichermaßen im Interesse von Kunden, Mitarbeitern und Aktionären.“

Thyssenkrupp-Aktie vs Dax
Die Thyssenkrupp-Aktie seit 2004 in orange vs Dax in schwarz.



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1 Kommentar

  1. Ich hoffe nur, dass ein Nachfolger eine vernünftige Strategie mitbringt. Momentan
    sieht es so aus,als ob die Geldhaie das grosse Fressen vorbereiten. Ich hoffe nur,
    dass es bei ThyssenKrupp wieder ruhiger wird.

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