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Thyssenkrupp: „Teilung“ soll „Zerschlagung“ verhindern – hier die Details, und das Risiko zu guter Letzt

Kein Witz. Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff bezeichnet die unmittelbar bevorstehende Teilung seiner Firma in zwei unabhängige Unternehmen als eine Art Rettung vor der Zerschlagung. Aber ist Teilung nicht das selbe wie Zerschlagung? Das möchten wir „Kleingeistige“ von FMW mal einfach so in den Raum stellen als Frage. Am Ende dieses Artikels möchten wir nochmal darlegen, was aus unserer Sicht am Ende dieser Entwicklung stehen kann. Aber zunächst mal zu den Fakten. Liebe Leserin, lieber Leser, beurteilen Sie erstmal selbst die Faken. Der folgende aktuelle Wortlaut von Thyssenkrupp zeigt auf, wie der Konzern, aus dem schon die Stahlsparte herausgelöst wurde, nun nochmal in zwei Teile zersplittet werden soll. Beurteilen Sie selbst, ob das gut und sinnvoll sein kann, und danach gibt es nochmal unseren Kommentar. Zitat Thyssenkrupp auszugsweise:

Der Vorstand der thyssenkrupp AG wird dem Aufsichtsrat in einer außerordentlichen Sitzung am Sonntag, den 30. September 2018, eine Teilung des Konzerns in zwei deutlich fokussiertere und leistungsfähigere Unternehmen vorschlagen. Die Industriegüter- und die Werkstoffgeschäfte sollen künftig jeweils als eigenständige, börsennotierte Gesellschaften mit direktem Kapitalmarktzugang geführt werden. Der Vorstand ist überzeugt, dass sich die Geschäfte in dieser Neuaufstellung besser entwickeln und auf ihre Stärken konzentrieren können. Beide Unternehmen sollen den Namen thyssenkrupp weiterführen.

Guido Kerkhoff, Vorstandvorsitzender der thyssenkrupp AG: „In den vergangenen Wochen wurden in der Öffentlichkeit unterschiedlichste strategische Optionen für thyssenkrupp diskutiert und sehr oft zugespitzt. Doch die Welt ist nicht schwarz-weiß. Es gibt nicht nur ’Weiter so‘ und Zerschlagung, sondern immer auch Alternativen, die der Verantwortung sowohl für unsere Mitarbeiter als auch für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens gerecht werden. Genau danach haben wir als Vorstand gesucht – ohne Angst und Träumerei. Wir schlagen jetzt eine Lösung vor, die nicht nur Wert für unsere Aktionäre schafft, sondern auch die Entwicklungsperspektiven unserer Geschäfte spürbar verbessert.“

Die Teilung in zwei Unternehmen wird als Abspaltung erfolgen. Aktionäre der thyssenkrupp AG werden nach der Teilung zwei Aktien halten: eine der künftigen thyssenkrupp Materials AG (bisher thyssenkrupp AG) und eine der neuen thyssenkrupp Industrials AG. An der thyssenkrupp Materials AG [1] werden die bestehenden Aktionäre weiterhin 100 Prozent halten, an der thyssenkrupp Industrials AG zunächst eine deutliche Mehrheit. Der verbleibende Anteil wird anfänglich als Rückbeteiligung von der thyssenkrupp Materials AG gehalten; damit wird eine angemessene Kapitalausstattung der thyssenkrupp Materials AG [1] sichergestellt. Schulden und Pensionsverpflichtungen werden angemessen auf beide Unternehmen verteilt. Damit erhalten beide Gesellschaften eine bessere Kapitalausstattung, die ihnen einen guten Start ermöglicht.

Zwei Gesellschaften mit klarem Profil und eindeutiger Ausrichtung

Die Teilung in zwei unabhängige Unternehmen verbindet industrielle Logik mit den Anforderungen des Kapitalmarkts und ist wirtschaftlich tragfähig – ganz im Sinne von Kunden, Mitarbeitern und der Region:

thyssenkrupp Industrials wird aus drei Einheiten bestehen: erstens dem Aufzuggeschäft, zweitens dem Automobilzulieferergeschäft und drittens dem Kernanlagenbau. Die Aufzüge bleiben in ihrer heutigen Aufstellung unverändert. Components Technology wird auf das Automobilgeschäft konzentriert. Die Großwälzlager (Bearings) und das Schmiedegeschäft (Forged Technologies) werden aus dem Bereich ausgegliedert. Neu hinzu kommt der Bereich System Engineering, der z.B. Produktionsstraßen für Autos baut und bisher bei Industrial Solutions angesiedelt ist. Damit werden die Automobilkompetenzen in einem Bereich gebündelt. Die dritte Säule der Industriegeschäfte wird in Zukunft der fokussierte Kernanlagenbau sein. thyssenkrupp Industrials wird demnach ein reines Industriegüterunternehmen.

Der andere Teil – thyssenkrupp Materials – wird aus den folgenden Einheiten bestehen: dem Werkstoffhandel Materials Services, dem 50-Prozent-Anteil an dem künftigen Stahl-Joint-Venture, den Großwälzlagern, dem Schmiedegeschäft sowie dem Marinegeschäft. Damit entsteht ein Werkstoffkonzern, der die Stahl- und Edelstahlproduktion, den Materialhandel sowie die stahlnahe Weiterverarbeitung vereint, über eine führende Marktposition in Europa verfügt und aus einer Position der Stärke heraus auch Konsolidierungschancen nutzen kann.

Die beiden Unternehmen werden eine vergleichbare Größenordnung haben: Auf der Basis von Pro-forma-Zahlen für das Geschäftsjahr 2016/17 würde die thyssenkrupp Industrials AG mit rund 90.000 Mitarbeitern einen Umsatz von etwa 16 Mrd € erwirtschaften. Die thyssenkrupp Materials AG käme mit knapp 40.000 Mitarbeitern auf einen Umsatz von etwa 18 Mrd €.

Unsere Meinung

Wo soll das Risiko bei der Sache sein? Ist es nicht letztlich egal, ob es eine große Thyssenkrupp gibt, oder zwei kleinere unabhängige Firmen, die gesund sind? Wir hatten uns gestern schon kritisch über diese Aufspaltung geäußert, und möchten dies an dieser Stelle wiederholen. Wenn es zukünftig zwei getrennte Unternehmen gibt, sind sie als einzelne Einheiten an der Börse auch deutlich weniger wert. Sie sind daher deutlich anfälliger für Übernahmen durch große Konkurrenten. Und die könnten dann mit der großen Sense Arbeitsplätze abbauen, wenn sie Werke von Thyssenkrupp in die eigene Konzernstruktur integrieren. Für die Aktionäre von Thyssenkrupp mag das durchaus eine tolle Sache sein, weil kurzfristig Kursgewinne erzielt werden können. Auch beim letztlichen Verscherbeln der Einzelteile an große Konzerne kommt es ja oft noch mal zur Kursaufschlägen für die bisherigen Aktionäre, und man kann noch ein Mal ein paar Euros extra einstreichen – und das war es dann mit der großen deutschen Industriegeschichte von Thyssenkrupp.

Thyssenkrupp Zentrale
Die Thyssenkrupp-Zentrale. Foto: Tuxyso CC BY-SA 3.0



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2 Kommentare

  1. Arbeitsplätze werden abgebaut, neue hochbezahlte Vorstandsplätze werden geschaffen. Da müssen dann schon einige Mitarbeiter gehen, damit am Ende die Gesamtgehälter der Unternehmen auch sinken …

  2. Die vorstände arbeit ja auch erstmal für die Aktionäre.
    Solange die 51% mehrheit nich bei thyssen bleibt, wird sich da nichts ändern.

    Interessant sind die Bereiche.
    Kernkraft ist in vielen ländern aussterbend.
    Mit den EE sind grosskraftwerke auf dem Rückzug. Damit die gr Wälzlager.

    Wie bei den Energieriesen, wird hier offenbar das zukunftfähige vom Alteneisen getrennt.

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