Donald Trump hat heute Nacht 25 % Autozölle eingeführt. Nicht nur fertige Autos, auch der Import einzelner Autoteile aus dem Ausland wird bezollt. Los geht es ab dem 3. April. Die Auswirkungen für die US-Hersteller (komplexe Lieferketten) dürften spürbar sein, aber noch mehr für ausländische Hersteller, vor allem aus Mexiko, Kanada, Japan, Südkorea und Deutschland. Hier lassen wir verschiedene Experten zu Wort kommen, die diese neue Welt der massiven Zölle am Automarkt einordnen.
IW: Trump-Zölle „erschüttern die Autoindustrie“
US-Präsident Donald Trump spricht vom „Tag der Befreiung Amerikas“. Für ihn bedeutet das: hohe Strafzölle für die Welt. Besonders stark betroffen sind zunächst die US-Hersteller, deren Produktionsnetzwerke eng mit Mexiko und Kanada verflochten sind. Ersten Schätzungen zufolge werden die Zölle die Produktionskosten in den USA nach oben treiben und aufgrund der Verwerfungen in den Lieferketten zu spürbaren Produktionsrückgängen führen. „Mit diesem Schritt trifft Trump zunächst einmal das eigene Land“, so sagte es vor wenigen Minuten Thomas Puls vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW).
Die Strafzölle treffen aber auch sämtliche Lieferländer mit Wucht, so das IW. Die wichtigsten Lieferanten von fertigen Fahrzeugen und Zulieferteilen in die USA sind Mexiko, Südkorea, Japan, Kanada und Deutschland. Für die deutsche Autobranche sind die USA laut IW ein wichtiger Absatzmarkt: Im Jahr 2024 gingen demnach rund 35 Milliarden Euro aus dieser Branche an Warenexporten in die USA. Mit knapp 28 Milliarden Euro sind Kraftwagen und -Motoren darunter der mit Abstand wichtigste Posten, der Rest entfällt vor allem auf andere Autoteile. Die Autoindustrie steht damit für fast 22 Prozent der gesamten deutschen Ausfuhren in die USA.
Weiter schreibt das IW aktuell, dass Trumps Zollangrif zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt kommt. Denn die deutsche Wirtschaft schwächelt, die deutschen Autobauer und ihre Zulieferer würden Schlagzeilen mit Krisenmeldungen machen. Der US-Exportmarkt sei eine wichtige Säule, sowohl direkt und indirekt über Mexiko und Kanada. Völlig überraschend komme das nicht: In einer früheren Umfrage gingen 86 Prozent der deutschen Zulieferer davon aus, dass sie seit längerem angedrohten US-Zöllen deutlich spüren werden. Besonders betroffen ist laut dem IW Porsche: Die Zuffenhausener verfügen im Gegensatz zu den anderen deutschen Marken über keine Fertigung in den USA, im Jahr 2024 verkauften sie mehr als ein Viertel ihrer Fahrzeuge in Nordamerika. Die EU könne das nicht einfach so stehen lassen. Sie muss laut IW schmerzhafte Gegenmaßnahmen ins Schaufenster stellen, damit Trump sich auf Verhandlungen einlässt.
Commerzbank-Analyse
Hier zeigen wir Auszüge aus der aktuellen Analyse der Ökonomen der Commerzbank: Gemäß einer Ankündigung von Präsident Trump werden die USA einen zusätzlichen Zoll von 25% auf Importe von Autos und wichtigen Autoteilen erheben. Dies dürfte nicht nur Exporteuren etwa in der EU Probleme bereiten, sondern auch die Lieferketten der nordamerikanischen Autoindustrie belasten. Gleichzeitig sollten die Autopreise in den USA anziehen. Konkrete Gegenmaßnahmen der Handelspartnerländer sind zwar noch nicht bekannt. Darüber wird aber in nächster Zeit beraten werden.
Die Autozölle sind nur ein weiterer Schritt in der Umsetzung der protektionistischen Agenda der Trump-Administration. Groß angekündigt hat Trump den „Liberation Day“ (Befreiungstag) am 2. April. Dann will die US-Regierung die Grundzüge der „reziproken Zölle“ verkünden. Hier geht es vor allem darum, die „unfairen“ Handelsbeziehungen mit den wichtigsten Importeuren auf eine neue Grundlage zu stellen. Im Fokus stehen wohl zunächst die von US-Finanzminister Bessent so genannten „Dreckigen Fünfzehn“ (Dirty 15). Dabei dürfte es sich unter anderem um die EU, China, Japan und Südkorea handeln. Man will für jedes Land offenbar einen Zollsatz berechnen, der nicht nur die von den Handelspartnern auf US-Waren erhobenen Zölle berücksichtigt, sondern auch nicht-tarifäre Handelshemmnisse wie Einfuhrquoten. Verschiedentlich wird sogar die Mehrwertsteuer, wie sie beispielsweise in der EU erhoben wird, als eine Art Zoll auf die Einfuhren von US-Waren gewertet.
Donald Trump will zwar eigenen Aussagen zufolge die unfairen Praktiken der Handelspartner nicht vollständig vergelten. Zudem stellt er eine Reihe von Ausnahmen in Aussicht. Viel wird daher von der genauen Ausgestaltung dieser reziproken Zölle abhängen. Letztlich werden die protektionistischen Mauern noch höher werden, und es steigt das Risiko einer Zollspirale. Denn die Handelspartner werden nicht alle US-Maßnahmen widerstandslos hinnehmen. Sollten die USA auf die zu erwartenden Gegenmaßnahmen mit noch weitergehenden Zöllen antworten, wird sich das weltwirtschaftliche Umfeld deutlich eintrüben.
Entsprechendes ist zu befürchten, wie Donald Trump auf Truth Social angedroht hat: „Wenn die Europäische Union mit Kanada zusammenarbeitet, um den USA wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, werden hohe Zölle, weitaus höher als derzeit geplant, auf beide Länder erhoben, um den besten Freund zu schützen, den jedes dieser beiden Länder je hatte!“
Das bisher letzte Beispiel für eine außer Kontrolle geratene Zollspirale waren die 1930er Jahre, was zu einer Vertiefung der Weltwirtschaftskrise beigetragen hat. Der „Best Case“ wäre, dass ab dem 2. April die wesentlichen Zollmaßnahmen auf dem Tisch liegen, die Unternehmen und Handelspartner also wissen, worauf sie sich einzustellen haben. Sollte es dann gelingen, die beschriebene Eskalationsspirale aufzuhalten, könnte ein zu starker Schlag für die Weltwirtschaft unter Umständen vermieden werden. Langfristig könnten sich Teile des Welthandels an den USA vorbei neu organisieren. Ob das im US-Interesse liegt, steht dahin.
T. Rowe Price
Howard Woodward, Portfolio Manager beim Vermögensverwalter T. Rowe Price, schreibt aktuell: Die jüngste Ankündigung der USA, einen Zoll von 25 % auf im Ausland hergestellte Autos zu erheben, hat den europäischen Markt für Autoanleihen in Aufruhr versetzt. Marktstimmung: Der Markt war zwar in gewisser Weise auf zusätzliche Zölle vorbereitet, doch der Zeitpunkt und das Ausmaß waren unerwartet. Dies verschlechtert die ohnehin schon schwache Stimmung der europäischen Verbraucher für hochpreisige Autos. Wir gehen davon aus, dass die Margen der europäischen Autohersteller in diesem Jahr und wahrscheinlich bis 2026 unter Druck bleiben werden.
Marktpositionierung: Nicht alle europäischen Autoanleihen werden gleichermaßen betroffen sein. Es wird erwartet, dass deutsche Hersteller, die in hohem Maße von US-Exporten abhängig sind, von Anlegern genauer unter die Lupe genommen werden. Im Gegensatz dazu könnten Unternehmen, die weniger vom US-Markt abhängig sind, Investitionsmöglichkeiten bieten. Wir rechnen mit einer zunehmenden Divergenz in der Performance einzelner europäischer Autoanleihen.
Zusätzliche Herausforderungen: Diese Zölle müssen im breiteren Kontext der bestehenden Herausforderungen im Automobilsektor betrachtet werden. Chinesische Hersteller mischen den Markt mit niedrigen Preisen und fortschrittlichen Technologien auf, um im Ausland zu expandieren. Darüber hinaus stehen europäische Hersteller aufgrund der verhaltenen Verbrauchernachfrage, des Preisdrucks, der zunehmenden Verbreitung von Elektrofahrzeugen und der strengen EU-Emissionsvorschriften unter Margendruck.
Technische Positionierung: Eine interessante Dynamik, die es zu beobachten gilt, ist das Emissionsvolumen der US-amerikanischen Autohersteller auf dem Euro-Anleihemarkt. Es bleibt abzuwarten, ob Investoren von europäischen Autoanleihen zu in Euro ausgegebenen US-amerikanischen Autoanleihen wechseln und ihr Engagement im Automobilsektor beibehalten werden. Dies könnte US-Unternehmen zugutekommen, die auf den EUR- und GBP-Märkten emittieren.
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