Kann für Trump die giftige Kombination aus Zöllen, Inflation und Schulden und hohen Zinsen wirklich gut gehen?
Trump, Zölle, Inflation, Schulden
Die Finanzwelt wartet auf die exakte Festlegung der reziproken Zölle von Donald Trump, die er so vollmundig verkündet hat. Zuletzt wurde die genaue Umsetzung auf Anfang April verschoben. Anscheinend ist es aber nicht so einfach, in einer globalisierten Welt mit einem Handstreich Einfuhren in die USA zu bezollen, ohne dabei Auswirkungen zu erzielen. Insbesondere wenn man die unterschiedlichsten Parameter wie Mehrwertsteuern oder Subventionen hierzu heranziehen will. Vor allem, wenn die Möglichkeit im Raum steht, dass dies im Endeffekt größere Nachteile nach sich ziehen könnte, als die USA mit den Einnahmen erzielen. Hier ein weiterer Blick auf eine schwierige Gemengelage.
Make America Rich Again – wenn das mit Zöllen so einfach wäre
Es verging kein Tag in dieser Woche, ohne dass in den Medien nicht über das mögliche Ausmaß von US-Zöllen gegen Länder diskutiert worden wäre, die ein Handelsbilanzdefizit gegenüber den USA haben. Der große Treiber der Lebensidee von Donald Trump – dass die USA von anderen Ländern unfair behandelt würden, da sie billig Waren in die USA exportierten, sich aber zugleich durch Zölle gegenüber amerikanischen Exporten mit eben denselben wehrten – ist Peter Navarro.
Navarro kann derzeit in US-Medien immer wieder minutenlang die vielen Vorzüge von Einfuhrzöllen zu begründen versuchen. Er war der große Befürworter von Zöllen schon zur ersten Amtszeit von Trump. Hierzu einige Fakten.
Das Handelsdefizit der USA betrug 2024 über eine Billion Dollar, die Hauptverursacher waren:
– China mit 295,4 Milliarden Dollar
– Mexico mit 171,8 Milliarden Dollar
– Vietnam mit 121,5 Milliarden Dollar
– Irland mit 86,7 Milliarden Dollar
– Deutschland mit 84,8 Milliarden Dollar
Eine Aufstellung, die man so gar nicht erwartet hätte, schließlich fehlt hier der große Nachbar Kanada, der selbst viel Waren aus den USA bezieht.
Gary Cohn, früherer Chef von Goldman Sachs und von 2017 bis 2018 Direktor des Nationalen Wirtschaftsrates NEC von Donald Trump, hatte sich in einem Interview auf CNBC über die Zollthematik sinngemäß so geäußert: Wir haben uns in punkto Zölle schon vor sieben Jahren über viele Stunden lang die Köpfe heiß geredet, weil der Teufel im Detail steckt und jedes Land anders behandelt werden müsste. Cohn war anschließend im Jahr 2018 sogar von seinem Amt zurückgetreten, weil Donald Trump Strafzölle wegen Stahl und Aluminium verhängte.
Dabei war die große Gemengelage 2018 eine ganz andere als heute. Denn die Inflation in den USA war zu dieser Zeit erheblich niedriger als aktuell (2018 – 2,41 Prozent, 2019 – 1,91 Prozent), dîe Kapitalmarktzinsen standen bei 2,5 Prozent (2018) und die US-Schulden bei 20 Billionen Dollar. Letztere sind seither um 80 Prozent auf über 36 Billionen Dollar gestiegen, was gar nicht so dramatisch erscheint, wenn man sich die Schuldeinlast im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung in Relation setzt: 2018 – 106,55 Prozent, 2024 – 121,05 Prozent.
Dummerweise laufen 2025 nicht weniger als sieben Billionen Schulden der USA aus (aus der Phase der Niedrigzinsen stammend), die refinanziert werden müssen und damit zu einem Riesenproblem für die Haushaltsführung der USA werden können.
Schulden, Zinsen und deren Bewältigung, das Damoklesschwert der US-Administration
Donald Trump kann noch so viel über eine kommende Ära des Wohlstands in den USA fabulieren und über Einnahmen, die aus Zöllen den Reichtum der USA anfachen. Er überspielt ganz einfach die Situation, die er teilweise geerbt, aber auch schon mitverursacht hat. Trump selbst hatte 2017 die Unternehmenssteuern von 31 auf 21 Prozent gesenkt und dadurch Einnahme-Defizite generiert hat. Auch deswegen geben die USA seit vielen Jahren mehr aus, als sie durch Steuern einnehmen. Hier die Grafik von Charlie Bilello, die aufzeigt wie groß die Lücke geworden ist – auf über 2 Billionen Dollar jährlich:
Die USA haben damit zweifelsohne ein Einnahmeproblem – neben dem chronischen Ausgabenproblem. Es war sicherlich die Corona-Zeit, mit den riesigen Ausgaben zur Verhinderung eines Einbruchs des so wesentlichen Konsums in den USA und anschließend die astronomischen Konjunkturprogramme durch die Biden-Regierung, die letztendlich zum Schuldenanstieg auf 36 Billionen Dollar geführt haben.
Aber Fakt ist eben auch, dass diese Schulden in einer Phase niedriger Zinsen aufgenommen wurden, die nach 2022 ihr Ende gefunden hat. Was zu einem großen Anstieg der Zinslast führen wird:
Der durchschnittliche Zins der kompletten Schuldenlast der USA beträgt aktuell aber nur etwa 3,4 Prozent. Und derzeit gibt es von drei Monaten bis 30 Jahren Laufzeit keine einzige US-Staatsanleihe mit einer Rendite von unter 4,3 Prozent. Hiermit wird deutlich, wie groß der Anteil des Haushaltspostens Zinsen am etwa 7 Billionen Dollar umfassenden Gesamthaushalt der US-Regierung(inklusive Neuverschuldung) geworden ist. Tendenz stark steigend.
Was hat das ganze mit Zöllen zu tun?
Eine ganze Menge, denn die Erhebung von Zöllen auf Einfuhren ist so etwas wie eine Steuer für den amerikanischen Bürger. Weil sich die Verteuerung von Waren aus China (Elektronik oder Alltagswaren), oder Mexiko (Autos) auf die Preise auswirken müssen und damit auf die Inflation.
Auch gegen Zölle gegenüber den EU-Staaten, denn die Trump-Administration plant offenbar, die Mehrwertsteuer von europäischen Ländern als „Zölle“ zu definieren und dementsprechend Zölle in gleicher Höhe auf die Importe aus Europa in die USA draufzuschlagen. Dabei ist die US-Inflation langsam im Steigen begriffen, seit letztem Jahr so allmählich, aber mittlerweile mit einem deutlichen Sprung in dieser Woche. Die Verbraucher fürchten, in einem Jahr deutlich mehr für Waren bezahlen zu müssen. Hier die langfristigen Inflationserwartungen:
Ein dauerhafter Anstieg der Inflation würde sich alsbald auf die Kapitalmarkt-Zinsen auswirken. Auf die Rendite der langlaufenden Anleihen, die von den Leitzinsen der US-Notenbank nicht beeinflusst werden können. Hier geht es nur um die Kurzläufer bis maximal zwei Jahren.
Wie entsteht der Zinssatz für die zehnjährige US-Staatsanleihe? Natürlich durch Angebot und Nachfrage, aber speziell aus einer Addition von Inflation plus Risikoaufschlag. Demzufolge müsste dann die Rendite der Benchmark für alle Konsumentenkredite in den USA steigen.
Die Kredite der US-Bürger belaufen sich auf 18 Billionen Dollar (4. Quartal 2024), jedes Zehntel Zinsanstieg würde sich sofort im verfügbaren Einkommen auswirken (ausgenommen Immobilienkredite mit langer Zinsbindung).
Ein Anstieg der Kapitalmarkt-Zinsen muss natürlich auch den Aktienmarkt tangieren – im unmittelbaren Konkurrenzverhältnis Anleiherendite versus Aktienmarktrendite. Wie bereits dargelegt, liegt die Marktkapitalisierung der US-Aktien bei gigantischen 63 Billionen Dollar. Das Meiste in den Händen inländischer Investoren. Sollte also durch einen Anstieg der zehnjährigen US-Staatsanleihe auf über fünf Prozent der Aktienmarkt auch nur fünf oder 10 Prozent nach unten gehen, wäre dies eine Summe mehr als alle Importe in die USA zusammengenommen!
US-Präsident Trump trumpft gerade auch deshalb so auf, weil ihm der Anstieg des Dow Jones zupass kommt. Jede Wette: bei einem Einbruch seines Lieblingsindex würde er sich wesentlich vorsichtiger äußern.
Aber die aktuelle Lage lässt Donald Trump die Muskel spielen. Die Anleiherendite der 10-jährigen ging in der letzten Woche auf unter 4,5 Prozent zurück, die Aktienmärkte näherten sich ihren Allzeithochs.
Ein echter Zollkrieg schadet allen
Das ist eine volkswirtschaftliche Binse, die aber anscheinend derzeit von den Märkten ignoriert wird. Weil man eben davon ausgeht, dass es nicht soweit kommt. Auch hier ein paar Fakten. Die derzeitige globale Bezollung der US-Importe liegt bei durchschnittlich etwa 2,1 Prozent für Waren und Dienstleistungen aus der ganzen Welt.
Laut Daten der World Bank und der US International Trade Commission (USITC) lag der durchschnittliche Zollsatz für alle importierten Güter in die USA in den letzten Jahren bei etwa 1,5 bis 2 Prozent. Dieser relativ niedrige Durchschnittszollsatz ergibt sich aus der Tatsache, dass viele Güter entweder zollfrei sind oder sehr niedrige Zölle haben, insbesondere im Rahmen von Freihandelsabkommen (z. B. USMCA, früher NAFTA) oder für bestimmte Produktkategorien wie Industriegüter oder Elektronik. Natürlich wurden schon immer für einzelne Güter wie Stahl und Aluminiumprodukte Sonderzölle erhoben Sektion (232), die weit über dem Durchschnitt lagen. Sicherlich wäre auch ein Anstieg der „Tariffs“ auf drei oder vier Prozent global verkraftbar.
Aber zu glauben, man könnte die Gesamteinfuhren in die USA mit zweistelligen Zolltarifen belegen, wäre ziemlich naiv. Denn dadurch würde der Welthandel empfindlich gestört. Mehr noch: Es käme vermutlich zu einer größeren Wirtschaftskrise.
Denn dergleichen hatten die USA zur Zeit der großen Depression nach 1929 versucht, nämlich mit globalen Zöllen von 18 bis 19 Prozent aus der Krise herauszukommen. Das Ergebnis war die größte Wirtschaftskrise in der Geschichte der Vereinigten Staaten.
Wie lautete einer der letzten Schlagzeilen? Donald Trump hält Zölle bis zu 27 Prozent für möglich! Klingt bombastisch……!
Klar beabsichtigt Trump, die Industrieproduktion in die USA zu holen, indem er mit Zöllen die Produkte aus dem Ausland verteuert. Aber zunächst beträgt der Anteil des Verarbeitenden Gewerbes am Bruttoinlandsprodukt in den USA nur ganze 11 Prozent – und ein substantieller Anstieg ist in einer globalen globalisierten Welt heutzutage nicht einfach zu bewerkstelligen. Denn die Arbeitskosten in China betragen eben zehn Dollar pro Stunde und in den USA 50 Dollar und mehr. Wie man da konkurrenzfähig werden will, ist ein wenig ein Rätsel.
Eine schöne Analyse zur Zollproblematik war auch in einem Artikel am Freitag auf finanzmarktwelt.de zu lesen, der das Thema Handelsdefizit so beschreibt:
„Die meisten Ökonomen argumentieren, dass Handelsdefizite das Ergebnis von Kräften sind, die weitaus stärker sind als unausgewogene Zölle – sie spiegeln auch umfassendere makroökonomische Faktoren wider, wie den Konsum amerikanischer Haushalte im Vergleich zu denen in anderen Ländern, den Status des US-Dollar als Reservewährung und die weltweite Nachfrage nach US-Vermögenswerten.“
Fazit
Donald Trump ist im November gewählt worden, weil eben die Bürger angenommen haben, er könne die Inflation im Lande zurückbringen, die gerade für die Masse der Bürger so spürbar geworden ist. Hierzu braucht man sich nur die Preise in einem Supermarkt in San Francisco zu betrachten – im Vergleich zu denen, die hierzulande bei Lidl & Co verlangt werden. Jetzt könnten ausgerechnet die von Trump so herbeigesehnten Zölle für das „unfaire“ Ausland zu einem Wiederanstieg der Inflation führen.
Nicht nur das, auch zu einem Anstieg der Kapitalmarkt-Zinsen in Gestalt der zehnjährigen US-Staatsanleihe. Die als Benchmark für alle Verbraucherkredite gilt, also für Kreditkarten-, Auto-, Studenten-, und neue Immobilienkredite. Was bedeutet, dass auch ein Anstieg von nur ein paar Zehntel Prozentpunkten bei der zehnjährigen US-Staatsanleihe zu einer Verteuerung der Kreditlandschaft in den USA führen muss. Ist dann eine Rezession in den USA in absehbarer Zeit wirklich so ausgeschlossen? Hier wird das ganze Dilemma sichtbar, in welches sich der US-Staat begibt, um ein paar Milliarden Dollar an Zöllen einzunehmen. Denn da wäre auch noch das Thema Zinslast für den Haushalt.
Durch die Zölle würde also ein Schaden entstehen, der sich auf ein Vielfaches der Einnahmen aufsummieren könnte.
Nicht nur 2018 haben sich die Köpfe im Wirtschaftsbeirat von Donald Trump die Köpfe heiß geredet, auch 2025 geschieht dies derzeit. Hierzu ein letztes Beispiel: Ein in den USA produziertes Auto, wurde zuletzt aus Teilen gefertigt, die achtmal die Grenze der USA passiert haben. Wie soll hier ein vernünftiges und gerechtes Zollsystem errichtet werden?
Vermutlich wird Donald Trump 2025 und in den nächsten Jahren wiederum an seinem großen Vorhaben scheitern: die USA werden durch Zöllen nicht reich werden!
Kommentare lesen und schreiben, hier klicken