FMW-Redaktion
Donald Trump macht derzeit eine von ihm scheinbar so nicht erwartete Erfahrung: Reale Politik ist komplexer und schwieriger als das Hinausposaunen vermeintlich populärer Slogans! Denn in der Politik geht es um handfeste finanzielle Interessen – und dadurch wird die Sache dann eben auch deutlich komplizierter als die Formulierung griffiger Wahlkampf-Forderungen.
Nächste Kehrtwende – nun bei NAFTA – von Donald Trump
Foto: whitehouse.gov
Ein Beispiel dafür ist das Freihandelsabkommen NAFTA zwischen den USA, Mexiko und Kanada. NAFTA müsse komplett beerdigt oder sofort neu verhandelt werden („bad deal“), so ein zentrales Versprechen Trumps im Wahlkampf, an dem er auch nach der Amtsübernahme festgehalten hatte. Nun aber erklärte Trump bzw. das Weiße Haus gestern Abend völlig überraschend, dass er nicht per Exekutivorder den Ausstieg aus NAFTA veranlassen werde – die Spekulation auf eine solche Exekutivorder hatte den mexikanischen Peso und den kanadischen Dollar zuvor stark unter Druck gebracht.
In dem Statement des Weißen Hauses heißt es nun, dass das Abkommen vorerst bestehen bleibe, Trump habe mit den Regierungschefs Mexikos und Kanadas ein „angenehmes und produktives“ Telefonat geführt:
„President Trump agreed not to terminate NAFTA at this time and the leaders agreed to proceed swiftly, according to their required internal procedures, to enable the renegotiation of the NAFTA deal to the benefit of all three countries.“
„It is my privilege to bring NAFTA up to date through renegotiation. It is an honor to deal with both President Peña Nieto and Prime Minister Trudeau, and I believe that the end result will make all three countries stronger and better.“
In der Folge stürzte der US-Dollar, der zuvor stark gegenüber mexikanischem Peso und kanadischem Dollar hatte zulegen können, regelrecht ab:
(Dollar-mexikanischer Peso)
(US-Dollar-kanadaischer Dollar)
Warum aber plötzlich der sehr viel freundlichere Ton Trumps und das (wenn auch angeblich vorläufige) Beibehalten von NAFTA? Offenkundig gab es massiven Druck der amerikanischen Agrar-Lobby, für die Kanada und Mexiko die wichtigsten Exportmärkte sind. So heißt es in einem Statement der „National Corngrowers Association“:
„Mr. President, America’s corn farmers helped elect you. We are strong supporters of your administration and continue to stand ready to work with you to build a better farm economy. That begins with strong trade policy.
„Withdrawing from NAFTA would be disastrous for American agriculture. We cannot disrupt trade with two of our top trade partners and allies. This decision will cost America’s farmers and ranchers markets that we will never recover.
„NAFTA has been a huge win for American agriculture. Corn and corn product exports today account for 31 percent of farmer income. Mexico is the top export market for corn. Canada is also a top market for corn and ethanol. With a farm economy that is already weak, losing access to these markets will be a huge blow that will be felt throughout the ag value chain.“
Im Klartext: wir haben einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass Trump Präsident wurde – und ohne NAFTA würden zahllose Jobs in der Landwirtschaft der USA wegfallen. Da die agrikulturellen Gebiete der USA fast ausschließlich republikanisch regiert werden, gab es dazu massiven Widerstand seitens republikanischer Abgeordneter dieser meist grenznahen Bundesstaaten. Und daher hat sich Trump nun entschieden, das Abkommen erst einmal beizubehalten – Exporte nach Kanada und Mexiko machten 34% des gesamten Exports der USA aus im Jahr 2016, ein großer Teil davon Agrarprodukte.
Dabei hatten die Hardliner wie Steve Bannon Trump dazu gedrängt, im Umfeld seines 100.Regierungstags das zentrale Wahlversprechen – raus aus NAFTA – endlich umzusetzen und damit symbolisch klar zu machen, dass der neue Präsident zu seinen Versprechen steht. Trump aber hat sich für Realismus entschieden – und damit klar gemacht, dass etwa Steve Bannon kaum her Einfluß hat auf den neuen US-Präsidenten. Faktisch ist das ein weiterer Sieg der immer einflußreicheren Familien-Fraktion mit seiner Tochter Ivanka und seinem Schwiegersohn Jared Kushner, die dem Freihandel eher positiv gegenüber stehen.
Und so würde es denn auch nicht wirklich erstaunen, wenn NAFTA nach den bisherigen 23 Jahren (Vertrag von 1994) noch weitere 23 Jahre in Kraft bleibt..
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