Es ist derzeit das zentrale Thema an den US-Märkten, neben der schwebenden Zoll-Deadline: Der Versuch von Donald Trump, seine bereits seit Langem angepriesene Steuersenkung mit der Big Beautiful Bill durch den Kongress zu hieven. Angesichts einer Schuldenorgie ohnegleichen in den vergangenen fünf Jahren, mit zuletzt gestiegenen Kapitalmarktzinsen, einem riesigen Haushaltsdefizit und der Notwendigkeit, binnen eines Jahres fast ein Drittel aller US-Staatsschulden refinanzieren zu müssen. Dies gleicht fast einem fiskalischen Himmelfahrtskommando.
Nicht aber für US-Präsident Trump, der glaubt, mit seiner Zollpolitik große Einnahmen zu generieren und gleichzeitig mit der Big Beautiful Bill einen Wachstumsschub für die USA auslösen zu können. Was für ein Unterfangen, bei steigenden Schulden die Unternehmenssteuern senken zu wollen! Und das, obwohl es an der Wall Street schon die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass selbst eine Rezession in Bälde nicht ausgeschlossen ist.
Trump und Big Beautiful Bill: Von Einsparungen noch keine Spur
Die Verschuldung der USA hat trotz des DOGE-Programms durch Elon Musk nicht etwa abgenommen. Die Steuereinnahmen, gerechnet bis Ende April, beliefen sich auf 5,064 Billionen Dollar, während die Ausgaben über 7,086 Billionen Dollar betrugen.
Wie die Grafik von Charlie Bilello schön aufzeigt, stiegen die Steuereinnahmen in den letzten zehn Jahren um 60 Prozent, während die Ausgaben um 95 Prozent zugelegt haben:
Unhaltbar: Besonders in den letzten fünf Jahren, während und nach Corona, ging es mit den Ausgaben nach oben, als ob die USA sich in einer Dauerkrise befunden hätten. Was für ein fahrlässiges Verhalten, schließlich war die US-Wirtschaft im Jahr 2024 um 2,8 Prozent gestiegen.
Hier die überbordenden Defizit-Zahlen der letzten Jahre:
Die permanente Verschuldung der USA haben das Land natürlich vor einer Rezession bewahrt. Aber zu welchem Preis? Wenn die größte Wirtschaftsnation der Welt sich fünf Jahre lang mit durchschnittlich etwa sieben Prozent zum Bruttoinlandsprodukt verschulden muss, um den auf Pump lebenden Konsumenten am Leben zu halten: was ist für eine Wirtschaftspolitik? Auch wenn immer die Rede davon ist, dass das Hightech-Land USA mit den Magnificent Seven eine Sonderkonjunktur gehabt haben mag. Aber die Produkte von Amazon oder die iPhones von Apple konnten eben deshalb gekauft werden, weil der Staat opulent Geld an Bürger und Unternehmen verteilt hat.
Hier ein Vergleich, den der sehr finanzanalytisch bewanderte Vermögensverwalter Reinhard Panse angestellt hat: Ungeachtet der industriefeindlichen Politik in Deutschland in den letzten Jahren blieb die Verschuldung in Deutschland bei durchschnittlich unter drei Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (2024: 1,2%). Mit der Folge eines sehr anämischen Wachstums von nur etwas über der Wachstumsschwelle, über mehrere Jahre hinweg betrachtet.
Hätte sich Deutschland über mehrere Jahre mit 7 Prozent zum BIP per annum verschuldet, so wären auch andere Wachstumsraten entstanden. Und da wäre es fast schon egal gewesen, wohin die Gelder geflossen wären. Hauptsache, sie hätten den Konsum angefacht.
Dass sich die Amerikaner immer wieder mit viel neuen Schulden bedacht hatten, zeigt diese Grafik über 58 Jahre US National Debt gegenüber dem US Nominal GDP:
Man sieht hier große Neuverschuldungsraten in den 1970- und 80-er -Jahren. Aber damals lagen die Schuldenquoten bei etwa 30-40 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt und die US-Wirtschaft wuchs erheblich stärker als in heutigen Zeiten.
Denn die US-Schuldenlast hat aktuell Höhen wie nach dem Zweiten Weltkrieg erreicht – 36,8 Billionen Dollar, 122 Prozent zur Wirtschaftsleistung – und die Zinslast ist dabei, sich dauerhaft als zweitgrößter Haushaltsposten zu etablieren.
Big Beautiful Bill oder Amerikas Weg in den Abstieg
Egal, wie erratisch oder chaotisch die Kommunikation von Elon Musk auch sein mag, bei seiner Kritik an den Steuersenkungsprogrammen der Republikaner ist sehr viel dran. Denn sie führt nicht nur zu einer Schuldenexplosion in den nächsten zehn Jahren, sondern sie ist auch ziemlich unsozial.
Wie die nächsten beiden Grafiken von Charlie Bilello aufzeigen, bevorzugt die Big Beautiful Bill einmal mehr die Vermögenden – und wie sollte es auch anders sein: die Generation der Babyboomer sowie auch die etwas älteren Amerikaner. Dazu gesellt sich eine deutliche Steuersenkung für die „domestic production“ in den USA.
Hier eine Zusammenfassung des über 1000-seitigen Gesetzesentwurfs, den wohl kaum ein Parlamentarier vor der Abstimmung im Abgeordnetenhaus ausführlicher studieren konnte. Das Programm dürfte zu drastisch niedrigen Steuereinnahmen führen und das zu einer Zeit, in der das Defizit weiter am Ausufern ist:
In welcher Generation die Vermögen der Amerikaner liegen, zeigt die nächste Aufstellung.
Anleihemarkt: Opposition gegen Trump
Wie bereits mehrfach bemerkt, ist nicht der US-Präsident die mächtigste Institution in einem demokratischen Staat, nein es ist der Anleihemarkt. Darüber gibt es auch einige historische Anekdoten. Denn wenn ein Staat hoch verschuldet ist, sollte die Regierung alles daran setzen, dass die Geldgeber nicht das Vertrauen in die Institutionen eines Landes verlieren. Insbesondere nicht in die Rechtstaatlichkeit und in die Unantastbarkeit von Eigentum. Wie kann man also einen Gesetzesentwurf formulieren, indem nach Gutsherrenart die Möglichkeit eröffnet wird, Strafsteuern auf unliebsame ausländische Investoren in den USA zu erheben? Kann es sich die US-Administration tatsächlich leisten, ausländische Kapitalgeber zu verprellen?
Das andere heiße Eisen ist der mehrfach erkennbare Versuch von Donald Trump, die Unabhängigkeit der US-Notenbank infrage zu stellen. Denn diese Kontrollinstanz ist einer der Gründe dafür, warum FIAT-Money nicht schon kollabiert ist. Eigentlich sollte die Inflationsentwicklung in der Türkei ein abschreckendes Beispiel sein, wo ein Präsident genau dies praktiziert hat.
Hier eine entscheidende Grafik, die zeigt, warum US-Präsident Trump und die Republikaner das Spiel mit dem Feuer besser abbrechen sollten. Wenn die Rendite der langlaufenden US-Staatsanleihen weiter in die Höhe schießt, stünden die USA vor echten Problemen, zu denen Starinvestor Ray Dalio sogar das Unwort eines Staatsbankrotts in den Raum gestellt hat.
Denn die Schulden haben sich im letzten Jahrzehnt schlichtweg verdoppelt und Kreditwürdigkeit zählt mehr denn je:
Noch ist es mit der Staatspleite nicht soweit, sich aber mit der gesamten Welt durch abstruse Zollforderungen anzulegen, selbst mit den engsten Verbündeten sowie den erweiterten BRICS-Staaten, und nebenbei auch noch damit zu drohen ausländische Kapitalanleger mit Sonderabgaben zu belegen – diese Kombination wird über kurzer oder lang des Schlechten zu viel sein.
Donald Trump gegen den Rest der Welt, die Big Beautiful Bill soll es richten.
Kommentare lesen und schreiben, hier klicken
Solange ein Großteil der Rest der Welt biegt und hofiert, wird er noch ein Weilchen durchkommen.
Die Goldcard für 5 Millionen kann noch gewaltige Einnahmen generieren. Welcher Millionär will denn schon in Deutschland bleiben? Da zahle ich doch lieber 5 Millionen um hier herauszukommen. Für andere Länder gilt das auch.
Machen alle anderen genauso und Deutschland ist jetzt auch voll dabei, weil Grüne und SPD das als Bedingung von Merz verlangt haben.
Übrigens, wenn das mit den Zöllen so eine schlechte Idee ist, warum erheben dann alle Gegenzölle?
Auch wegen den Krokodilstränen wegen der FED wundere ich mich. Bei uns handelt die EZB genau so wie Trump das gerne von der FED möchte. What ever it takes – hat es den Politikern in der EU ermöglicht Reformen so weit wie möglich zu vermeiden. Was im übrigen auch der eigentliche Grund für die 500 Mrd „Investitionen“ in Deutschland ist. Weil ja alles was man in den letzten 10 Jahren gemacht hat so richtig toll war, soll das so weiter gehen – Satire Ende.
Anmerken möchte ich auch noch, dass das schlechte Wirtschaftswachstum nicht daher kommt, dass zu wenig Schulden gemacht wurden, sondern weil der Export nach China nicht mehr läuft. Sollte Trump bei seinen Zöllen bleiben, dann läuft auch der Export in die USA nicht mehr und das schöne Geschäftsmodell ist am Ende – die Griechen werden sicher nicht übernehmen.
@W. Müller: Die Volkswirtschaften lassen sich nicht mit der Vorstellung von Lieschen Müller erklären und nein, die Defizite der USA sind kein Ausdruck der Kreditwürdigkeit sondern einfach der Effekt unausgeglichenen Handelns der Weltwirtschaft in dem die Überschüsse von den exportierenden Ländern in Kredite umgewandelt werden, um die Aufwertung des eigenen Währungsraums zu verhindern. Das kann man Manipulation nennen, oder Exportweltmeister. Der Begriff „Schuldenorgie“ grenzt eigentlich an Schwachsinn, er ist der bloße Unkenntnis. Wenn überhaupt muss man alle beteiligten Parteien zusammen mit den USA nennen: In erster Linie Deutschland, Japan und China. Die Verschuldung der USA ist kein (oder nicht allein) Problem der USA, sondern das gemeinsame aller Industrieländer. Ohne Defizit gibt keinen Handelsbilanzüberschuss mehr. Dann ist der Markt dort zu. So gesehen ist der Versuch der Externarisierung von Donald Trump möglicherweise undiplomatisch gemacht, aber im Grunde folgerichtig.
Super Artikel, Wolfgang! Wie eigentlich immer :-) Danke dir, Gruss, Joerg
Ob der 47. US-Präsident Donald John Trump hierbei das Risiko, daß der US-Dollar in Zukunft möglicherweise keine Leitwährung mehr ist, richtig einschätzt? Und welche Auswirkungen hätte die genannte Möglichkeit auf die Ölindustrie, die ja primär in US-Dollar abgerechnet wird? Mein Lob gilt der energiepolitischen Agenda von Präsident Trump: „Make Oil great again!“. Entwicklungen also, die Sir Donald eigentlich gar nicht wollen kann.