Analysen zeigen ein paradoxes Verhalten von insbesondere US-Privatinvestoren in der zweiten Amtszeit von Donald Trump!
Trump und US-Privat-Investoren: Vertrauen in die „Nanny-Börse“
Diese US-Privatinvestoren ändern ihr Kaufverhalten nicht: sie kaufen jeden Rücksetzer der Aktienmärkte, selbst bei Ereignissen mit voraussichtlich dauerhaft negativen wirtschaftspolitischen Folgewirkungen. Es herrscht FOMO-Druck, also die Sorge, die nächste Rally zu verpassen – das übt dann wiederum Druck auf große institutionelle Investoren aus. Es scheint als Motivation zu genügen, dass es ja immer noch schlimmer kommen könnte, während Bewertungen dauerhaft auf Goldilocks-Niveau (und langsam darüber hinaus) akzeptiert werden.
Es scheint schlussendlich ein absolutes Vertrauen darauf zu geben, dass die Finanzwelt sich zu einem stabilen Nanny-System entwickelt hat, in dem die Risiken echter Verluste von Vermögenswerten faktisch abgeschafft wurden. Entgegen der negativen Entwicklung in sozialen Systemen wie Gesundheit, Pflege und Renten scheint das für das Finanzsystem – und im Speziellen den Aktienmarkt – genau 180 Grad divergent zu sein. Hier scheint mit nahezu 100%-Versicherungsdeckung gerechnet zu werden.
Die Erwartung, dass bei Schieflagen und Krisen schon „Irgendjemand“ etwas tut, um die Investoren bzw. Investitionen in Unternehmenswerte zu retten, wurde über die letzten Jahre tatsächlich immer wieder bestätigt. Hier bestand ausgehend von den USA allerdings immer bei den maßgebenden Playern in Politik und Finanzwelt Einvernehmen. Dieser Konsens wurde von Trump in einem furiosen Galopp zu Beginn seiner Amtszeit schwer beschädigt, aber der Markt rechnet nach wie vor damit (oder: wieder?), dass er insbesondere seine Zollpolitik nicht fortführen wird und sich der „Zuckerbrot und Peitsche“ Wirkung der Börsenindizes nicht entziehen kann.
Was macht Donald Trump Druck?
Tatsächlich tickt für Donald Trump einerseits die Uhr für die Umsetzung seiner Pläne – ein Wirtschaftsabschwung in der Nähe der Midterm-Wahlen wäre wohl das Ende der republikanischen Dominanz in beiden Häusern des Parlaments. Andererseits hat er sich mit den bisherigen „Deals“ in eine Lage manövriert, aus dem es kein schnelles Entkommen geben wird, ohne nicht komplett das Gesicht zu verlieren und seine Visionen aufzugeben. Besonders die Rückholung der (strategischen) Industrien wird ohne legislativen Druck, die er durch die Zölle aufbauen will, nicht von selbst passieren. Trump bedauert wohl jeden Tag ,nicht in der Welt eines Xi Jinping oder eines Vladimir Putin zu leben, wo man sich nicht mit jammernden Lobbys, renitenten Notenbankern oder Wechselwählern herumschlagen muss.
Trump und seine Nothing-Burger für die lechzenden Anleger
Trump hat also der Öffentlichkeit zuletzt zwei Nothing-Burger-Deals (UK, China) als große Abkommen serviert. Insbesondere Privat-Investoren feiern wieder mal eine Party mit einem Buffet aus heißer Luft in Erwartung, dass Trump auch beim Rest der nicht gerade gewinnfördernden Maßnahmen komplett zurückrudern wird bzw. „Irgendjemand“ etwas tut, um die Auswirkung insbesondere der Zölle zu egalisieren. Zudem sind auch inzwischen aus der öffentlichen Wahrnehmung weitere konjunkturdämpfende Maßnahmen wie DOGE und die Migrationspolitik aus dem Fokus geraten (aber wohl nicht eingestellt worden).
Bei realistischer Betrachtung haben diese Vereinbarungen aber entscheidende Fakten – dem Margendruck auf international tätige Unternehmen und/oder (Güter-)Inflation – in der Praxis kaum Auswirkungen. Im Fall von UK sehen wir die kolportierte Untergrenze von 10% wo es vorher kaum nennenswerte Zölle gab. Im Fall von China hat man zunächst nur den kompletten Stillstand des Handels in beschränktem Maß aufgelockert.
„Große Deals“ als Falle, stets weitere Deals liefern zu müssen
Diese oberflächlichen „Deals“, bei denen nur Extremszenarien teilweise zurückgedreht wurden, sind bestenfalls der Anfang weiterer Gespräche. Dabei handelt es sich um Pyrrhussiege, da sie die Trump Administration nun mit diesen vermeintlichen „großen Deals“ in die Lage manövriert haben, entgegen den Markterwartungen mit einer pauschalen Maßnahme alles rückgängig machen zu können, ohne sich nicht der totalen Lächerlichkeit Preis zu geben. Trump ist somit „verdammt dazu“ jeden erklärten „Wirtschaftsfeind“ (also Länder mit Handelsbilanzüberschuss) mit einem Abkommen zu disziplinieren, um den eigenen Ansprüchen zu genügen. Die Frage ist: wie soll das in absehbarer Zeit funktionieren, bevor hier die schon jetzt in den Lieferketten entstandenen massiven Schäden sich in harte Zahlen umsetzen werden? Mein Eindruck: das ist nicht ansatzweise möglich.
Die Uhr tickt also zu Ungunsten Trumps immer schneller und er sieht sich mit diesen vermeintlichen Erfolgen der Situation gegenüber, diese zumindest mit den großen Handelspartnern der USA im Wochentakt wiederholen zu müssen. Für den Rest der Wirtschaft-Welt aber besteht die offensichtlich gewollte Unsicherheit weiter. Was das für die Investitionswilligkeit von Unternehmen bedeutet, ist hinlänglich bekannt – sie wird im Risk-off Modus massiv nach unten gefahren und diese strategischen Entscheidungen werden üblicherweise ebenfalls nicht im Tagestakt revidiert. Und das wird erst mittelfristig entsprechende systemische Kaskadenwirkungen zeigen.
Die Nanny hat noch immer eingegriffen
Aber wie gesagt – „Irgendjemand“ wird schon was tun, dass alles von Gleich auf Jetzt wieder schick wird – jedenfalls glauben das insbesondere die Privatinvestoren nach wie vor felsenfest. War ja immer so. Es bleibt abzuwarten, ob die Nanny nicht irgendwann am Ende ihrer Möglichkeiten angelangt ist (die Renditeentwicklung auf den Anleihenmärkten lässt dies zunehmend erkennen), bzw. den widerborstigen Zögling aus erzieherischen Gründen mit seinem bremsenlosen bobbycar mal gegen die Wand fahren lässt…
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