Das scheinbar erratisch wirkende herumwedeln mit der Zollkeule irritiert die gesamte restliche Welt außerhalb der Herrschaftsclique von Donald Trump. Was Sie jedenfalls von den ebenfalls unberechenbaren wirtschaftspolitischen Entscheidungen und Drohgebärden zur Kleinhaltung der Restwelt der ersten Amtszeit von Trump unterscheidet, ist, dass die Zölle erstmals unilateral und großflächig eingeführt werden – und erst danach über eine (Teil-) Aufhebung verhandelt werden soll. Inklusive der wohlwollend angenommenen Kotaus der damit erzeugten Bittsteller auf der anderen Seite. In der ersten Amtszeit hatte Trump noch nicht so willfährige Umsetzer dieser Vorgangsweise insbesondere am Anfang seiner Amtszeit um sich, um gleich mit so einer Verhandlungstaktik starten zu können. Es ist übrigens kein Zufall, nicht von Strategie zu sprechen, denn die könnte tatsächlich eine Andere sein als derzeit noch ersichtlich.
So trifft es auf Basis abstruser Berechnungsmethoden auch die Pinguine. Und ab nun ist der Boden aufbereitet um nach einem der ältesten Herrschaftsprinzipien „Herrsche und Teile“ die eigene Vormachtstellung zu festigen – oder in Trumps Wahrnehmung seines ganz eigenen Universums wieder herzustellen.
Trump: Das Ziel der Reindustrialisierung
Als primärer Zweck dieser Politik wird die „Heimholung“ von industriellen Produktionskapazitäten kommuniziert. Jeder geneigte Beobachter weiß, dass solche Kapazitäten nicht per Knopfdruck angesiedelt werden können – nebenbei erwähnt – auch der inzwischen kaltgestellte Inflation Reduction Act hatte übrigens genau denselben Zweck als Zielsetzung. Es kann auch nicht der absoluten Intelligenz des Gottgesandten entgangen sein, zudem er ja diese Zukunft angeblich vorhersehen kann.
Ist das also nur ein langfristiger willkommener Nebeneffekt?
Aber was macht „the Donald“, bis es möglicherweise in ein paar Jahren so weit ist? Den Zollkrieg in dieser Form und die dauerhafte Zerstörung der bisherigen Wirtschaftsordnung inklusive der Arbeitsteilung und deren Lieferketten, würde nicht nur die Restwelt einen schönen Teil des Wohlstandes (insbesondere in Form von Wertpapier-Verlusten durch Reduktion von Unternehmensmargen) kosten. Für die USA würde es natürlich auch genau das Gegenteil von MAGA bedeuten.
Es scheint immer offensichtlicher zu werden, dass der amerikanische Präsident und sein Umfeld möglicherweise unmittelbar ganz andere Pläne haben, um die Dominanz des Hegemons (wieder) zu festigen. Man könnte das aus dem noch unter der Kategorie Nebensatz abgehandelten Forderung, sich für die USA oder China als Handelspartner zu entscheiden, ableiten. Die größte Bedrohung für die USA ist die Aushöhlung des Dollars als Welt-Reservewährung durch eine (auch wirtschaftlich fundierte) multilaterale Weltordnung. Der bekanntlich mächtigste Gegenspieler ist China als zentraler Bestandteil der BRICS. Und das haben die auch schon bemerkt, nachdem sie mit Zöllen ganz besonders gut bedacht wurden.
Und nun geht’s ans Spalten
Das Eingangs erwähnte Macht-Prinzip bedarf also eines effektiven Spaltkeils, um zu teilen. Und dieser Keil könnte auch eine Keule sein – richtig, diejenige an die Sie gerade denken. Meloni und Konsorten, die natürlich schon mal aufgrund der Grundeinstellung angenehmere Gesprächspartner und Gesprächspartnerinnen sind, machen den Anfang. Man wird hier vermutlich bald schon mal sehr selektive Zollerleichterungen für diejenigen mit der „richtigen Einstellung“ sehen können – mit dem netten Nebeneffekt, den Anderen den Stinkefinger zu zeigen und noch stärker unter Druck zu setzen bzw. auch wirtschaftlich zu schwächen. Und ich bin mir sehr sicher, wer den Stinkefinger sehr lang sehen wird: der Herr Xi Jinping. Und – um ein wenig Lokalkollorit hereinzubringen – möglicherweise auch der Herr Merz, der sich ja ebenfalls schon als Hardliner gegenüber Trump positioniert hat. Man wird allerdings sehen, wie lange hier die nächste 180 (oder waren es nicht mal auch schon 360) Grad Hals-Wende auf sich warten lässt.
Gleichzeitig das Signal an die eigene Wirtschaft
Natürlich treibt die Zollpolitik auch den eigenen Oligarchen den Angstschweiß auf die Stirn. Trump weiß vermutlich ganz genau, dass auch diese Player ebenfalls genügend Druck brauchen, um Arbeitsplätze in die USA zurückzuholen. Freiwillig gehen sie dieses Experiment sicher nicht an. Es wäre in diesem Zusammenhang interessant zu erfahren, was ihm gewisse Tech-CEOs für Zugeständnisse gemacht haben, um für Smartphones und Computer Zollausnahmen zu erhalten.
Was Trump hat, sind Nerven aus Stahl. Er weiß natürlich auch, dass die Druckerzeugung der Wallstreet – respektive dem hauptsächlich demokratischen Big Money – auch diesem Spektrum der Macht Schmerzen verursacht. Die Rekanalisierung dieses Gegendrucks der Finanzmärkte als Rückenwind bei Verhandlungen mit den inländischen Big Playern ist wohl Teil des Geschäfts.
Es bleibt ein sehr gefährliches Spiel mit dem Feuer
Die Wettquoten auf Polymarket zum Thema zeigen es an: die Dauerhaftigkeit der Zölle wird als gering eingeschätzt wird. Das mag im Prinzip zutreffen und möglicherweise für bestimmte Warenkategorien und Geographien gelten, aber aus dem bisher durch die Trump Administration Kommunizierten, dem Sichtbaren in den tatsächlichen Handlungen und der Interpretation der bisherigen Vorgehensweise – mit hoher Wahrscheinlichkeit – nicht pauschal.
Trump wird dieses Instrument selektiv sehr gezielt einsetzen, um primär China möglichst von Handelspartnern sowie anderen Wirtschaftsströmen zu isolieren und weiter zu schwächen. Nur diejenigen, die hier Zugeständnisse machen, werden Zollerleichterungen erreichen können.
Es bleibt aber ein Spiel mit dem Feuer – ein Fahrzeug das dauerhaft gleichzeitig mit mal mehr, mal weniger gleichzeitig durchgedrücktem Gas- und Bremspedal gefahren wird, könnte schlagartig mit einem Motorschaden stehen bleiben oder durch abgefackelte Bremsen ungebremst beim nächsten Gefälle aus der Kurve fliegen. Noch denkt Rennfahrer Donald, das im Griff zu haben.
Die sich scheinbar nun bildenden Allianzen gegen diese Politik von teilweise ehemaligen Erzfeinden müssen auch erst einmal den Praxistest bestehen. Da wird Trump schnell genug in Form ebensolcher selektiver Zollaufhebungen handeln, um diesen Bündnissen keine ernsthafte Realisierungschance zu eröffnen. Das Spiel auf Zeit mit sehr hohen Einsätzen hat eben erst begonnen – und unabsehbare Kollateralschäden in diesem komplexen System der globalisierten Wirtschaftswelt inklusive geopolitischer Implikationen, sind u.a. in der Suche nach sicheren Häfen (siehe Gold) klar sichtbar. Und wenn das auch Wettquoten herbeisehnen, wird sich das mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht schnell und umfassend ändern, weil Donald hier ähnlich wie die Chinesen ein Gesicht für den Rest seiner Amtszeit zu verlieren hat. Sollte an entscheidender Stelle etwas brechen, wird das Powell wegräumen müssen – die Vorbereitung für die Übergabe des „schwarzen Peters“ läuft ja schon medial unterstützt. Ausgang entsprechend ebenso ungewiss..
Kommentare lesen und schreiben, hier klicken
Ich würde sagen: sehr gut erkannt die Beweggründe des Herrn Trump