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Zentralbanken stochern im Nebel Zinsen: Trump-Zölle bringen Zentralbanken in Bedrängnis

Nebel umhüllt den Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB). Foto: Alex Kraus/Bloomberg

US-Präsident Donald Trump hat bereits den Welthandel und den internationalen Sicherheitskonsens der Nachkriegszeit ins Wanken gebracht. Nun wirbelt er auch die Geldpolitik der Zentralbanken durcheinander. Nachdem die US-Notenbank am Mittwoch die Zinsen unverändert gelassen hatte, wies Fed-Chef Jerome Powell auf die Gefahren für Wirtschaft und Inflation durch die von Trump angezettelten Handelskonflikte und verhängten Zölle hin. Damit bestätigte er indirekt, dass die Politik des US-Präsidenten den geldpolitischen Kurs beeinflusst. Zuvor hatte bereits EZB-Präsidentin Christine Lagarde vor den Auswirkungen von Trumps Handelskrieg auf den Euroraum gewarnt und erklärt, man müsse „äußerst wachsam“ und reaktionsbereit sein.

Trump bringt Zentralbanken in die Bedrouille

Einem Bericht von Bloomberg zufolge werden Geldpolitiker von den politischen Kehrtwenden des Weißen Hauses aus der Bahn geworfen, und die Märkte schrauben die Erwartungen an Zinssenkungen weltweit zurück. Die Zentralbanker sind nicht länger „entweder die Vorreiter oder die Taktgeber der Makropolitik“, so Thierry Wizman, Stratege bei Macquarie. „Sie sind jetzt Mitläufer, die ihre Dynamik den Ereignissen in den Parlamenten und den diplomatischen Hallen überlassen.“

Der Vorsitzende der US-Notenbank, Jerome Powell, unterstrich die unsicheren Aussichten durch die Politik der Trump-Administration, als er die US-Zinsen am Mittwoch unverändert ließ, zwei Wochen bevor Trump voraussichtlich eine Welle sogenannter Gegenzölle auslösen wird. Die Bank of England gab ihre Zinssenkungspolitik am Donnerstag auf, und die schwedische Riksbank erklärte ihren Lockerungszyklus für beendet und verwies auf die Komplexität des internationalen Umfelds.

„Es ist unglaublich schwierig zu sagen, wohin sich die Zinsen entwickeln werden“, sagte EZB-Ratsmitglied Klaas Knot. Er verwies auf die Schwierigkeit, vorherzusagen, ob sich die Inflation in der Eurozone aufgrund von Zöllen und Vergeltungsmaßnahmen nach oben oder nach unten bewegen wird, sowie auf die steigenden Infrastruktur- und Verteidigungsausgaben in der gesamten Eurozone.

Im Moment ist es für die Zentralbanken am sichersten, ihre Geldpolitik auf Eis zu legen. Je düsterer die Zukunft wird, desto mehr lohnt es sich abzuwarten.

„Die zunehmende handelspolitische Unsicherheit ist zu einer Hauptsorge der Zentralbanken geworden, da sie die Wirtschaftstätigkeit erheblich zu schwächen droht“, sagt Maxime Darmet, Chefvolkswirt bei Allianz Trade. „Die unangenehme Kombination aus erhöhter Handelsunsicherheit und hoher Inflation bringt sie in eine schwierige Lage.“

Fed und EZB: Trump-Zölle können zu höheren Zinsen der Zentralbanken führen
Globale handelspolitische Unsicherheiten nehmen unter Trump zu

Kurswechsel der Zentralbanken

Die Abkehr der britischen Notenbank von ihrer dovishen Haltung am Donnerstag – trotz kaum veränderter wirtschaftlicher Bedingungen – war eine Demonstration des neuen Ansatzes. Die Zinsen wurden wie erwartet bei 4,5 Prozent belassen. Nur ein Mitglied stimmte für eine Zinssenkung statt der erwarteten zwei oder drei.

Binnenwirtschaftliche Faktoren spielten eine Rolle – das schwache Lohnwachstum im Vereinigten Königreich ist nach wie vor besorgniserregend -, aber die BOE zog es vor, die internationalen Risiken zu betonen. Unsicherheit oder eine Abwandlung dieses Wortes wurde 15 Mal in den Protokollen der BOE-Sitzung erwähnt – mehr als doppelt so oft wie bei der letzten Sitzung sechs Wochen zuvor.

Die Stimmung ist weltweit ähnlich. Die Riksbank hielt die Zinsen stabil und signalisierte, dass ihr Lockerungszyklus abgeschlossen sei, was die diesjährige Rally der Krone unterstützte. Die anhaltende Lebensmittelinflation war ein wichtiger Faktor, aber sie hat auch festgestellt, dass die Unsicherheit im Ausland ungewöhnlich hoch ist“. Kyle Chapman, Devisenmarktanalyst bei der Ballinger Group, sagte, dass die Riksbank „in einem Meer von Zentralbanken, die derzeit von Unsicherheit gelähmt sind, wirklich heraussticht“.

Die Schweizerische Nationalbank widersetzte sich dem Trend, indem sie am Donnerstag die Zinsen senkte, um den Aufwertungsdruck auf die Währung, die in turbulenten Zeiten als sicherer Hafen gilt, etwas zu mildern. Sie signalisierte jedoch, dass weitere Zinssenkungen unwahrscheinlich seien.

Trump-Zölle als Belastungsfaktor

Die von Trump verhängten Zölle belasteten die Zentralbanken Japans, Indonesiens und Taiwans, die ihre Zinsen in dieser Woche unverändert ließen. „Es ist schwer zu sagen, wie weit wir unserem Ziel näher gekommen sind, wenn die Unsicherheit über die Handelspolitik der USA und anderer Länder so groß ist“, sagte Kazuo Ueda, Gouverneur der Bank of Japan, nach der Entscheidung gegenüber Reportern. Auch die chinesischen Banken hielten ihre Kreditkosten den fünften Monat in Folge unverändert.

Die EZB hat Anfang des Monats die Zinsen gesenkt, aber die Händler haben ihre Wetten auf weitere Zinsschritte zurückgefahren und sind nun fast zu gleichen Teilen zwischen einer Zinssenkung und einer Zinspause auf der Sitzung am 16. und 17. April hin- und hergerissen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde bekräftigte am Donnerstag, dass angesichts der „weitreichenden Auswirkungen“ der Politik des Weißen Hauses ein Vorgehen „von Sitzung zu Sitzung“ die sicherste Option bleibe. Lagarde selbst beschrieb die Unsicherheit nach der letzten Sitzung des EZB-Rats als „enorm“, während einige ihrer Kollegen sie als „phänomenal“ bezeichneten.

Trump hat Zölle gegen Mexiko, Kanada, China und die Europäische Union verhängt, was zu Vergeltungsmaßnahmen geführt hat. Ein noch größeres Risiko lauert jedoch in den Startlöchern: ein weltweites Programm gegenseitiger Zölle, das das globale Handelssystem neu ausbalancieren und den Handelskrieg verschärfen würde. Trump hat eine Entscheidung dazu für den 2. April angekündigt.

Weitere Gefahren

Eine weitere Gefahr geht von der Neuordnung internationaler Verteidigungspakte wie der NATO aus. Die europäischen Staaten, insbesondere Deutschland, bereiten sich darauf vor, Hunderte von Milliarden Euro für die Aufrüstung zu leihen, was sich auf die Märkte auswirkt, die diese Programme finanzieren müssen.

Nach der Beibehaltung der Zinsen am Mittwoch betonte Fed-Chef Powell die Notwendigkeit, vor einer Zinsanpassung mehr Klarheit über die Politik der Trump-Administration, einschließlich der Zölle, abzuwarten. Aktualisierte Prognosen zeigten, dass die überwiegende Mehrheit der Fed-Beamten eine größere Unsicherheit in Bezug auf ihre jüngsten Prognosen für Wachstum, Inflation und Arbeitslosigkeit sieht.

Politische Umwälzungen trüben überall die Aussichten. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat ihre globalen Wachstumsaussichten für dieses und nächstes Jahr aufgrund der durch Zölle verursachten höheren Handelsschranken und der politischen Unsicherheit über deren Umsetzung nach unten korrigiert. Ein schwächeres Wachstum würde in der Regel schnellere Zinssenkungen nahelegen, aber die Zölle könnten sich auch als inflationstreibend erweisen, was wiederum zu höheren Zinsen führen könnte.

Trump, der Auslöser des Tumults, hat seine eigene Lösung für die Unsicherheit der Notenbank: Er fordert die Fed auf, die Zinsen zu senken.

„Die Fed wäre viel besser dran, wenn sie die Zinsen senken würde, wenn die US-Zölle ihren Weg in die Wirtschaft finden“, sagte Trump am Mittwoch in einem Beitrag auf Truth Social. „Tut das Richtige. Der 2. April ist der Tag der Befreiung Amerikas!!!“

FMW/Bloomberg



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