Anleihen

Tsipras: können Renten nicht mehr kürzen

Von Markus Fugmann

Der griechische Ministerpräsident Tsipras hat in einem Artikel im „Tagesspiegel“ jede Form von Rentenkürzungen zurückgewiesen:

„In einem Land, dessen Bevölkerung zu 25 Prozent arbeitslos ist, in einem Land, in dem die Hälfte aller jungen Menschen ohne Arbeit ist, kann das blinde Beharren auf Kürzungen nichts anderes bringen als die weitere Verschärfung der ohnehin dramatischen sozialen Lage.“

Die Ausgaben Griechenlands für Löhne und Renten seien nicht real gestiegen, sondern im Verhältnis zum BIP des Landes nur deshalb angestiegen, weil das BIP geschrumpft sei:

„Man muss nur die Grundrechenarten beherrschen, um zu erkennen, dass der Anstieg der im Verhältnis zum BIP eines Landes ausgedrückten Staatsausgaben für Renten und Pensionen ausschließlich aus dem Zusammenschrumpfen der Wirtschaftsleistung Griechenlands rührt und nicht aus der Erhöhung der vom griechischen Staat für die Zahlung von Renten und Pensionen aufgewandten Summen. Anders formuliert ergibt sich dieser Wert aus der Tatsache, dass das BIP Griechenlands viel schneller gesunken ist als die Renten.“

Ohnehin stimmten die häufig kolportierten Angaben zum Renteneintrittsalter in Griechenland nicht:

„Anders als behauptet wird, liegt das Renteneintrittsalter in Griechenland von Männern und Frauen bei 67 Jahren, in Deutschland bei 65 Jahren.“

Infolge der Wirtschaftskrise sind, das ist richtig, die realen Rentenzahlungen deutlich gesunken. Besonders interessant ist der Hinweis von Tsipras auf den haircut aus dem Jahre 2012: dieser betraf nur private Gläubiger, nicht jedoch Institutionen wie etwa die EZB. Betroffen von dem haircut aber seien besonders die Rentenkassen gewesen (die in griechische Statatsanleihen investiert hatten). Die Rückgänge, so Tsipras weiter, „sind das Ergebnis des Haircuts, bei dem die Einlagen der Rentenkassen um 25 Milliarden Euro beschnitten wurden, ebenso wie dem Rückgang der Sozialversicherungseinnahmen infolge des scharfen Anstiegs der Arbeitslosenzahlen und der Lohnkürzungen.“ Das Problem liege „nicht auf der Ausgaben-, sondern auf der Einnahmenseite.“

Damit macht Tsipras richtigerweise klar, dass eines der Hauptopfer des haircuts weniger internationale Investoren, als vielmehr die Sozialsysteme Griechenlands waren. Mit Blick auf die Debatte in Deutschland schreibt Tsipras:

„Wer behauptet, deutsche Steuerzahler kämen für die Löhne, Renten und Pensionen der Griechen auf, lügt.“

All das klingt vernünftig. Warum gibt es dann keine Annäherung zwischen Athen und den Gläubiger? Liegt die Verwantwortung dafür bei den Institutionen? Ja und nein. Die Institutionen wollen die Fortsetzung der Austeriätspolitik, Athen will eine Investitionspolitik. Die Verhandlungen kommen derzeit nicht voran, weil die Beteiligten nicht bereit sind, eine gesunde Mischung beider Prinzipien zuzulassen. Hier spielen Ideologien eine Rolle – beim IWF, bei Merkel (Austerität), aber auch bei Syriza mit ihrer Weigerung, jeden Ansatz von Austerität zu diskutieren. Die heutigen Verhandlungen beim Treffen der Eurogruppe werden aller Voraussicht nach deshalb erneut ergebnislos verlaufen.

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1 Kommentar

  1. Fragen:

    – Was wäre denn eine ‚ gesunde Mischung ‚ ?

    – Offenbar gibts genau darüber fundamental verschiedene Vorstellungen ?

    – Also beisst sich dieser auf den ersten Blick wohlmeinende Beitrag “ in den eigenen Schwanz “ ?

    – ich werd‘ daraus jedenfalls nicht klug.

    my humble opinion:

    man kann zwar ohne Beine und Arme überleben,
    sogar als gesund gelten in der entsprechenden Terminologie,

    und

    ein solcher Gesunder ohne Arme und Beine kann sich durchaus seiner neuen Lebensart noch freuen

    – ob das aber ein ganzes Staatengebilde ebenfalls könnte – das glaub‘ ich nicht – da strikt mein Verstand – es fehlen da doch denn die ‚ Gesunden ‚ die das ganze arbeitsmässig am Überleben halten.

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