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TTIP & CETA: EU-Kommission zeigt ihre wahre „Gesinnung“ gegenüber den Kritikern

Von Claudio Kummerfeld

Man müsste es eigentlich für einen schlechten Scherz halten, was EU-Handelskommissarin da jüngst verkündet hat. Sie möchte mit Kanada über das Freihandelsabkommen erst „nachverhandeln“, wenn der noch nicht unterschriebene CETA-Vertrag in Kraft getreten ist. Ein Wink für die Zukunft des TTIP-Abkommens!

Cecilia Malmström zuständig für CETA TTIP
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström ist zuständig für CETA & TTIP.
Foto: EU-Kommission

Unglaublich, unfassbar, ein Witz? Nein, das ist bitterer Ernst. Man kann hier wirklich davon sprechen, dass die für Freihandelsabkommen zuständige EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström jetzt ihre wahre Gesinnung gegenüber den Kritikern der USA & Kanada-Abkommen (TTIP & CETA) zeigt. Nämlich blanke Verachtung! Anders kann man es nicht nennen.

Der linke EU-Abgeordnete Fabio de Masi bat Malmström um Stellungnahme bzgl. der massiven Kritik an der Tatsache, dass die angedachten Änderungen für das US-Abkommen TTIP, z.B. die Modifizierung der Schiedsgerichte, beim Kanada-Abkommen CETA nicht mehr geändert werden sollen. Die „Zeit“ zitiert aus Malmströms Antwort an de Masi in ihrer Bürokratensprache „Der Ratifizierungsprozess beginnt, wenn die juristische Prüfung abgeschlossen ist“ – übersetzt in Klartext: es ist schon zu spät für Änderungen. Malmström wie auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel waren in den letzten Monaten nach massiven Protesten zum Schein auf die Kritiker „eingegangen“ und versprachen beim US-Abkommen diverse Änderungen. Hauptsächlich geht es darum die im Abkommen verankerten Schiedsgerichte so umzugestalten, dass sie möglichst ähnlich wie „richtige“ Gerichte aufgestellt sind, mit Berufs-Schiedsrichtern, mit Revisionsrecht, mit öffentlichen statt geheimen Verhandlungen etc.

Hier ein Überblick zu dem Thema.

Aber beim Kanada-Abkommen könne man diese Änderungen nicht mehr umsetzen. Der Grund: Weil der Vertrag an sich schon ausgefertigt sei und jetzt von beiden Seiten nur noch „gegengelesen“ wird. In Kürze soll er dann im EU-Parlament zur Abstimmung kommen. Erst nachdem der CETA-Vertrag mit Kanada in Kraft getreten ist, möchte Malmström „mit Kanada erörtern, wie die neuen Ideen für die Schiedsgerichtsbarkeit „in Einklang mit den jüngsten Diskussionen in der EU feinabgestimmt werden können“.

Ist das ihr Ernst? Also dreht man die Abläufe um? Man unterschreibt einen Vertrag, und über gewünschte Änderungen, über die man sich selbst vor der Unterschrift schon im Klaren ist, möchte man erst danach mit seinem Gegenüber verhandeln? Da verdreht Frau Malmström aber die Abläufe um 180 Grad. Oder geht es ihr vielleicht gar nicht darum ernsthaft etwas nachzuverhandeln? Die Absicht dahinter ist klar:

„Erstmal unterschreiben“, dann später um Änderungen bei den Kanadiern bitten. Wenn die NEIN sagen, kann man selbst seinen Wählern sagen die Kanadier sind schuld, denn die wollten im Nachhinein keine Änderungen mehr“.

Wer glaubt allen Ernstes, dass EU-Handelskommissarin Malmström nach Abschluss von CETA überhaupt noch ernsthaft mit Kanada „nachverhandeln“ möchte? Wie gesagt: „Es ist jetzt zu spät für Änderungen“. Aber dazu muss man doch sagen: Es ist ein Vertrag zwischen zwei Staatsgebilden und nicht zwischen Geschäftsleuten. Solange der Vertrag nicht unterschrieben ist, kann man immer noch Änderungen vornehmen. Was sollte Kanada sagen, wenn der Ratifizierungsprozess gestoppt wird, Änderungen verhandelt und die Unterschrift z.B. 6 Monate später stattfindet?

Ein kurzer Groll auf kanadischer Seite, mehr würde nicht passieren. Wovor sollte Frau Malmström oder Jean-Claude Juncker Angst haben? Denn die Frage, wer mehr auf das Abkommen angewiesen ist, klärt sich von selbst. Es ist immer der kleinere Vertragspartner, der bei Handelsabkommen mehr darauf angewiesen ist. Natürlich ist Kanada (35 Mio Konsumenten) viel stärker am Zustandekommen des Abkommens interessiert als die EU (500 Mio Konsumenten), denn kanadische Unternehmen können hier viel mehr absetzen als umgekehrt. Also ist die EU in der deutlich besseren Verhandlungsposition, z.B. eine Neuverhandlung vor der Unterschrift fordern zu können. Solange nichts unterschrieben ist, kann man problemlos nachverhandeln, liebe Frau Malmström. Ist erst mal unterschrieben, wird es schwierig mit Nachverhandeln, und nicht andersherum!

Diese Vorgehensweise der EU-Kommission wirft einen langen dunklen Schatten voraus auf die erst anstehenden harten Verhandlungen mit den USA über TTIP. Frau Malmström wird vielleicht auch hier versuchen kritische Bürger mit dem lächerlichen Argument beruhigen zu wollen „im Nachhinein können wir ja immer noch über Änderungen sprechen mit den USA“. Wer´s glaubt…



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5 Kommentare

  1. Herr Kummerfeld.Wir sind eins im Geiste:Bei jeder Sauerei,ist die (EU)kommission dabei.Das letzte Kapitel Ihres Beitrags sehe ich allerdings noch dunkler:anstehende harte Verhandlungen mit den USA?Ich bin der Meinung,dass das ähnlich verläuft wie mit IM Erika,Uncle Sam sagt was er gerne hätte und die EU-Lakaien beeilen sich ar…kriecheisch Gods own Country nicht zu enttäuschen!

  2. Wer vom Charakter unserer politischen „Elite“ ist und Jahre lang abgehöhrt und ausspioniert worden ist, der kann nicht mehr verhandeln. Der kann nur noch abnicken und der Hoffnung sein, dass diese Geste auf Wohlwollen stösst.

  3. Die Zeit scheint schneller abzulaufen, als es den Herren (und vor allem dieser Dame) lieb zu sein scheint – die Vertragsverhandlungen werden also deutlich beschleunigt. Dies sollte jedem ein Alarmsignal sein (monetärer Kontrollverlust schneller als gedacht).

  4. Mit der Abstimmung im EU-Parlament ist die Angelegenheit nkicht erledigt.
    Nach Berichten von deutschen Verfassungsrechtlern muss diese rVertrag von allen 28 Mitgliedsstaten ratifiziert werden. Das im CETA-CVertrag enthaltenen Investitions-schutzabkommen dürfte wegen Verstoß gegen mehrere deutsche Grundrechtsartikel
    verfassungswidrig sein. Ich weiß von 3 Verfassungsrechtlern,darunter 2 frühere
    Verfassungsrichter, die „Gewehr bei Fuss“ stehen. ?

  5. Die bisherigen Verträge zwischen Europa liefen bisher
    problemlos, warum nicht so weitermachen.
    Die Risiken der neuen Verträge mit Kanada und TTip
    beinhalten große Risiken, weil, alles, was wir in Europa
    an Vorteilen für Arbeitnehmer, für Umwelt, für Ernährung
    in mühevollem, jahrelangem Kampf der Verantwortungsvollen Organisationen erreicht haben,
    dann wieder in Frage gestellt würde.
    Für die Großindustrie würde es vielleicht Vorteile bringen,keine Ahnung, selbst die Abgeordneten haben nur befristete Zeit, in die Vertragskonditionen zu schauen,
    für uns Bürger gibt es nur ein großes Risiko, dass die
    Vertragspartner Vorteile durch Vertragsinhalte, die die
    Investitionsrisiken bei Gesetzesänderungen in Europa betreffen,
    die ,angeblich durch Sondergerichte geklärt werden sollen, und da sehe ich eine Gefahr. Ich bin gehen beide,
    TTip und Ceta.

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